Ausgabe 2/99 | Seite 7 | |||||
Gespannter Blick aufs Stimmungsbarometer
Die große Umfrage läuft: Was halten Studierende von Studiengebühren?Mit Spannung wird an der Universität der Ausgang der Treuhandkonto-Aktion erwartet. Etwa 1700 Studis bekundeten bis Freitagabend, dem 12.2., ihren Protest, indem sie die neuen Studiengebühren von 100 DM auf das Treuhandkonto einzahlten. 4000 müssen zu einem Stichtag erreicht werden, damit politischer Druck auf die "sozial"demokratische Landesregierung ausgeübt werden kann. Obwohl bei Redaktionsschluß weniger als die Hälfte der benötigten Einzahlungen eingegangen sind, rechnet der AStA mit einem Einzahlungsboom, wenn das Immatrikulationsamt seine Zahlungsaufforderungen und Überweisungsträger versendet hat. Denn nach Meinung des AStA und der AG Treuhandkonto zögerten noch viele, die 100 DM zu zahlen, weil sie noch keine offizielle Aufforderung erhalten haben. Für die Einführung der Studiengebühren haben sich bereits 200 Studierende ausgesprochen, indem sie ihre 100 DM der Uni überwiesen... Wie die Zahlen am Ende aussehen werden ist weiterhin offen, denn der Stichtag für das Treuhandkonto ist verschoben worden, weil auch die Universität den Termin für die Rückmeldung zum Sommersemester um eine Woche verschoben hat. Die ursprüngliche Frist ließ sich nicht aufrechterhalten, weil das Ministerium sehr lange mit der offiziellen Mitteilung gewartet hatte. Welcher Tag der Stichtag ist, wurde am 17.2. auf der studentischen Vollversammlung beschlossen, die jedoch leider weit nach Redaktionsschluß lag.
Nie war Protestieren so einfachFür die Studierenden ist es sehr einfach und ungefährlich, sich am Protest zu beteiligen. Sie brauchen lediglich die zusätzlichen 100 DM auf das Treuhandkonto zahlen und ein Datenblatt auszufüllen und abzugeben, um Übermittlungsfehler zu vermeiden. Das eingezahlte Geld ist eine zinslose Leihgabe, die jederzeit rückholbar ist. Sollte dadurch die Teilnehmerzahl auf weniger als 4000 sinken, gilt die Aktion als gescheitert und alle eingegangenen Beiträge werden an das Immatrikulationsamt überwiesen - darum brauchen sich die Studierenden dann nicht mehr zu kümmern. Läuft die Aktion weiter, wird die Universität - unter der Annahme, daß der übliche Verfahrensweg eingehalten wird - drei Wochen nach Ablauf der Rückmeldefrist (etwa ab 22.3.) Mahnungen versenden und die Exmatrikulation androhen. Die Teilnehmenden an der Aktion werden weitere drei Wochen später ihre Exmatrikulationsbescheide erhalten. Das Studium ist jedoch noch nicht beendet, denn es gibt eine Widerspruchsfrist von vier Wochen. Erst wenn diese abgelaufen ist - also Ende April / Anfang Mai, kann die Exmatrikulation vollzogen werden. Ob die Exmatrikulation tatsächlich vollzogen wird, ist eine sehr spannende Frage, denn die Universität wäre auf einen Schlag mindestens 4000 Studierende los. (Ganze Fachbereiche wären leer.) Da die Zuwendungen von Bund und Land von den Studentenzahlen abhängen, muß sich die Universität die Exmatrikulation genau überlegen. Sollte dieser Terminplan tatsächlich so laufen, wird die Aktion zu einem interessanten Tauziehen. Als erfolgreich wird die Aktion dann eingestuft, wenn die Universität Teilnehmer der Treuhandkonto-Aktion immatrikuliert. In diesem Fall wird die Aktion ebenfalls beendet und jeder erhält seine 100 DM zurück. Bis Ende April ist viel Zeit, um bei einer ehemaligen Arbeiterpartei, die offenbar längst vergessen hat, woher sie kommt, einzufordern, daß der Bildungsstand eines Menschen nicht von seinem Wohlstand abhängen darf. Denn wenn sich die Studiengebühren erst durchgesetzt haben, sind sie vom Betrag her variabel, und der Schritt zum Schulgeld ist nicht mehr so groß.
Versuch macht klugUnter den Studierenden gibt es viele Zweifler, ob diese Protestform "etwas bewirkt". Zumindest kann sie etwas bewirken! Diese Möglichkeit besteht nicht, wenn man sich beugen und einfach die Hände in den Schoß legt und sagt: "Ich kann ja doch nichts ändern - die machen ja sowieso, was sie wollen."
Studi-Ticket gesichertZumindest bis Mitte April ist die Teilnahme am Treuhandkonto völlig gefahrlos. Auch auf Privilegien brauchen die Studierenden nicht verzichten: Ab Mitte März wird der AStA in Einvernehmen mit dem Immatrikulationsamt und dem VBN vorläufige Semestertickets ausstellen, denn alle, die die üblichen 158,71 DM für Studentenwerk und Semesterticket bezahlt haben, haben Anspruch darauf.
Dabeisein ist alles - solange wie möglichWer aufgrund seiner Arbeitsstelle eine Immatrikulationsbescheinigung zum 1.4. benötigt, dem rät der AStA sich zumindest solange am Treuhandkonto zu beteiligen bis der Termin naht und erst dann die Studiengebühr zu zahlen. Auf die Zusendung der Immatrikulationsbescheinigung braucht nicht gewartet zu werden - wer sie dringend benötigt kann direkt zum Amt gehen und sie sich abholen. Wie die Regelungen mit dem BaFöG aussehen, kann man auf den Infoständen zur Mittagszeit im Mensa-Foyer und in der Cafeteria Wechloy erfahren. Die Ämter (I-Amt, BaFöG-Amt und sogar die Unileitung) bekundeten Skepsis gegenüber den Studiengebühren. Von ihrer Seite sind also auch Einigungen zu erwarten. Wer sich ausgiebig informieren möchte, sei auf die Infostände und den AStA verwiesen. Neben Informationen gibt es dort auch aktuelle Zahlen. muh
|
||||||
Differenzen zur gedruckten Fassung nicht auszuschließen. Dieser Text ist urheberrechtlich geschützt. Siehe auch Impressum dieser Ausgabe und Haupt-Impressum |