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Rot-Grüner Fahrplan
für die Ratsperiode 1996 - 2001Das rot-grüne Ratsbündnis hat mit der konstituierenden Sitzung des Rates am 18. November seine Arbeit aufgenommen. Die beiden Ratsfraktionen gründen ihre künftige Zusammenarbeit auf einem Koalitionspapier, das Akzente besonders bei den Sozial- und Umweltthemen setzt. Wer dieses Papier nimmt, und die Wahlprogramme der SPD und der Grünen danebenlegt, kann bei den Einzelpositionen noch recht deutlich die Handschrift (oder auch "Federführung") des einen oder anderen Koalitionspartners herauslesen. Das Ergebnis eines solchen Vergleiches könnte etwa wie folgt aussehen (ohne Anspruch auf Vollständigkeit): Die Liste für den Bereich "Soziales" umfaßt insgesamt 19 Einzelpositionen und liegt, wenn man dies als Kriterium für die Bedeutung der einzelnen Bereiche nimmt, noch vor "Arbeit und Wirtschaft" (17 Positionen) auf Platz 1. Auf den Plätzen 3 und 4 finden sich die Bereiche "Energie" (14 Positionen) und "Umwelt" (13 Positionen).
SozialesDie bisherige Beschäftigungspolitik der Stadt für Sozial-hilfeempfängerInnen wird von den Grünen in ihrem Wahlprogramm als "unkoordiniert, planlos und ohne jede Erfolgskontrolle" abgekanzelt. "Da es offensichtlich innerhalb der bisherigen Verwaltungsstrukturen nicht gelungen ist, eine dem Problemdruck angemessene Handlungsstrategie zu entwickeln" (O-Ton Wahl-programm), wird jetzt eine kommunale Beschäftigungsgesellschaft gegründet. "Dazu ergeht ein Prüfauftrag an die Verwaltung", heißt es in dem Koalitionspapier (im folgenden einfach "KP" genannt). Die "manpower" für diese neue Beschäftigungsgesellschaft sollen städtische Bedienstete einbringen, die bisher im Jugendamt, im Sozialamt und im Amt für Wirtschaftsförderung mit der Thematik "Beschäftigung und Arbeitsmarkt" befaßt sind. Mit diesem Konstrukt sollen aber auch außerstädtische Geldquellen angezapft, sprich: Fördermittel eingeworben werden. Von den sozialen Einrichtungen sollen Donna 45 und die ALSO jeweils mit einer Stelle und der Warmmiete bezuschußt werden. Sie erhalten darüber jeweils einen 2-Jahres-Vertrag. BEKOS erhält ebenfalls eine Stelle mit einem Vertrag für 2 Jahre und einen Zuschuß für Sachmittel. Als "Maßnahmen zur Bekämpfung der Armut in der Stadt Oldenburg" führt das KP folgende auf: - Wiederanhebung der Bekleidungspauschale um 20 Mark - halber Fahrpreis für SozialhilfeempfängerInnen für Busfahrten mit der VWG - Bildungsgutscheine für SozialhilfeempfängerInnen und Arbeitslose: Dafür werden im Haushalt 25000 DM eingesetzt. - freier Eintritt für SozialhilfeempfängerInnen in Schwimmbädern Als konkrete Maßnahmen gegen Armut von Kindern soll ein warmes Mittagessen in Kindertagesstätten bezuschußt werden (Der STACHEL berichtete). Hilfen für Wohnungslose, Straffällige und Suchtkranke liegen den Sozialdemokraten besonders am Herzen. Die Arbeit der Wohlfahrtsverbände, Selbsthilfegruppen und der Rose 12 "wird im bisherigen Umfang fortgeführt", heißt es zu diesem Punkt in dem KP. Auch die Aids-Hilfe und JES werden weiter gefördert.
