Ausgabe 12/96 | Seite 7 | |||||
Semesterticket für alle!Ich hoffe, daß das Semesterticket - sofern es auch angenommen wird - zu einer merklichen Reduzierung des universitären Autoverkehrs führen wird. Vielleicht werden auch MitarbeiterInnen der Uni davon Nutzen haben. Der große Andrang an Kraftfahrzeugen verleitet viele AutofahrerInnen dazu, auch die dafür nicht vorgesehenen Flächen in Beschlag zu nehmen. Die Schattenseiten des Semestertickets sind aber nicht zu leugnen: Durch die Trennung von Wegeleistung und Kosten wird über die Hintertür eine Verkehrsförderung vorgenommen, weil mit Sicherheit abzusehen ist, daß nun von vielen Leuten zusätzliche Fahrten getätigt werden. Der Einheitsbetrag ist so also nicht nur dazu geeignet, neuen Verkehr zu zu erzeugen - er nimmt auf der anderen Seite den Leuten, die sich um allgemeine Reduzierung des Verkehrsaufkommen bemühen, den finanziellen Anreiz. Offenbar wird dieser Nachteil vom AStA nicht nur erkannt, sondern auch als Vorteil angesehen. Das zeigen zumindest die Plakate mit den Texten "Guck' mal, das Wasser ist noch da! ... mit dem Semesterticket an die Küste": eine Aufforderung zu einer zusätzlichen Reise? Ich kann es mir derzeit nicht leisten, mit der Bahn mal eben an die Küste zu fahren. Meine Reiselust wird durch die dafür fehlende Zeit ohnehin stark eingeschränkt. Deshalb hält sich meine Freude über eine zusätzliche Fahrt trotz des monatlichen Supersonderpreises - den ich ebenfalls nicht bezahlen kann - in Grenzen. Ob ich selbst bei kostenlosen Fahrten auf das Fahrrad verzichten würde, scheint mir eher fraglich. Damit sich nicht diejenigen bestraft fühlen, die ohnehin schon das umweltfreundlichste Verkehrsmittel benutzen, soll für die RadfahrerInnen eine Servicestation eingerichtet werden. Ich mag noch nicht so recht daran glauben, das die nun für den gerechten Ausgleich sorgen wird. Ich bin Mitte des Jahres aus den drei Umweltverbänden ausgetreten, bei denen ich teilweise seit über zehn Jahren Mitglied war. Diese Austritte sind mir sehr schwer gefallen, ließen sich aber nicht mehr vermeiden, seit ich mit einem Etat leben muß, der mir auch Einsparungen bei der Ernährung aufnötigt. Geplant ist eine Härtefallregelung für Leute, die knapsen müssen. Dann wird sich herausstellen, ob ich unter diese Regelung fallen werde. Mir ist es dennoch lieber, selber zu entscheiden, wie ich mit meinem nicht ausreichenden Geld hinkomme, als auf die Gunst anderer angewiesen zu sein, ob mir noch zusätzlich etwas weggenommen wird oder nicht. Wahrscheinlich würde ich irgendwo auf dem Lande eine billigere Wohnung finden. Vielleicht sollte ich von der Uni wegziehen, um in den Genuß des Semestertickets kommen zu können, denn meine Miete wird derzeit leider nicht über einen Gemeinschaftsfond subventioniert. Matthias
Diese Veröffentlichung unterliegt dem Impressum des Oldenburger Stachel. Differenzen zur gedruckten Fassung sind nicht auszuschließen. Nachdruck nur mit Quellenangabe, Belegexemplar erbeten.
|
||||||
Differenzen zur gedruckten Fassung nicht auszuschließen. Dieser Text ist urheberrechtlich geschützt. Siehe auch Impressum dieser Ausgabe und Haupt-Impressum |