Ausgabe 6/96 | Seite 14 | |||||
"Technologiepark" Wechloy
Versöhnung von Natur und TechnikDie Grünen haben sich wieder einmal überzeugen lassen, daß Realpolitik ein Abrücken von Grundsatzpositionen bisweilen unumgänglich macht. So wurde denn am 6.Juni mit Unterstützung der Grünen im Bauausschuß beschlossen, daß die Universität auf einer 6 Hektar großen Grünlandfläche nördlich des Küpkersweges in Wechloy ihr Technologie- und Gründerzentrum planen darf. Daß die Umwelt- und Naturschutzverbände wie auch Anlieger, z.B. die Grundschule Wechloy, sich gegen die Bebauung dieser Fläche gewandt haben - mit guten Argumenten, wie unten erläutert - hat die Ratsherren der Grünen zwar zeitweilig etwas irritiert, aber sie letzendlich nicht von dieser Entscheidung abbringen können. Die Argumente gegen die strittige Uni-Planung sind 1. der direkte räumliche und ökologische Zusammenhang der Grünlandfläche mit dem angrenzenden, zum Landschaftsschutzgebiet (LSG)gehörenden Waldstück. So ist z.B. im Landschaftsrahmenplan der Stadt die betreffende Fläche als Erweiterungsfläche für das LSG vorgesehen. 2. das fehlende Verkehrskonzept auch in bezug auf die benachbarte Grundschule und den derzeitigen Ausbauzustand des Küpkersweges, die einen sprunghaften Anstieg der Verkehrsbelastung nicht ratsam erscheinen lassen. 3. die mit 6 Hektar lächerliche Größenordnung für ein "Technologie- und Gründerzentrum", wobei diese Fläche wegen der unmittelbaren Autobahnnähe noch nicht einmal voll ausgenutzt werden kann. Erweiterungsmöglichke iten gibt es auf der Fläche auch nur in vertikaler Richtung, soweit die Bauhöhe keine vorgeschriebenen Grenzwerte überschreitet. Alle Argumente zusammengenommen sollten, so können unbefangen urteilende Leserinnen und Leser jetzt mutmaßen, für die Öko-Partei vollauf genügen, um diesen Planungen eine klare Absage zu erteilen. Zumal sich wieder einmal der Eindruck aufdrängt, daß die Stadt nur versucht, eine in ihrem Eigentum stehende Fläche "baulichen Zwecken zuzuführen", ohne dabei irgendwelche Planungsalternativen zuzulassen. Ob die Grünen diesen Zusammenhang auch gesehen haben, ist eine Frage, die einige STACHEL-Redakteure nicht ruhen ließ - und hier ist das Ergebnis einer rasch eingeholten Stellungnahme der Ratsfraktion der Grünen hierzu, die wir im Wortlaut abdrucken:
Die Grünen im Rat beziehen Stellung"Der neue, mit einer Laufzeit von 15 Jahren bemessene Flächennutzungsplan(FNP) ist am Montag, den 17.Juni vom Rat mit den Stimmen der Fraktion Die Grünen beschlossen worden. Die Grünen sind der Auffassung, daß im neuen FNP ein fairer Kompromiß zwischen den Interessen des Natur- und Landschaftsschutzes und der Ausweisung neuer Wohnbau- und Gewerbeflächen gefunden worden ist. In vielen Punkten haben sich die Grünen durchgesetzt und zusammen mit Naturschutzverbänden und Bürgerinitiativen erreicht, daß ökologisch wertvolle Bereiche u.a. im Weißenmoor, in Neuenwege und in Eversten (u.a. Sandfurter Weg) nicht einer Bebauung zugeführt werden. Dies ist ein nicht zu unterschätzender Erfolg, zumal er gegen Verwaltung, CDU und erhebliche Teile der SPD errungen worden ist. Die Grünen haben nach intensiver und kontroverser Diskussion der Ansiedlung des Technologiezentrums (TZ) der Universität am Küpkersweg zugestimmt, obwohl diese Fläche im Landschaftsplan in die zweite (also niedrigere) Konfliktstufe eingeordnet worden ist. Bei der Entscheidung pro und contra befanden wir uns in einer klassischen Zwickmühle: Einerseits sind wir die Partei, für die der Schutz von Natur und Landschaft die ganze Ratsperiode und nicht nur vor der Kommunalwahl hohe Priorität besitzt. Andererseits haben wir uns schon immer für die Belange der Universität eingesetzt, die einer der größte Arbeitsplatz-Geber dieser Stadt ist und von der wichtige innovative Impulse - gerade im ökologische Bereich - ausgehen. Dies vor dem Hintergrund, daß die Stadtverwaltung die Universität mit unerträglicher Gleichgültigkeit behandelt, und die Schröder-Regierung der Universität Knüppel zwischen die Beine schmeißt, wo sie nur kann. In dieser Situation haben wir Gespräche mit der Universität geführt und sie befragt, ob für sie auch ein anderer Standort, z.B. am Bäkeplacken oder an der Industriestraße in Frage käme. Die Universität hat uns in einem ausführlichen Brief abschließend dargelegt, daß der unmittelbare räumliche Zusammenhang mit dem naturwissenschaftlichen Standort Wechloy und seinen Spezialapparaturen und Großgeräteeinrichtungen (z.B. Schallmeßraum, Windkanal) für sie unabdingbar ist. Im Technologietentrum sollen das Hörzentrum, das Institut für Technische und Angewandte Physik ITAP sowie Räumlichkeiten für die Elektrotechnik, die Abteilung Halbleiter- und Energieforschung und das Unterwassertechnikum angesiedelt werden. Bei dem Projekt handele es sich, so die Uni, eher um ein Zentrum für Innovation und weniger um einen Gewerbepark mit "high-tec" - Anspruch. Auch wenn sich die Fraktion Die Grünen nach Prüfung aller Argumente mit Bauchschmerzen einstimmig für die Ansiedlung des TZ ausgesprochen ausgesprochen hat, werden wir im Bebauungsplanverfahren genau darauf achten, daß die von der Umweltverwaltung dargelegten ökologischen Auflagen beachtet werden, u.a. der Schutz der vorhandenen Wallhecken und Bäume, die Ausweisung ausreichender Ersatzflächen für Kompensationsmaßnahmen und die Renaturierung des Wechloyer Wasserzuges. Auch die vom Schulelternrat der Grundschule Wechloy und einigen Anwohnern aufgezeigten Verkehrsproble me müssen in diesem Zusammenhang gelöst werden. Der Küpkersweg wird also weiterhin Thema im Umweltausschuß und in weiteren Ausschüssen des Rates der Stadt Oldenburg bleiben." Michael Thielemeyer, Ratsherr der Fraktion Die Grünen, Mitglied im Bauausschuß und im Umweltausschuß
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