Frauen(8 Positionen) Vereinbart wurde die Förderung von Wildwasser, Pro Familia und des Therapie- und Beratungszentrums für Frauen im bisherigen Umfang. Dasselbe gilt für das Mütterzentrum. Das Nachttaxi für Frauen (Frauenmobil) wird - mit einem Eigenanteil der Frauen von 6 Mark - weiter bezuschußt. Die SPD möchte das Zentrum für Frauengeschichte unterstützen ("Über Art und Umfang sollen Gespräche mit der Frauenbeauftragten und den dort tätigen Frauen geführt werden") und das Bauprojekt "Frauen planen für Frauen" realisieren, das durch die GSG entwickelt wurde. Die Grünen haben sich für die Einrichtung eines Planerinnenbeirates stark gemacht, der mit Fachfrauen aus den Bereichen Bau, Verkehr, Stadtplanung, Umwelt usw. besetzt werden soll. Der Beirat soll an das Frauenbüro angegliedert werden und Vorschläge unterbreiten, wie die Stadt frauengerecht zu planen ist. Bei der Vergabe von öffentlichen Aufträgen durch die Stadt Oldenburg sollen nur solche Firmen berücksichtigt werden, die ihre Beschäftigten sozialversicherungspflichtig beschäftigen. Da besonders Frauen häufig in Arbeitsverhältnissen als sog. "geringfügig Beschäftigte" auf 590-Marks-Basis tätig sind, soll diese Maßnahme dazu beitragen, die Benachteiligung der Frauen in der Arbeitswelt abzubauen.
AusländerInnen(2 Positionen) Die Stadt Oldenburg hat z.Z. keinen funktionierenden Ausländerbeirat. Dies soll nach dem Willen der rot-grünen Rats-mehrheit anders werden, "wenn die Gruppen der ausländischen MitbürgerInnen dies wünschen."
Arbeit und Wirtschaft(17 Positionen) Unter Punkt 1 heißt es lapidar: "In Oldenburg wird ein `Bündnis für Arbeit´ mit dem ersten Schwerpunkt einer Ausbildungsplatzinitiative eingerichtet." (Dazu Punkt 16: "Die Zahl der Ausbildungsplätze bei der Stadt soll erhöht werden.") In ihrem Wahlprogramm hatten die Sozialdemokraten dieses noch näher ausgeführt: "Wir ... wollen auch in Oldenburg einen Runden Tisch mit Gewerkschaftern und Arbeitgebern für eine Beschäftigungsinitiative gründen", hieß es da. Punkt 2 serviert ein rot-grünes Menü für die "arbeitsplatzschaffende" Wirtschaftsförderung, u.a.:
- Ansiedlungshilfen für mittel-ständische Betriebe mit zukunftsorientierter Technik (SPD) - Strukturprogramm zur Förderung umweltfreundlicher Energieanwendung (Grüne) - Städt. Anschub für Zusammenarbeit zwischen Uni, FHS und Wirtschaft (SPD) - Förderung der Ansiedlung selbstverwalteter Betriebe (Grüne)
Außerdem wollen beide die wirtschaftliche Zusammenarbeit mit dem Umland fördern (ein heikles Thema: Wollen die das auch ?). Zum Stichwort "Privatisierung" sagt das KP: 1. nur sozialverträglich, 2. Die Errichtung weiterer Eigenbetriebe hat Vorrang. Die SPD möchte die Stadt Oldenburg als Fremdenverkehrs- und Kulturzentrum weiter ausbauen. - Die Grünen möchten die Planungen für die Osthafen-Erweiterung für die kommenden 5 Jahre auf Eis legen. (Vorschlag der STACHEL-Redaktion: Der Osthafen, 2. Teilabschnitt, wird zum "Freizeit- und Erholungspark" umgeplant.) Die Verpackungssteuer wird "umgehend" eingeführt. - Die Gewerbesteuer wird erhöht. Um die vorhandene Arbeit besser zu verteilen, setzen insbesondere die Grünen auf eine Teilzeit-Offensive und eine "Arbeitszeitflexibilisierung" (auf freiwilliger Basis) bei der Stadtverwaltung.
Kultur(7 Positionen) Die Verträge der Stadt mit der Kulturetage, der Werkschule und dem Kunsthof bleiben erhalten. Eine wirtschaftliche Absicherung der Kulturetage durch die volle Übernahme der Betriebskosten durch die Stadt, wie von den Grünen in ihrem Wahlprogramm gefordert, war offenbar nicht konsensfähig. Stattdessen einigte man sich auf die Übernahme eines Zuschusses zu den Betriebskosten für die Kulturetage für 5 Jahre, allerdings auch nur mit einigen Vorbehalten: 1. Offenlegung der Bilanzen, 2. Einigung mit den Kindertheatern WIDU und Wrede. Erwähnenswert ist noch die vereinbarte Aufstockung der städtischen Mittel für den Kultursommer.
