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Choosing Peace Together22. Dreijahreskonferenz der War Resisters' International (WRI) vom 19.-24. September in Pore(/Kroatien Die aktuellen Ereignisse im Kosov@ zeigen deutlich, wie weit die Nachfolgestaaten Jugoslawiens - trotz oder wegen Dayton - noch von einem wirklichen Frieden entfernt sind, einem Frieden, der entsprechend dem Motto der WRI-Dreijahreskonferenz gewählt und nicht aufgezwungen ist, einem Frieden, in dem die Menschen nicht durch ethnische Ideologien getrennt und durch Klassen- oder Geschlechtertrennung unterdrückt werden. Als die WRI vor zwei Jahren die Entscheidung traf, die Dreijahreskonferenz in Kroatien abzuhalten, war noch nicht absehbar, daß das Konferenzmotto vielleicht wieder aktueller werden würde, als einem lieb sein kann. (Red.)
Die aktuellen Entwicklungen im Kosov@ werden mit Sicherheit auf der Dreijahreskonferenz Thema sein, doch auch ohne diese Entwicklung erschien Kroatien als passender Ort für eine solche Konferenz, die FriedensaktivistInnen aus allen Kontinenten zusammenbringt. Auf dem Balkan wurden in den letzten sieben Jahren Erfahrungen in vielen Bereichen der Friedensarbeit gesammelt: * vom Widerstand gegen den Ruf zu den Waffen bis zur Arbeit mit den vom Krieg Betroffenen; * vom Aussprechen der Wahrheit gegen die Ungerechtigkeit bis zur konkreten Hilfe für Menschen, als NachbarInnen miteinander zu leben; * von der Selbsterhaltung der AktivistInnen auch in harten Zeiten bis zur Förderung Anderer, die eigene Kraft zu erkennen und die DemagogInnen der Fremdenfeindlichkeit und des Totalitarismus in Frage zu stellen. Das Ziel der WRI-Dreijahreskonferenz, die in enger Kooperation mit der Antikriegskampagne Kroatien (ARK) organisiert wird, ist es, etwa 300 AktivistInnen aus dem Balkan und aus anderen Ländern und allen Kontinenten für einen Austausch über Erfahrungen und Visionen und für die Erarbeitung neuer Strategien und Kooperationen zusammenzubringen. Durch die Konferenz sollen die Verbindungen zwischen AntimilitaristInnen gestärkt und ihre Arbeit in der Konfliktregion ausgewertet werden, um das Verständnis gewaltfreier Aktion in Kriegssituationen zu vertiefen. Die Antikriegskampagne Kroatien hat die WRI eingeladen, die Konferenz in Kroatien abzuhalten, da sie diesen Austausch für wichtig hält und hofft, daß die Anwesenheit von AktivistInnen aus der ganzen Welt neue Einsichten für die eigene Arbeit bringen wird. Der Titel Choosing Peace Together (Zusammen den Frieden wählen) wurde gewählt, um sich konkret auf die Situation der kroatischen Gesellschaft und auf dem Balkan allgeimen zu beziehen. Gegenüber dem u.a. durch Dayton aufgezwungenen und negativ definierten Frieden als Abwesenheit von Krieg beinhaltet das Motto Choosing Peace Together einen anderen Friedensbegriff, der Frieden als Entscheidung der Menschen, als einen Zustand, in dem die Menschen sich selbst verwirklichen können und sicher sein können, daß ihre Rechte respektiert werden. Frieden wird als Prozeß verstanden, der vom Willen derjenigen an der Basis der Gesellschaft abhängt, und Frieden kann es nur gemeinsam geben, ohne ideologische Trennungen entlang ethnischer Grenzziehungen.
Das Programm der DreijahreskonferenzDie Konferenz ist eine auf Partizipation ausgerichtete Mischung von kleineren Arbeitsgruppen und großen Veranstaltungen.
Plena: Jeden Abend (außer Mittwoch) wird eines eine Plenumssitzung mit einem Podium und Simultanübersetzung in Serbokroatisch, Englisch, und Spanisch geben.
Samstag - Choosing Peace Together:Auf dem Eröffnungsplenum werden Vesna Ter(eli(, Koordinatorin der Antikriegskampagne Zagreb, Greg Payton, ein schwarzer US-Vietnamkriegsveteran und Maulana Faried Esack aus Südafrika, jetzt Vorsitzender der Geschlechterkommission, reden. Aus ihren je spezifischem Blickwinkel werden sie in das Konferenzmotto einführen und so die Basis für die Diskussionen legen.
