Ausgabe 3/96 | Seite 16 | |||||
ZASt-Verbot auf "Befehl von oben"Am 16.2.1996 erreichten neun liberianische Flüchtlinge, die sich auf einem Kakao-Frachter versteckt hatten, den Hamburger Hafen. Die Menschen aus Westafrika im Alter von 13 bis 26 Jahren hatten sich in Tema (Ghana) an Bord des Schiffes versteckt, um Krieg und Elend in ihrer Heimat zu entkommen. Nach zehn schwierigen Tagen in Hamburg wurden sieben von ihnen nach Oldenburg umverteilt. Mehrere Gruppen in Oldenburg wurden aus Hamburg angerufen, mit der Bitte, man möge sich um die Liberianer kümmern. Am Mittwoch (28.2.96) informierten sich die OldenburgerInnen über die rechtliche Situation, nahmen Kontakt zur Rechtsanwältin auf, holten Informationen über die aktuelle Lage in Liberia ein und besuchten natürlich die sieben jungen Männer in der ZASt. Allgemeines Beschnuppern, ein Spaziergang durch die Fußgängerzone in der Stadt und vor allem die zu übermittelnden Grüße aus Hamburg schafften eine Vertrauensbasis zu den jungen Liberianern. Am Donnerstag traf man sich wieder bei einem Oldenburger und die jungen Afrikaner berichteten über das, was sie auf der Flucht erlebt hatten. Ein weiteres Treffen war für Freitag 13 Uhr in der ZASt vereinbart, doch als drei MitarbeiterInnen des Arbeitskreis Asyl zum Eingang der ZASt kamen, wurden sie von dem Wachmann mit der Bemerkung "Sie darf ich nicht mehr 'reinlassen" empfangen. Auf die Frage nach den Gründen wurde nur gesagt "Befehl von oben". Auf die Nachfrage, wer "oben" sei, kam die Antwort "die Verwaltung". Der verantwortliche Beamte sei der Herr Stede, der aber schon im Wochenende wäre. Weitere Fragen, wie die Anweisung genau lauten würde, ob sie für alle gelten würde, die zu den Liberianern wollen etc., wurden alle in etwa mit "das dürfen wir nicht sagen, Befehl von oben" beantwortet. Die Bitte, die sieben jungen Leute zu informieren, damit sie zu uns rauskämen, wurden abgelehnt, allerdings erklärte man sich bereit eine Nachricht zu übermitteln (diese ist allerdings bis heute nicht angekommen). Etwas verblüfft über dies über raschende ZASt-Verbot setzten wir zur Rückfahrt nach Oldenburg an, um dort parallel möglichst viele Hebel in Bewegung zu setzen. Doch weder das Innenministerium in Hannover, noch der diensthabene Richter sagten zu, vor Montag etwas zu unternehmen. Presse und ein Rundfunkjournalist wurden von der ZASt mit der Aussage "Befehl von oben" abgespeist. Am Samstag kam Besuch aus Hamburg. Mit einigen Geschenken, u.a. warmen Kleidungsstücken standen die jungen Liberianer an der ZASt-Pforte und wollten den vier BesucherInnen ihre Unterkunft zeigen, aber auch hier: Kein Einlaß für die Deutschen, "Befehl von oben". Man teilte den HamburgerInnen mit, sie möchten doch bitte am Montag wiederkommen! Nach einer kurzen Diskussion wurde beschlossen, die Polizei zu rufen, um den Wachmann anzuzeigen, da er willkürlich das Besuchsrecht der Flüchtlinge einschränkte. Die beiden Polizisten beschränkten sich darauf, den HamburgerInnen die Personalien der Wachleute mitzuteilen, die Anzeige sollte dann am Montag erstattet werden. Am Montag schließlich bekamen die MitarbeiterInnen des Arbeitskreis Asyl einen Termin bei Herrn Stede, um endlich die Gründe für das Verbot zu erfahren. Herr Stede war aber eigentlich gar nicht zuständig, der verantwortliche Herr sei der Herr Köhler. Doch Herr Köhler wollte nicht mit uns reden, teilte er uns per ZASt-Telefon mit. Als wir dann aber doch sein Büro gefunden hatten, wollte er uns auch nicht wieder rausschmeißen, sondern hatte ein wenig Zeit für uns. Es sei nämlich so, daß religiöse und politische Gruppen nicht auf dem ZASt-Gelände ihr Unwesen treiben sollen. Die "Privatssphäre der Asylbewerber" hätte er zu schützen! Insbesondere Rechtsradikale und die Zeugen Jehovas müßten draußenbleiben. Dies wäre eine generelle Anweisung an den Wachdienst und wir wären von den Wachleuten wohl für Zeugen Jehovas gehalten worden. Warum die Hamburger Familie, die mit Geschenken vor der Tür stand, auch nicht reingelassen wurden, konnte er sich auch nicht erklären. Ebenfalls nicht, warum die Wachleute uns den Grund des Zutrittsverbots nicht nennen wollten (angeblich auf "Befehl von oben"), sonst hätten man ja alles schon am Freitag klären können. Auf die Frage, ob denn die Flüchtlinge nicht mündig genug seien, selbst zu entscheiden mit wem sie zu tun haben wollen, wurde uns Unkenntnis über die Lage der Flüchtlinge vorgeworfen, denn diese hätten fürchterliche Angst vor Fremden, die in die Häuser kämen. Für die Zukunft ist es nun so, daß wir immer gleich mitteilen sollen, wenn wir jemanden betreuen, damit die Wachleute Bescheid wissen, daß wir keine Missionare o.ä. sind. Nun denn... Arbeitskreis Asyl Oldenburg
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