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Hofnarr zum Ersten,
Hofnärrin zum Zweiten
Wie der Präsident der C.v.O. Universität seinen Hofstaat komplettierte
Ouvertüre
1994 trat das neue Niedersächsische Hochschulgesetz (NHG) in Kraft. Neue Impulse und Möglichkeiten, so das Vorwort, sollte es enthalten - unter anderem auch mehr Möglichkeiten für den/die PräsidentIn: "Die Hochschulleitungen (...) werden gestärkt." (NHG S. 1). Diese Stärke zeigt sich auch beim Vorschlagsrecht für die VizepräsidentInnen, hatte die alte Fassung des NHG noch das Vorschlagsrecht beim Senat bzw. Konzil verankert, so sieht das neue NHG vom 21.01.94 das alleinige Vorschlagsrecht bei der Präsidentin bzw. beim Präsidenten (NHG 89 Abs. 2 Satz 2).
Diese Neufassung muß für den Präsidenten der C. v. O. Universität Prof. Daxner Balsam für sein verletztes Ego gewesen sein, hatte das Konzil es doch vor drei Jahren gewagt, einen 2. Vizepräsidenten zu wählen, der nicht auf Daxner's Wunschliste stand! Seinen Unmut über diese 'Dreistigkeit' machte er in Wort und Tat deutlich. Zum einen beschwerte er sich in seinem Rechenschaftsbericht vom 2.2.94 über das Konzil, das "einen anderen Vizepräsidenten als den, um den ich selbst gebeten hatte, durchÄsetzteÜ" (S. 4). Zum anderen ignorierte er den unliebsamen 2. Vizepräsidenten, wo immer es ihm möglich war.
I. Akt "Frau oder Nicht-Frau, das ist hier die Frage"
In seiner Sitzung vom 10.05.95 hatte das Konzil über die Vorschläge der Grundordnungskommission bezüglich des Modus der VizepräsidentInnenwahl zu entscheiden. Die Mitglieder hatten die Qual der Wahl zwischen 'revolutionären' Vorschlägen, die 2 oder 3 VizepräsidentInnen," darunter mindestens eine Frau und ein Mitglied einer nichtprofessoralen Gruppe" als 'Muß'-Regelung vorsahen, oder so 'normale', wie "darunter soll mindestens eine Frau sein".
Es wird wohl niemanden überraschen, daß die professorale Mehrheit im Konzil (Gott Ä?Ü sei Dank, gibt es ja das Bundesverfassungsgericht in Karlsruhe!) es strikt ablehnte, daß eines der VizepräsidentInnenämter durch ein nichtprofessorales Mitglied besetzt sein muß. Selbst die abgeschwächte Form des "soll"-Vorschlages war einfach zu viel des 'Guten', die nichtprofessorale Gruppe verschwand sang- und klanglos aus den Vorschlägen.
Bei der Frage "mindestens eine Frau" traute mann sich dann doch nicht so dreist aufzutreten. Zwar sprach Prof. Grübel wohl der Professorenmehrheit aus dem Herzen, als er Qualität statt Quotierung für die Besetzung von Gremien und eben auch von VizepräsidentInnenämtern forderte. Aber auf die Nachfrage einer Studentin, warum Männer die Mehrheit in fast allen Gremien haben, wenn dort angeblich nur Qualität das Maß sei, wußte er keine Antwort. Im Endeffekt waren die Professoren aber mit der 'Gummi'-Formulierung "darunter soll mindestens eine Frau sein" zufrieden, verpflichtet sie doch zu nichts und mann konnte sich ganz staatsmännisch damit brüsten, etwas für die Frauenförderung getan zu haben.
II. Akt "Professoraler Standesdünkel und die Utopien des NHG"
Am 07.06.95 stellten sich die auserwählten KandidatInnen des Herrn Daxner dem Konzil vor: Ina Grieb (Leiterin des Zentrums für wissenschaftliche Weiterbildung) und Prof. Grubitzsch (FB 5).
