Ausgabe 2/99 | Seite 13 | |||||
Wir · Wij · Nous ·
In eigener Sache:Dem Akquisitör ist nichts zu schwör... So oder so ähnlich heißt es, aber das stimmt nicht immer. "Nein, danke, im Moment haben wir kein Interesse. Aber fragen Sie ruhig noch mal nach!" Bedauernd und nicht unfreundlich blickt mich der Geschäftsführer an. Ich fluche im Stillen und versuche, mich ungerührt und freundlich zu verabschieden. Wie leicht hätte er mich heute glücklich machen können! Nur ein kleines "Ja" hätte er aussprechen müssen. Denn dann hätte der STACHEL in diesem Monat eine weitere Anzeige gehabt, und ich hätte nicht weiterfragen müssen. Zwar arbeiten alle Stachler ehrenamtlich und erhalten als Lohn für ihre Mühe nur Ehre und Spaß, doch Finanzbedarf besteht trotzdem. Das Drucken der 4000 STACHEL-Exemplare z.B. kostet jeden Monat einen Batzen Geld, auch wenn die Druckerei Plakativ sehr günstige Preise hat (Das mußte ja mal gesagt werden! Hallo Christa und Hartmut, vielen Dank für eure Geduld!). Aber die freundlichen DruckerInnen leben von ihrer Arbeit und bekommen ihre Maschinen nicht geschenkt... Werbemäßig gesehen, ist der Vorteil des STTACHELS gleichzeitig sein Nachteil. Wir verzichten bewußt auf Farbe und gebleichtes Papier, verwenden nur Umweltschutzpapier zur Verbreitung unserer Weisheiten. In Bezug auf Materialien jedoch ist Umweltschutz in der Werbebranche megaout. Gefragt ist tiefgründige Farbigkeit, Hochglanz, Grelles. Schwarz-weiß - ih bäh! Wie altbacken! Fast alle Vierteljahre kommt ein neues Blatt heraus und überschwemmt Oldenburg mit einer weiteren Anpassung an die Bedürfnisse des Kommerzes. Da können wir nicht mitschwimmen. Wollen wir auch gar nicht! Ein weiterer Vorzug des STACHELS ist, daß die, die ihn in die Hand nehmen, auch lesen wollen - anderes als Texte und ein paar Termine enthält er kaum. Er landet nicht in Briefkästen, sondern mensch muß ihn sich schon holen. Das garantiert Anzeigenkunden eine Aufmerksamkeit der (kritischen) Leserschaft, die ihresgleichen sucht. Zigarettenwerbung wie in anderen Oldenburger Zeitschriften würden sie allerdings nicht tolierieren, und auf eine Snowboard-Anzeige gab es gleich einen wütenden Leserbrief. Es muß schon die "richtige" Werbung sein. WeltseiDank gibt es auch die dazu passende Gruppe von Klein-UnternehmerInnen, die genau das am STACHEL schätzen. Einige wissen noch von den (politischen) Wurzeln ihres Ökoladens, andere haben trotz der (oft gnadenlosen) Zwänge des Geldverdienens nicht das Ziel einer lebenswerten Welt aus den Augen verloren. Knallharte Geschäftsleute allein sind sie alle nicht, aber oft originelle sympathische Menschen, die mit Fantasie versuchen, in Nischen ein Auskommen zu finden. Sie bei den Anzeigengesprächen ein wenig kennenzulernen, ist nicht selten eine Bereicherung, ihre tolerante und oft improvisierende Art erleichtert den Umgang, erschwert aber manchmal, sie per Telefon zu erreichen. Leider gibt es nicht so viele von dieser Spezies, und bei den Anzeigenjägern aller kleinen Blättchen sind sie die erste Adresse. Die geneigte Leserin/ der bis hierhin folgende Leser bemerkt bereits, daß ich sie für etwas gewinnen möchte. In der Tat! Wer für den STACHEL Anzeigen akquiriert, sichert ganz nebenbei das Überleben dieser seltenen Pflanze. In der Hauptsache aber nimmt er/sie teil an einem kleinen Kurs in Oldenburg- Kunde, gewinnt Einblick in einen bunten Ausschnitt des Hunte-Städtchens. Mensch lernt eine liebenswerte "Szene" kennen, wenn er dem STACHEL-Gelde nachjagt. An den bedrohlich wenigen Anzeigen im STACHEL ist zu erkennen, daß die STACHEL-Aktiven zu wenige sind, um genügend Zeit für dieses Vergnügen erübrigen zu können. Sie müssen ja auch noch schreiben, tippen, kleben, setzen, verteilen, Papier zusammen fegen, verärgerte Autoren beruhigen, mit dem Drucker Hartmut reden u.v.m. Das alles zusammen ist dem Akquisitör dann doch zu schwör, auch wenn ihm Jan gerade Schokokekse vom Kiosk mitgebracht hat... achim für die Rdaktion
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