Schule(9 Positionen) Das Zauberwort "Budgetierung" fand Eingang in das KP: "Keine Budgetierung als reine Sparmaßnahme" lautet die Devise, stattdessen eine "Förderung der finanziellen Selbständigkeit der Schulen in Richtung der pädagogischen Diskussion um Àutonomie der Schulen´in Zusammenarbeit mit SchülerInnen, LehrerInnen und Eltern." (Akademiker-kauderwelsch. d.T.) Die SPD brachte die Forderung nach einem "sofortigen" Neubau der BBS IV und Planung der Sporthalle Wechloy in das KP ein. - Die Grünen konterten mit ihrer Idee einer Kooperation mit der BBS in Rostrup (LK Ammerland) "mit dem Ziel, ein möglichst umfassendes Angebot auch in den Bereichen zu schaffen, die bislang nur privat angeboten wurden."
Kinder und Jugendliche(8 Positionen) Konkrete Vorstellungen kommen hier vor allem von den Grünen: - Die Bekämpfung der sozialen Ausgrenzungsgefahr für die materiell Benachteiligten, speziell die Kinder, soll Thema im neuen Rat sein. Konkrete Maßnahmen sollen noch festgelegt und im Rahmen des Möglichen auch umgesetzt werden. - Die Ansätze für eine offene Jugendarbeit sollen ausgebaut werden, u.a. durch die "sofortige" Einstellung eines Streetworkers.
Umwelt(13 Positionen) Eine "umgehende" Umsetzung der Baumschutzsatzung wurde in das KP aufgenommen. (Muß man nicht erst mal eine BSS haben, bevor man sie umsetzen kann ? Aber das sind Feinheiten.) Die Ausweisung zweier Landschaftsschutzgebiete ist geplant: in der Klostermark und im Weißenmoor. "Der Küstenkanal wird nicht verbreitert." Neben diesen altbekannten Positionen gibt es auf Betreiben der Grünen auch einige neue Ideen, die vor allem die Umweltverbände aufhorchen lassen: "Es wird eine Richtlinie für ökologische Vorgaben in der Bauleitplanung erarbeitet." und "Eine Richtlinie für die UVP (Umweltverträglichkeitsprüfung) für alle Bauleitpläne wird eingeführt." Jetzt ist (hoffentlich) auch die Sachkompetenz der Umweltverbände gefordert. Und damit auch die Erfolgskontrolle nicht zu kurz kommt, wird "zur Mitte der Ratsperiode ... ein Umweltbericht erstellt." Interessant auch die Punkte 12 und 13: "Unter Federführung des Umweltdezernates" soll eine Lokale Agenda Oldenburg er-arbeitet werden. Dafür wird im Umweltamt eine zusätzliche, auf 3 Jahre befristete Stelle eingerichtet, die aber möglichst nicht durch Neueinstellung besetzt werden soll. An dem Prozeß der Erarbeitung der Lokalen Agenda sollen "alle relevanten Gruppen" beteiligt werden. Es wird außerdem eine "verbindliche" Planung zur CO²-Reduktion in den Bereichen Energie und Verkehr "verabredet".
Abfall(8 Positionen) Daß Grüne und SPD die Müllverbrennung ablehnen, ist bekannt. Daß die derzeitige Rechtslage (TA Siedlungsabfall) die Verbrennung längerfristig quasi "erzwingt", ist ebenfalls bekannt. Deshalb steht hier im KP unter Punkt 2 u.a. der Satz: "Alle rechtlichen Möglichkeiten zur Vermeidung der Verbrennung werden ausgeschöpft." Angestrebt wird auch eine "enge Kooperation mit den umliegenden Landkreisen", wenn es um die Deponierung und teilweise auch Vorbehandlung von Abfällen geht. Die Grünen haben sich für ein PVC-Verbot bei städtischen Beschaffungen stark gemacht. Im KP findet sich die Einschränkung "...wenn es Alternativen gibt." Auch bei der Verpackungssteuer soll es eine Einschränkung geben: Die Bringedienste werden herausgenommen.
Energie(14 Positionen) Hier ist Punkt 14 besonders hervorzuheben: "Als Arbeitsauftrag an den Ratsvertreter im EWE-Aufsichtsrat wird verein-bart: - Umbau der EWE zum Dienstleistungsbetrieb (Wärme statt Strom und Gas) - Ausbau des Wärme-Direkt-Service - Öffnung für Energiesparkonzepte, Leastkost-Planung und erneuerbare Energien" Aus dem SPD-Forderungskatalog übernommen wurde die Einführung eines Energieberichts regelmäßig einmal pro Rats-periode. Sinn und Zweck soll der Aufbau eines kontinuierlichen "Energie-Controlling" für alle städtischen Gebäude mit einer Vorschlagsliste für die Sanierung sein. Eingerichtet werden soll auch ein Energiesparfonds (von den Grünen auch als "Klimafonds" bezeichnet). Die Einlage von 500 000 Mark soll aus dem Topf der EWE-Konzessionsabgabe genommen werden. "Finanziert wird aus diesem Fonds nur die Differenz zwischen Normalausführung und Energiesparausführung. Eingesparte Energie-kosten fließen in den Fonds zurück", so das KP weiter. Im Zusammenhang mit der Erarbeitung der Lokalen Agenda 21 ist geplant, eine Energieleitstelle über den Stellenplan abzusichern und ein Fachforum Energie einzurichten. Für die Förderung von privaten Energiesparinvestitionen sollen im Haushalt 40000 Mark jährlich bereitgestellt werden.
