Oldenburger STACHEL Ausgabe 1/96      Seite 4
 
Inhalt dieser Ausgabe
 

"Wir sind verpflichtet,
Profit zu machen"

oder wie Telekom aus Ärger Geld macht

Wer hätte gedacht, daß sich aus einem harmlosen Anruf bei der Telefonstörungsstelle solch' hochpolitische Aussagen ergeben. Schuld ist ein Faxgerät einer großen Computerfirma. Ständig klingelt das Telefon, weil sowohl Maschine wie GebieterInnen nicht geregelt bekommen, daß Faxpiepen in menschlichen Ohren einfach sehr unangenehm ist und sogar Schlimmeres bewirken kann. Da Computer besonders gut in der Automatisierung eingesetzt werden, klingelt das Telefon ständig, ewig und immer dar.

Freiheit oder Beliebigkeit?

Nach einigen abrupten Schlafbeendigungen war der Anruf bei der Störungsstelle überfällig. Dort gab es nach mehreren vergeblichen Versuchen (der Wählcomputer hat mal wieder gesponnen) kluge Ratschläge zu hören. Die Nutzung des Telefonnetzes sei nun mal frei, werde nicht kontrolliert und die Telekom habe keinen Einfluß auf die Art der Nutzung. (Dabei dürfen nur geprüfte Geräte nach festgelegten Richtlinien verwendet werden. Nächtliche RuhestörerInnen können sogar wegen Nötigung und Körperverletzung zur Rechenschaft gezogen werden. Nur bei Schichtarbeit muß alles ertragen werden, wie es scheint.)

Ohne Moos nix los

Es könne jedoch z.B. eine Fangschaltung könne installiert werden. Allerdings möchte die Telekom dafür gerne kassieren. Das kostet zunächst mal 20,-DM. (Jeder weitere Tag kostet zudem.) Da mir das zu teuer war, habe ich gemeckert. Der nächste kluge Rat hieß: Mieten Sie doch einfach ein Faxgerät im Telefonladen. Das kostet 25,-DM im Monat, und dann können Sie ein Fax zurücksenden.

Da mir auch 25,-DM im Monat zuviel sind und ich das Telefon für menschliche Kommunikation nutzen möchte, stellte mich diese "Anregung" nicht zufrieden. Ich bemerkte, daß auch hier die Telekom verdient. Außerdem finde ich es aufwendig, zum Laden zu latschen, ein Gerät zu mieten, einen Termin zu verabreden, auf die TechnikerInnen zu warten, die Bedienung eines Faxgerätes zu erlernen, das Gerät wieder abzumelden, einen neuen Termin zu machen, um das Gerät wieder abzugeben und bei der nächsten falsch programmierten Datenmaschine ...

Alter Geizknochen!

"Was wollen Sie eigentlich, wir sind verpflichtet, Profit zu machen", verlautete aus dem Mund des Mannes hinter der 01171. Tja, so ist die Welt nun mal, und die Hand aufzuhalten, scheint heutzutage nichts Ehrenrühriges mehr zu sein. Allenfalls, nichts hineinzutun? Vielleicht bin ich ja wirklich zu spitzfindig und zu geizig. Ich hätte mich um eine der vorgeschlagenen Lösungen kümmern sollen, mein Geld brav auf den Tisch legen und schon könnte ich wieder ruhig schlafen. (Wenn ich Telekom wäre, würde ich jemanden darum bitten, per Fax Leute zu nerven - da kommt Geld ins Haus! D.T.)

Im Übrigen sei das wie auf der Straße zu sehen: Wenn ich angefahren werde, ist ja auch nicht die Straßenbaubehörde schuld. (Wer weiß? D.T.) Nur: Auf der Straße kümmern sich (manchmal) Polizei und Ordnungsbehörde um die Einhaltung bestimmter Regeln...

Das Kleingedruckte

Mir ließ die Sache keine Ruhe. Beim nächsten Gespräch kam die Freude erst richtig auf: Wenn ich bei Telekom ein Fax-Gerät miete, bin ich an einen 5-Jahres-Vertrag gebunden. Na Prima! Da wäre ich also beinahe in einen Vertrag über 1500,-DM gerutscht - weil irgendwelche Leute es nicht geregelt bekommen haben, Datenverkehr und menschliche Kommunikation von Mund zu Ohr voneinander getrennt zu halten.

Nischen im System?

Innerhalb der Riege von BürokratInnen, mit der ich bei dieser Angelegenheit zu tun hatte, gab es auch freundliche Menschen: Ich solle doch den Hörer 20 Minuten beiseite legen. Da würde auch die letzte Maschine ihr Ansinnen aufgeben, mir das Ohr voll zu piepen. Weil es mir anascheinend niemand recht machen kann: Wofür habe ich mir nur ein Telefon angeschafft, wenn ich den Hörer laufend beiseite legen soll ...? Das ist ein gut gemeinter Rat, aber wenn mein Kind mich erreichen möchte, eher hinderlich. Eigentlich habe ich das Telefon, um zu telefonieren, und nicht, um es zu blockieren. (Mit dieser Methode kann die Telekom nicht soviel verdienen! Grins!! D.T.)

Wer kann helfen?

Vielleicht hat jemand aus der geneigten LeserInnenschaft eine Idee, wie ich - ohne die Kassen der Telekom zu füllen - wieder in den Genuß ungestörter Nachtruhe kommen kann? Ich bin für jeden Hinweis dankbar.

kürbis

ps: Mir geht es noch gut im Vergleich zu der Frau aus Delmenhorst, die eine frühere Faxnummer einer Zeitungs- und Funkagentur als Telefonnummer bekam. Pausenlose Faxe rund um die Uhr waren die Folge. Ins Ohr versteht sich - das kennen wir ja schon. Ob so etwas einfach mit "Rufnummernknappheit" erklärt werden kann?


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