Einen Großteil ihrer Wahlrede verschwendete Frau Grieb darauf, sich bei den ProfessorInnen dafür zu 'entschuldigen', daß sie nicht der professoralen Statusgruppe angehöre. Allerdings hätte sie als Wissenschaftmanagerin immer den Kontakt zu den WissenschaftlerInnen gehalten.
Zwei Herausforderungen sah Frau Grieb für die Zukunft: Zum einen die Hochschulentwicklungsplanung, die 'in Ruhe' betrieben werden könne, wenn denn erst die Stellenstreichungen erfolgt wären. Zum anderen der Globalhaushalt im Kontext von Zentralisierung/Dezentralisierung und 'Lean Administration'. Die Antwort auf die Nachfrage, was sie unter Dezentralisierung verstünde, blieb die Rednerin schuldig. Ebenso wie die Erklärung, was sie unter Qualität der Lehre und des Studiums verstünde. Vielleicht hängt die Sprachlosigkeit auf die zweite Frage auch damit zusammen, daß Frau Grieb in ihrer bisherigen Uni-Laufbahn ausgesprochen wenig Kontakt zu Studierenden pflegte, wie sie zugab, als sie zum Schluß ihrer Rede doch noch auf die Studierende zu sprechen kam (Reihenfolge=Rangfolge?). Auf die Nachfrage, wie sie sich die zukünftige Zusammenarbeit mit den Studierenden vorstelle, kam nur die vage Äußerung über eine Hoffnung auf bessere Kontakte.
Ihre zentrale Aufgabe jedoch sah Frau Grieb im Erhalt der Funktionsfähigkeit der Universität, die ein "Ort der Utopien bleiben" soll.
Auch der zweite Bewerber um ein VizepräsidentInnenamt, Prof. Grubitzsch, sprach von Utopien. Immerhin blieb er der Nachfrage, woher diese denn kommen sollten, keine Antwort schuldig: Utopien kämen aus dem NHG, so seine Antwort - wie 'phantasievoll'!
Grubitzsch stellte die Umgestaltung der Universität in den Mittelpunkt seiner Rede, dieses sei ein Auftrag an alle Mitglieder, damit die Universität ihren gesellschaftlichen Aufgaben nachkommen könne. Auf die Frage, was denn genau die gesellschaftlichen Aufgaben der Universität seien und wer sie definiere, mußte wieder das NHG herhalten, dort fände man die gesellschaftlichen Aufgaben der Hochschulen definiert! Grubitzsch sprach weiter von der Universität als 'Bildungsbetrieb', der sich den gesellschaftlichen und ökonomischen Anforderungen/Entwicklungen anpassen muß. Danach versuchte er diese deutliche Richtung seiner Antwort wieder zu vernebeln, indem er forderte, sich die wissenschaftlichen Fragestellungen nicht diktieren zu lassen.
Beide BewerberInnen sprachen sich dafür aus, sich den Auflagen der Stellenstreichungen durch das Ministerium für Wissenschaft und Kultur zu fügen. Trotz des Hinweises von studentischer Seite, daß diese Streichungen an die Substanz der Universität gingen, sahen sie keinen Bedarf zum politischen Widerstand. Damit bewiesen beide die 'gute' Wahl des Präsidenten bei der Nominierung der VizepräsidentInnen, hatte doch Daxner, als einziger Präsident einer Niedersächsischen Hochschule, sich bereits im vorauseilendem Gehorsam gegenüber Ministerin Schuchard geübt und präzise Stellenangaben zur Streichung gemacht.
(Vorläufig) Letzter Akt
Beide KandidatInnen wurden im ersten Wahlgang knapp gewählt, Grubitzsch erhielt nur 1 Stimme mehr als absolut notwendig, bei Grieb waren es 3 Stimmen mehr. Daxner dürfte es relativ egal sein, hat er doch jetzt seinen Hofstaat mit einem Hofnarren und einer Hofnärrin (was für ein Novum!) komplettiert. Von den neuen VizepräsidentInnen ist jedenfalls nach diesen Statements nicht zu erwarten, daß sie das dringend notwendige Gegengewicht zu einem Präsidenten schaffen, dem sein Amt nur der eigenen Profilierung zu dienen scheint.
Susanne Jaap
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