Verkehr(11 Positionen) Unter Punkt 1 heißt es hier: "Es werden bevorzugt Maßnahmen realisiert, die die Situation für den nicht-motorisierten Verkehr verbessern." Dazu soll u.a. ein Verkehrsforum mit BürgerInnen-Beteiligung eingerichtet werden. Die Umsetzung des Fahrradgutachtens und des Fahrplangutachtens sollen in Angriff genommen werden. Dazu zählt u.a. die Prüfung einer Einbahnregelung für den Innenstadtring, die Prüfung der Idee einer Umweltkarte, also einer über-tragbaren kostengünstigen Monatskarte, im Verkehrsverbund VNB und - als Arbeitsauftrag an die RatsvertreterInnen im VWG - die Entwicklung und Unterstützung von Job-Tickets und StudentInnen-Ticket. Bei dem von den Grünen ungeliebten, von der SPD aber stark propagierten S-Bahn-System für Oldenburg formuliert das KP sehr vorsichtig: "Einstieg in die Prüfung zur möglichen Einführung eines Citybahnsystems in Oldenburg unter Beteiligung von Sachverständigen und möglichen Verkehrsträgern insbesondere in Wechloy, Krusenbusch und Ofenerdiek" Alles klar? Klarer ist da schon der Punkt "Sparsamer, vernünftiger Ausbau der Bahnhofsallee unter Berücksichtigung der Vorstellungen der AnwohnerInnen". Und interessant der Klammerverweis auf die "neue BI". Eine Regelgeschwindigkeit von 30 km/h auf den städtischen Straßen (wie vom Deutschen Städtetag bereits für alle Städte vorgeschlagen) ist es wert, daß der Rat sich "mit anderen Gremien" dafür einsetzt. Und last but not least das leidige Thema "Parkhäuser". Hier ist die Marschrichtung eindeutig vorgegeben: Keine neuen öffentlichen Parkplätze inclusive Parkhäuser innerhalb des Autobahnringes/ Braker Bahn/ Bahnstrecke Cloppenburg. Ausnahme: P&R-Plätze an den Autobahnausfahrten.
Stadtentwicklung(7 Positionen) Unter Punkt 1 wird vereinbart, daß der gerade beschlossene Flächennutzungsplan (FNP) nur "einvernehmlich" geändert werden darf. Außerdem beschließt der Rat "eine Prioritätenliste für die weitere Entwicklung von Wohn- und Gewerbegebieten und die Stufen deren Inanspruchnahme." Die neue Ratsmehrheit möchte demnach die Stadtplanung an der kurzen Leine führen, damit solche Sachen wie bei der Hausbäkeniederung in Zukunft nicht mehr vorkommen. Für das Flughafengelände im Alexandersfeld wird ein Entwicklungskonzept erstellt. Zu begrüßen auch die zukunfts-weisende "Beplanung des Bahnhofsbereichs für innenstadtnahes Wohnen, Dienstleistung und Kleingewerbe unter Berücksichtigung ökologischer Kriterien bei umfassender BürgerInnenbeteiligung".
Verwaltung(8 Positionen) "Verwaltungsreform: Mehr BürgerInnennähe und weniger Kosten" texteten die Grünen in ihrem Wahlprogramm. "Wir wollen eine intelligente Verwaltungsreform für die Kommunen, die die Dienstleistungen für den Bürger verbessert und ressourcensparend ist," lautete die entsprechende Wahlaussage der SPD. Herausgekommen ist u.a. dies: - Qualifizierungsoffensive, insbes. im Hinblick auf neue Steuerungsmodelle, durch vermehrte Fortbildung bei städtischen Beschäftigten (Grüne) - Aufdeckung versteckter, un-nötiger Energie- und Materialverbräuche durch Ökobilanz (SPD) - Eigeninitiative der BürgerInnen mehr Raum geben (z.B. Straßen und Schulgestaltung). Also, BürgerInnen von Olden-burg, kommt zuhauf und beteiligt euch! tog
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