Ausgabe 8/96 | Seite 16 | |||||
JES-Oldenburg e.V.
Interessenvertretung von Betroffenen für BetroffeneJES (Junkies, Ehemalige und Substituierte) ist ein bundesweites Netzwerk, ein Zusammenschluß von ca. 40 Selbsthilfegruppen und Initiativen (eingetragenen Vereinen), das im Juni 1989 mit Hilfe der Deutschen Aids-Hilfe - mit Hauptsitz in Berlin - gegründet wurde. Mittlerweile verfügt JES vielfach schon über eigene Kontakt- und Beratungsstellen, die in Eigenverantwortung und Regie, von den Betroffenen verwaltet und geführt werden. Das Problem der SpritzdrogengebraucherInnen, deren Verelendung und soziale Isolation führen wir zurück auf die repressive Drogenpolitik, die seit über 20 Jahren von unseren Politikern vehement vertreten und ausgeführt wird. Um unsere Forderungen und Interessen hier in Oldenburg und Umgebung zu verwirklichen, haben wir, eine Gruppe von Substituierten und Ehemaligen, im September 1991 die Initiative JES-Oldenburg "ins Leben gerufen." Mit Unterstützung der Oldenburgischen Aids-Hilfe konnten wir bis heute erfolgreich existieren, und sind seit August 1992 ein eingetragener Verein mit ca. 50 Mitgliedern und einem aktiven Vorstand. Durch die repressive Drogenpolitik, und damit verfehlte Drogenpolitik, durch soziale Verelendung, Beschaffungsdruck, Beschaffungskriminalität und den Verlust familiärer Kontakte, wird das Leben in der Szene-Subkultur von Isolation bestimmt - jeder FixerIn kämpft ums Überleben. Eines unserer Ziele, nämlich die Schaffung von Codein- und Methadon-Programmen wurde von uns mit Hilfe einiger engagierter OL-ÄrztInnen durchgesetzt, so daß in Oldenburg mittlerweile schon ca. 160 DrogengebrauerInnen mit Methadon substituiert werden. Nicht zuletzt die Betroffenen selbst haben sich diese lebenswerte Alternative erkämpft und geschaffen. Durch die Substitution (Ersatzdrogenbehandlung) ist eine grundsätzliche Veränderung der Lebenssituation eingetreten, und der Beschaffungskriminalität wurde jegliche Grundlage entzogen. Die Ziele von JES entstehen aus den Bedürfnissen der Junkies: Spritzentausch, Vermittlung zu SUB-Ärzten, sinnvolle Freizeitgestaltung, Hilfe zur Selbsthilfe, Beratung oder Therapievermittlung, etc. bzw. durch akzeptante Angebote neue Alternativen schaffen. Ein wichtiger Punkt sind Arbeits- und Beschäftigungs-möglichkeiten für Substituierte oder Ehemalige , auf diesem Gebiet muß noch viel getan werden. Eine unserer Hauptaufgaben ist die Präventionsarbeit, Informationsdefizite zu schließen oder auch safer-use und safer-sex -Praktiken zu vermitteln (auch im Knast). JES-Oldenburg e.V. besteht jetzt schon seit über 5 Jahren. Während dieser Zeit hat sich ein fester Stamm von Betroffenen herauskristallisiert, die durch ihre ehrenamtliche engagierte Mitarbeit schon Einiges auf "die Beine gestellt" haben. Seit jeher nehmen wir auch überregionale Aufgaben wahr, d. h. wir sind mit einem Vertreter im bundesweiten JES-Sprecherrat vertreten, der das Sprachrohr aller JES-Initiativen ist. Darüberhinaus ist die Nordschienen-Koordination mittels einer JES-Aktivistin in Oldenburg angesiedelt. JES finanziert sich größtenteils über Spenden und Mitgliedsbeiträge. Seit Beginn erhielten wir von der Stadt Oldenburg jährlich einen Zuschuß für Unterhaltungskosten in Höhe von DM 1800,-. In der Hoffnung auf einen weiteren positiven Bescheid für das Haushaltsjahr 1996 erhielt JES im Juni diesen Jahres allerdings zu unserem Überraschen, eine Absage auf unseren Antrag. Die bisherige Förderung (1800,-) wurde uns ersatzlos gestrichen mit der Begründung: "Leider konnte der Antrag keine Mehrheit finden". JES-Oldenburg e. V. ist empört und fassungslos, wie unsere fünfjährige drogenpolitische Arbeit im Oldenburger Drogenhilfesystem von der Stadt Oldenburg bewertet wird, und wie sich die Stadt Oldenburg gegenüber DrogengebraucherInnen wieder einmal aus der Verantwortung stehlen will. Erst kürzlich haben wir im Rahmen unserer Benefizveranstaltung (zusammen mit der Evangelischen StudentInnen-Gemeinde am 5. 6. 96) eine öffentliche Diskussion mit VertreterInnen der Stadt Oldenburg, der Uni, der Kassenärztlichen Vereinigung, der Rose 12 und anderen gehabt, bei der es auch um unsere finanzielle Situation ging und die Sozialdezernentin Frau Niggemann unsere Arbeit gelobt hat, und nun ein par Wochen später diese drastische Absage. Hier wird durch einen bürokratischen Akt über das Leben vieler, oft HIV-positiver oder bereits an Aids erkrankter DrogengebraucherInnen mit völligem Desinteresse entschieden. Unser Anliegen ist es, die Öffentlichkeit zu informieren. Wir wollen nichts unversucht lassen, um möglichst noch einige Spendeneinnahmen entgegen zu nehmen, denn ohne Übernahme der laufenden Kosten wären wir gezwungen unser Büro zu schließen, und die Oldenburger Drogenselbsthilfe wäre damit am Ende. In diesem Zusammenhang bedanken wir uns nochmals für die Solidaritätsbekundungen und Spendenbeiträge im Rahmen unseres Offenen Briefes (Unterschriftenaktion), der viele positive Reaktionen ausgelöst hat. Wer mehr über unsere Arbeit wissen will, kann bei uns vorbei kommen oder sich unseren jährlichen Tätigkeitsbericht durchlesen. Wir freuen uns über Ihr/Euer Interesse. Bankverbindung: LzO-Oldenburg Konto 018407254 BLZ: 28050100 (bei Bedarf Spendenbescheinigung) Vorstand JES
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