Oldenburger STACHEL      
   

Schaltbrett, Landebahn,
Blumenwiese oder Kunst?

Ich betrete die Galerie Karg und komme in den langen, schmalen Austellungsraum, der mir gleich einen gemütlichen Eindruck vermittelt. Vom Fußboden strahlen mich viele bunte Lichter an, die ich für diese Winterzeit sehr passend finde. Sie strahlen eine illusionäre Wärme aus. Das tut bei der Eiseskälte draußen gut! Ich möchte drei Schritte weiter gehen und mich in die Mitte dieses bunt leuchtenden Raumes setzen und die farbigen Lichter auf mich wirken lassen. Doch halt! Es steckt etwas hinter dieser Inszenierung.

Ich befinde mich in der Mitte eines Querganges. Von beiden Seiten laufen Haushaltskabel auf mich zu, die von dreieckigen Dreifachsteckern unterbrochen sind. In den zwei freien Steckbüchsen stecken verschiedene Leuchtkörper, z.B. bunte Glühbirnen oder Dämmerlämpchen, wie sie mir meine Eltern damals in die Steckdose meines Kinderzimmers steckten, damit ich im Dunkeln keine Angst hatte. Einige Leuchtkörper sind auch mit einem Verlängerungskabel von der Hauptleitung weggeführt. Einige von ihnen alte Diaprojektoren vom Flohmarkt. Statt eines Dias projezieren sie eine Glühlampenschablone an eine kleine Leinwand.

Die Lichtstränge, die aus den beiden Seiten des Ganges in die Mitte zulaufen, berühren sich nicht, sondern lassen in der Mitte einen Gang frei.

In meinem Kopf tackert es. Was soll es ausdrücken? Was sagt es mir? Licht und dann das projezierte Licht! Wo habe ich das schon einmal gesehen?

Dann verschwinden diese Fragen. Ich grinse. Wie ein Kind freue ich mich jetzt über diese bunten Lichter, die mich an Weihnachten und Schalttafeln erinnern. Noch mehr grinsen muß ich, als ich bemerke, wie andere Besucher still durch den Raum gehen und versuchen einen Sinn zu finden. Mir fällt immer mehr auf, daß es nicht um rationale Interpretation geht, sondern um das Gefühl, die Stimmung, die Atmosphäre, die die Menschen auch zum Schweigen bringt. Der Raum wird voller, die Lichter wirken ganz anders - lebendiger, denn es gibt Schatten. Der Drang wird immer größer: Ich möchte hier spielen.

Die Eröffnungsrede unterstützt meine Gefühle. Der Redner stellt uns seine Gedanken zu dieser Installation vor. Wir werden poetisch, fantastisch in ein Flugzeug entführt, das über die Start- oder Landebahn fliegt, und gelangen dann auf eine Wiese mit bunten "Lichtblumen". Wir sind "Lichtbotaniker" und meine kindliche Vorstellungskraft sieht mich schon weißgekleidet mit Tropenhelm und Lupe durch den "Wiesenraum" stapfen. Ich betrachte die verschleierten Lichterblume, die mal weniger, mal mehr geöffnet sind. Dann sehe ich andere Pflanzen, deren Blüten weiter entfernt blühen. Außerdem muß man immer aufpassen, nicht über die "Wurzeln" zu stolpern. Doch meine Phantasie wird wieder vom Redner manipuliert und ich verwandle mich aus einem Botaniker zu einem Schmetterling, der von den verschiedenen Lichtern angezogen wird und hier eine Wärme spürt und dort nur ein weißes Licht...

Eine anregende Inszenierung, die aber nicht einfach betrachtet und verstanden werden will, sondern von jedem verlangt, sich vom Licht treiben zu lassen. Eine Inszenierung, die jeder auch für sich ausprobieren kann, wenn man bereit ist, sich den Gefühlen, der Atmosphäre, den Farben hinzugeben.

Der Raum erinnert ein wenig an den einer Technoparty, wo auch nur einfache, einzelne Lichtstrahlen durch den Raum streuen. Je länger ich an ihn zurückdenke, desto mehr Geschichten drängen sich mir auf. Geschichten von Farben, Geborgenheit, Licht, Menschen, Natur... Wenn Michael Vorfeld dieses mit seiner Installation "Lichtfeld" erreichen wollte, dann tat er es gut. Wenn nicht, ist es zumindest ein nettes Licht- und Farbenspiel. Zu sehen ist die Installation noch bis zum 15.12. in der Galerie Karg e.V., Stau 87. Öffnungszeiten: Mi., Fr. bis So. 15-18h, Do. 17-20h.

Wischi


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