Sonntag - Gerechtigkeit nach Krieg und DiktaturZwei RednerInnen, die dafür kämpfen, KriegsverbrecherInnen vor Gericht zu bringen - aus Belgrad entweder Natasha Kandic (Humanitarian Law Fund) oder Sonja Biserko (Helsinki Komitee) und einE VertreterIn des Helsinki Komitees Sarajewo - werden mit einer der wenigen Friedens- und MenschenrechtsaktivistInnen der Region in einen Dialog treten, die bereit ist, über die Notwendigkeit der Vergebung zu diskutieren, Katarina Kruhonla vom Osijek Centre for Peace, Nonviolence and Human Rights.
Montag - Der Tod der KonfliktlösungDiese Sitzung soll einen dialektischen Charakter haben. Auf der einen Seite wird einE SprecherIn, die/der in der Region arbeitet, eine Kritik der "Konfliktmanagement-Industrie" und der professionalisierten NGOs, die in Konfliktgebieten arbeiten, präsentieren und eine alternative Herangehensweise an Konfliktransformation vorstellen, die auf dem Empowerment der Bevölkerung beruht. Auf der anderen Seite wird einE SprecherIn mehr aus der Welt der Diplomatie eingeladen, die/der darlegen wird, daß Mikro-Poltik - wie sie durch Workshop-Kultur vertreten wird - nichts wesentliches erreichen kann, solange sie die Makro-Politik nicht verändert.
Dienstag - Männer-Themen, Frauen-ThemenDer gesamte Dienstag ist "gender day" ("Tag des sozialen Geschlechtes"), und jedes Thema wird unter dem Blickwinkel der Geschlechterverhältnisse diskutiert. Das Podium besteht aus einer Gruppe von KonferenzteilnehmerInnen aus der ganzen Welt, die die Diskussionen des Tages reflektieren werden.
Donnerstag - Zivile Aktionen für FriedenDie Abschlußsitzung: einige KonferenzteilnehmerInnen werden spezielle Bereiche ihrer eigenen Arbeit herausstellen. Bisher geplant sind Beiträge von den Frauen in Schwarz, Belgrad, (zmir Sava( Kar((tlar( Derne(i, Türkei, Tschetschenien, ein/e VertreterIn der lateinamerikanischer Kriegsdienstverweigerungsbewegung, und eine gewaltfreie Gruppe aus dem Libanon.
Die Plenumssitzungen am Montag und Dienstag sollen spezielle Treffen werden - und nicht nur Sitzungen, bei denen jede/r PodiumsteilnehmerIn nur seine/ihre Rede hält.
Themengruppen: Jeden Vormittag werden sich die TeilnehmerInnen der Konferenz in Themengruppen aufteilen, die sich über den gesamten Konferenzzeitraum treffen, um an einem Thema zu arbeiten. Das gibt die Möglichkeit, das Thema ausführlich zu entwickeln, und über fünf Sitzungen Erfahrungen auszutauschen und Strategien zu entwickeln:
Gewaltfreiheit und 'Social Empowerment'Gewaltfreie Aktion ist eine Übung zu handeln, "für die Macht, etwas zu tun" (im Gegensatz von "Macht über..."), auf der persönlichen Ebene, auf der Ebene der Gruppe und der Gesellschaft als ganzes - nicht durch einen Wechsel des Herrschenden, sondern durch eine Veränderung des sozialen Beziehungen.
Rekonstruktion und DemokratisierungInternationale Vereinbarungen decken einen Konflikt nur zu. Diese Gruppe wird die Basisarbeit für Wiederaufbau untersuchen, die oft etwas schafft, was es vorher nie gegeben hat. Darin eingeschlossen sind Fragen wie Straffreiheit, das an die Öffentlichkeit bringen der Verbrechen eines Krieges oder eines Regimes, und der Suche nach einer gerechten Basis für einen zukünftigen Frieden.
Identität und KonfliktIdentität beinhaltet viele Aspekte - Ethnizität, Geschlecht, soziale Schicht, Religion, usw. - und darin sind Aspekte eingeschlossen, die miteinander in Konflikt liegen können. Diese Gruppe wird der Frage nachgehen, wie verschiedene Aspekte von Identität einen Konflikt befördern können, und im weiteren Verlauf versuchen, Strategien gegen das Anwachsen des Fundamentalismus und für die Erhaltung von Differenz zu entwickeln.
