Oldenburger STACHEL Ausgabe 7/98      Seite 2
 
Inhalt dieser Ausgabe
 

Sozialpolitisch engagierter Fußballverein

Mein Interesse an der Jugendarbeit des FC Ohmstede begann mit einer beobachteten Sportstunde in einer Grundschule. Zwei Jungen der 1. Klasse saßen in einem umsichtig geplanten Sportunterricht versteckt hinter einer Weichbodenmatte. Freundliche, aber auch immer bestimmter werdende Anweisungen des Sportlehrers halfen nichts. Die beiden Siebenjährigen versteckten sich weiter. Nach einiger Zeit lösten sie dann den senkrecht stehenden Weichboden aus der Wandverankerung. Er knallte auf den Hallenboden. Schnell warfen sich einige der anderen 26 Kinder auf die umgefallenen Matten. Unterricht im eigentlichen Sinne war nun nicht mehr möglich. Sehr schnell wurde aus dem Toben auf der Matte ein Raufen und ein Prügeln. Mitten dazwischen und als maßgebliche Provokateure die beiden Jungen, die nun endlich Sport aktiv trieben und einige MitschülerInnen bis zum Eingriff des Sportlehrers verprügelten.

Nach der Stunde beschrieb mit der Kollege das Grundproblem: Es sind viel zu viele Kinder in dieser Klasse., deshalb ist es sehr schwierig mit den beiden "verhaltensauffälligen" Jungen klar zu kommen.

Szenenwechsel

Am daraufolgenden Wochenende beobachte ich ein Fußballspiel in der Sporthalle. Es spielen zwei F-Jugendmannschaften (die Kinder sind 5-7 Jahre alt) und siehe da, meine beiden auffälligen Jungenn aus der Sportstunde sind dabei. Sie akzeptieren die Regeln, achten sogar den Schiedsrichter und scheinen, obwohl sie sehr selten den Ball auch einmal abgeben, in der Mannschaft integriert zu sein.

Nach dem Spiel suche ich Kontakt zu den Betreuern der Mannschaft, die zum FC Ohmstede gehören, und berichte von meinen Beobachtungen. Für sie scheinen diese selbstverständlich zu sein. Im Stile eines Sozialarbeiteres berichtet einer der Betreuer "Wenn Du die familiären Verhältnisse der Jungen kennst, dann wunderst Du Dich nicht über das Verhalten! Zu uns kommen sie. Wir sind für sie wie eine zweite Familie..... Vereinsbeitrag können beide Jungen nicht zahlen, trotzdem dürfen sie mitspielen..... Oder, soll ich sie wieder nach Hause schicken? ..Selbstverständlich habe ich auch Zoff mit ihnen, aber sie kommen wieder und halten sich zwar nicht immer , aber immer häufiger an die vereinbarten Regeln!"

Zwar ähnelt der Vergleich von Schulsport und Vereinssport dem von Äpfeln und Birnen, da im Gegensatz zum Verein in der Schule alle , auch nicht geliebte Sportarten mitgemacht werden müssen. Zudem sind die Gruppen in der Schule häufig doppelt so groß wie im Verein. Dennoch, in allen Gesprächen mit den MitarbeiterInnen des Kulturzentrum Rennplatzstr., mit LehrerInnen an den Schulen, den Funktionären im Fußball-Kreis und einigen Eltern erfährt die Jugendarbeit des FC Ohmstede ein großes Lob. Am deutlichsten werden dabei die SozialarbeiterInnen des Kulturzentrums: Die Trainer und Betreuer kümmern sich um die Kinder. Sie sprechen auch die ausländischen Kinder an. Sie sorgen für eine Identifikation über das gemeinsame Trikot, gemeinsame Ausflüge, Feiern und organsieren Fahrten zu den Spielen und Turnieren.

Das Gemeinwesen in den Stadttteilen Ohmstede, Nadorst und Etzhorn profitiert davon erheblich, denn die Angebote (z.B. fehlt eine dringend benötigte Jugendfreizeiteinrichtung) für Kinder und Jugendliche sind nur sehr spärlich vorhanden. Zur Folge hat dies, daß immer mehr Jugendliche und jüngere Erwachsene diese Stadtteile verlassen und wegziehen.

Der FC Ohmstede hat in den vergangegenen Monaten Erfolg und großen Zuspruch erfahren. Viele Kinder und Jugendliche melden sich neu. Leider fehlen dringend benötigte Trainigszeiten. Ein zweitere und dritter Sportplatz ist zwar im Stadtteil vorhanden, der wird aber in erster Linie von den Mannschaften des VfB Oldenburg genutzt. Dieses Problem ist nun auch schon in den Ausschuß für Sport und Freizeit getragen worden. Die Stadtteilkonferenz des Stadtnorden (ein Zusammenschluß von Vereinen, Schulen, Kindergärten und anderer Einrichtungen) hat nämlich gefragt, warum dem FC Ohmstede ein Sportplatz und dem VfB Oldenburg 8 Sportplätze für Training und Punktspielbetrieb bei annähernd gleicher Anzahl an Mannschaften von der Stadt zur Verfügung gestellt werden. Nach hartem Ringen hat die Verwaltung nun erste Vorschläge gemacht, um dem Ohmsteder Verein zu helfen. Nur liegen die neuen Trainingslösungen nicht in Ohmstede, sodaß die Erst- und Zweitklässler ihren Trainingsplatz wohl gar nicht erreichen können. Unverständlich ist, warum dem leistungssportlich orientierten VfB Oldenburg eine solche Bevorzugung gewährt wird, obwohl doch gerade der FC Ohmstede eine sehr aktive, sozialpolitisch engagierte Jugendarbeit betreibt, um "die Kinder von der Straße zu holen".

Die kommunalen PolitikerInnen, die Verwaltung und auch die "Funktionäre" im Fußballkreis, die die Jugendarbeit im FC Ohmstede ähnlich anerkennen wie der Verfasser dieser Zeilen, müssen in dieser Frage sich schnellstens im Sinne des sozialen Engagements des Vereines bekennen. Nur so wird die oft beschworene Integrationsleistung benachteiligter Bevölkerungsgruppen von Sportvereinen auch wirklich unterstützt.

Ulf Gebken

 

 
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