Oldenburger STACHEL Ausgabe 8/96      Seite 7
 
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Vermögen soll sich wieder lohnen

Die Bundesregierung plant, die Vermögensteuer ganz abzuschaffen. Im folgenden geben wir eine Rede wieder, die von dem Bündnis-Grünen Norbert Roske im niedersächsischem Landtag gehalten wurde und die im Besonderen die Unterschiede zwischem Bündnisgrünen- und SPD- Entwurf zur gerechten Neuregelung der Vermögen- und Erbschaftsteuer darstellt.

"Mit der Abschaffung der Vermögensteuer und der Festschreibung der Erbschaftsteuer auf einem so lächerlichen Niveau, daß es den Verwaltungsaufwand kaum lohnt, forciert die Bundesregierung ihren Kurs der steuerpolitisc hen und sparpolitischen Entsolidarisierung der Gesellschaft. Beziehen wir das Vermögensteueraufkommen von gegenwärtig höchstens 8 Mrd. DM auf das geschätzte Gesamtvermägen in der Bundesrepublik von ca. 22 Bio. DM, dann beträgt der durchsnittliche Steuersatz 0,03 bis 0,04 %. Zählt man die Gewerbekapital- und die Grundsteuer hinzu, dann sind es 0,13%.

Anstatt die Einheitswertbesteuerung von Grundbesetz durch die Verkehrswertbesteuerung zu ersetzen - wie es das Bundesverfassungsger ichtsurteil nahelegt -, sagt Waigel: das Aufkommen ist eh so gering, lassen wir das Vermögen doch vollends ungeschoren. Der schon lange anhaltende Marsch in den Lohsteuer- und Mehrwertsteuerstaat mit ständig sinkender Besteuerung von Unternehmensgewinnen zeigt sich auf der Seite der Privatvermögen in dem Umstand, daß 5% der Haushalte über 30% des Privatvermögens verfügen.

Wegen des Generationenwechsels werden in den nächsten 10 Jahren jährlich schätzungsweise 300 Mrd. DM vererbt. Gegenwärtig beträgt das Erbschaftsteueraufkommen ca. 3,5 Mrd. DM, und die Erbschaftsteuerreform der Bundesregierung sieht eine lächerliche Steigerung - wenn es überhaupt eine gibt - um 1,6 Mrd. DM vor. Damit würde eine durchschnittliche Erbschaftsteuerquote von 1,6% erreicht. Das Grundgesetz fordert, daß die Bürgerinnen und Bürger nach ihrer Leistungsfähigkeit besteuert werden. Es ist ein Schritt in Richtung Steuergerechtigkeit, wenn wir die hohen Vermögen und die großen Erbschaften höher als bisher versteuern wollen.

Vermögensteuer ist Geld fürs Land

Denn mit der ständig geforderten Sicherung von Wirtschaftsstandort und Wettbewerbsfähigk eit hat es absolut nichts zu tun, wenn der Anteil der Vermögensteuer am Gesamtsteueraufk ommen in den letzten 25 Jahren halbiert wurde, obwohl er ohnehin nur 1,9% betrug. Da Vermögen- und Erbschaftsteuer in die Länderhaushalte fließen, ist diese Entwicklung nicht nur aus Gründen der Steuergerechtigkeit beängstigend. Nachdem sich in Niedersachsen der Anteil von Vermögen- und Erbschaftsteuer am Steueraufkommen in den letzten 25 Jahren halbiert hat, will Waigel seine Umverteilung zugunsten der Wohlhabenden auf Kosten der Lohnsteuerzahler und der Länderhaushalte fortsetzen. Angesichts der gigantischen steuerpolitischen Umverteilung von unten nach oben - ich erinnere daran, daß die Gewinnsteuern lt. DIW seit 1980 von 34% auf 19% gesunken sind -, kritisieren wir auch das Ziel der SPD-regierten Länder, die Vermögen- und Erbschaftsteuerreform aufkommensneutral zu gestalten. Der NRW-Finanzminister Schleußer hat sogar dieses Ziel von vornherein in den Gesetzentwurf bringen wollen. Die niedersächs. Landesregierung geht in ihrem Haushaltsplan 1997 ebenfalls von Aufkommensneutralität aus.

Bündnis-Grüner Entwurf strebt deutliche Mehreinnahmen an

Nicht nur 6 Mrd. DM Mehreinnahmen, wie im A- Länderentwurf vorgesehen, sondern 11 Mrd. DM sind mit unserem Entwurf zu erwirtschaften: 6 Mrd. DM bei der Erbschaft- und 5 Mrd. DM bei der Vermögensteuer. Diese bescheidene Erhöhung kommt vor allem durch die Anpassung des Grundvermögens an die Verkehrswerte zustande, obwohl wir die Freibeträge erhöhen und die Steuerklassen bei der Erbschaftsteuer von 4 auf 2 reduzieren. Bei Verwandten kommen dadurch Steuersätze zwischen 2% und 35% und bei sonstigen Erben von 10% bis 45% zustande. Im geltenden Recht gibt is hingegen Erbschaftsteuersätze bis zu 70%. Der Bestand von Betrieben könnte dadurch gefährdet werden.

Durch die Erhöhung des Freibetrages für Betriebsvermögen auf 1 Mio. DM sowohl bei der Vermögen- als auch Erbschaftsteuer ist unser Gesetzentwurf besonders mittelstandsfreundlic h. Von der Senkung der Gewerbesteuer haben hingegen in der Vergangenheit vor allem die Großunternehmen profitiert. Die Steuerpolitik der Bundesregierung hat nicht nur zu einer Umverteilung von unten nach oben geführt, sondern auch zwischen den Unternehmen zugunsten der Großen.

Der Unterschied zum Entwurf der SPD-regierten Länder ist also gravierend:

1. Die Steigerung des Vermögen- und Erbschaftsteueraufkommens ist im SPD-Entwurf zu gering. 2. Wir begünstigen kleine und mittlere Unternehmen. 3. Wir schützen bei der Vermögensteuer die Mieter vor Mieterhähungen, indem wir für die Wertermittlung die Jahresmiete zugrundelegen und zusätzliche Wertabschläge für Mietwohnungen und insbesondere für den sozialen Wohnungsbau gewähren wollen. Das Berechnungsverfahren des SPD-Entwurfs nach Mietwohnflächen führt hingegen zu einer höheren Belastung von Mietwohnungen."

Gerold Korbus


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