Friedensaktion und die Modernisierung des MilitärsDie NATO hat eine neue Aufgabe gefunden, die Armeen machen sich fit für schnelles Eingreifen und Interventionen, und auch die Staaten, die an der Wehrpflicht festhalten, stärken den professionellen Kern der Armee. Wie agieren verschiedene Friedensgruppen hinsichtlich dieser Entwicklungen?
Frauen sprengen die GrenzenFrauen erfahren Krieg und Konflikt anders als Männer, und einige dieser Erfahrungen werden in der allgemeinen Wahrnehmung nicht berücksichtigt. Zur gleichen Zeit haben Frauen in vielen Kulturen traditionell die Rolle, Konflikte zu befrieden, was mit männlichen Mustern der Dominanz übereinstimmt, die ihrerseits selbst zu Konflikt und Krieg führen. Wie versuchen Frauen gleichzeitig ihre eigene Lage zu verändern und die Konflikte, in denen sie leben? (Diese Themengruppe reiht sich ein in eine Serie von Treffen auf der ganzen Welt, die vom Programm des Internationalen Versöhnungsbundes organisiert werden).
Basisökonomie in Zeiten der Globalisierungdiese Themengruppe wird verschiedene Ansätze einer alternativen Ökonomie - selbstverwaltete Betriebe, Subsistenzwirtschaft, Tauschringe, usw. - in verschiedenen Teilen der Welt beleuchten und der Frage nachgehen, welchen Beitrag diese Ansätze zum Aufbau einer friedlicheren Welt leisten können.
Ziviler Ungehorsam und Aktionen für die UmweltDer Beginn der kroatischen Friedensbewegung geht auf die Umweltaktionen der späten 80er Jahre zurück. Derzeit sind in Osteuropa Umweltgruppen die vitalsten Gruppen der zivilen Gesellschaft, während sie im Westen die radikalsten VertreterInnen Zivilen Ungehorsams sind. Repräsentiert Ziviler Ungehorsam für die Umwelt die gewaltfreien Werte der Ökologie oder für "Rettet die Erde" dazu, die Ziele vor die Mittel zu stellen?
Basisbewegungen und FriedensprozesseFriedensprozesse in verschiedenen Regionen - Baskenland, Nordirland, der Mittlere Osten - sollen miteinander verglichen werden und die Arbeit von Basisgruppen in diesen Konflikten, ihre Perspektiven und Dilemmata, untersucht werden.
Workshops: jeden Nachmittag (außer Mittwoch) wird es eine Vielzahl von Workshops geben, die sich einmal treffen, um einen speziellen Aspekt zu diskutieren. Einige werden vorab geplant, aber es besteht genug Raum für die TeilnehmerInnen, spontan Workshops anzubieten.
Gender Day: Der Dienstag ist 'Gender Day', wo alle Themengruppen ihr Thema unter dem Geschlechteraspekt betrachten werden: Was sind die unterschiedlichen Auswirkungen auf Frauen und Männer? Wie spiegelt sich männliche Dominanz darin wieder? Der Tag wird mit einem provozierenden Drama beginnen, das von einer Jugendgruppe, die mit der Antikriegskampagne zusammenarbeit, erarbeitet und aufgeführt wird. Der Tag schließt mit einem Plenum, auf dem ReflektorInnen die Diskussionen weitertreiben werden und eine Kernthemen darstellen und vorschlagen werden, wie diese Themen weitergetrieben werden können.
Teilnahme:Die Konferenz ist offen für alle, die an gewaltfreien Lösungen interessiert sind. Die Anmeldung sollte bis zum 10. August erfolgen. Die Teilnahmegebühr beträgt 490,- DM inkl. Unterkunft und Verpflegung.
Andreas Speck
Kontakt: Patchwork, Kaiserstraße 24, 26122 Oldenburg, Tel.: 0441/17111, Fax: 0441/2489661, email: Patchwork@oln.comlink.apc.org
Spenden (steuerabzugsfähig), Verein zur Förderung demokratischer Selbstorganisation e.V., Oldenburg, Konto: 021-413893, Landessparkasse zu Oldenburg, BLZ 280 501 00, Stichwort: WRI/Kroatien
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