Oldenburger STACHEL Nr. 238 / Ausgabe 10/02      Seite 4
 
Inhalt dieser Ausgabe
 

Oft genannt und (fast) nicht bekannt

Das Hartz-Papier - was meint was?

Ein Grundlagentext zur Hartz-Debatte: Wir haben die meisten Aspekte, die direkt auf abhängig Beschäftigte und Erwerbslose wirken, der Sache nach (d.h. so wie im ,Hartz` geschrieben) zusammengestellt, jedoch den allg. Umbau der Bundesanstalt für Arbeit (BA) weggelassen. Wir machen zum Hartz in der ALSO eine Veranstaltung und zwar am Dienstag, dem 5. November um 20 Uhr unter dem Thema "Hartz und die Folgen für Erwerbslose und abhängig Beschäftigte".

Das Hartz-Papier zu "Modernen Dienstleistungen am Arbeitsmarkt" sollte nicht leitfertig als Wahlkampfgetöse abgetan werden. Zu sehr steht es in der Tradition, das Fortbestehen von Dauer- und Massenarbeitslosigkeit dazu zu nutzen, arbeitslosen Arbeitnehmern die Hürden vor dem Bezug von Lohnersatzleistungen immer höher zu hängen, die Arbeitslosenversicherung als stabilisierendes Element auf dem Arbeitsmarkt zu entwerten und zum Selbstbedienungsladen für Arbeitgeber zu machen. Zudem beeilte sich G. Schröder sowohl unmittelbar nach dessen Veröffentlichung, wie auch nach der Wahl zu betonen, das Hartz-Konzept solle "eins zu eins" umgesetzt werden [1]. Ein Papier also, das uns betrifft - und betroffen macht. Dennoch: sich wehren kann nur, wer mitreden kann. Daher jetzt: Das Hartz-Papier - was meint was? - zusammengestellt in Worten des Berichtes der Kommission über "Moderne Dienstleistungen am Arbeitsmarkt" vom 16.08.02. (Seitenangaben im Text weisen auf die Fundstellen bei "Hartz" hin)

Job-Center

Das JobCenter (S. 65 ff.) ist für alle AG und Erwerbsfähigen einer Region zuständig und soll mit höchster Priorität eingeführt werden. Hier werden alle Informations-, Beratungs- und Betreuungsleistungen organisiert und durch ein gemeinsames Schnittstellenmanagement koordiniert. Das Sozialamt bringt seine bisherigen Beratungsleitungen dazu ein (z.B. Gesundheits- oder Schuldnerberatung). Welche Leistung in welchem JobCenter erbracht wird, entscheidet die [BA-neu].

Konzept:

Integration der Vermittlung mit Information, Beratung und Betreuung zur Entlastung der Kernaufgaben im Vermittlungsprozeß.

Aufgaben:

· Leistungsberechnung und -auszahlung;

· Arbeitsmarkt-, Stellen- und Berufsberatung;

· Beratung und Betreuung zur Wiederherstellung der Beschäftigungsfähigkeit;

· Management der Qualifizierungsmaßnahmen;

· Überleitung an Personalserviceagentur;

· Einbindung notwendiger & sinnvoller Betreuungsdienste aus Jugend- und Wohnungsamt sowie Drogen-, Sucht- und Schuldnerberatung mit den neuen Dienstleistungen der [BA-neu] durch neu definierte Prozesse im Front-Office;

· Trennung der Finanzierungsverantwortlichkeit im Back-Office zwischen den Versicherungsleistungen und den Sozialleistungen (z.B. Kommune).

Definitionen und Vokabeln rund um das Job-Center:

Arbeitssuchende werden unterteilt in:

· Informationskunden: Arbeitssuchende, die in der Lage sind, die Stellensuche eigeninitiativ erfolgreich zu gestalten.

· Beratungskunden: Arbeitssuchende, die Beratungsbedarf haben hinsichtlich ihres Vorgehens bei der Arbeitsplatzsuche. Ziel ist, ihre fachliche und persönliche Vermittlungshemmnisse zu erkennen und zu beheben.

· Betreuungskunden: Arbeitssuchende, die durch erhebliche vermittlungshemmende Erschwernisse gekennzeichnet sind, zum Beispiel fehlende Arbeitsmarktnähe durch fachliche Defizite, persönliche Probleme, soziale Härten und gesundheitliche Probleme.

Dabei erfolgt eine organisatorische Differenzierung nach übergeordneten Bewerbermerkmalen (z.B. Jugendliche, Job-Familien) abhängig von Größe des JobCenters oder regionalem Arbeitsmarkt (Stadt/Fläche), die auf eine zielgruppenspezifische Ausrichtung der Prozesse im JobCenter entsprechend der Segmentierung der Arbeitssuchenden (Kundengruppen) hinausläuft.

Bei kundenabhängiger Intensität des Profilings werden nach einem Eingangsprofiling beim bedarfsweise durchgeführten Tiefenprofiling harte Kriterien (Jobhistorie) und Soft Skills (Motivation, Teamfähigkeit, Flexibilität) erhoben. Neben dem Stellenprofil wird das Wunsch- oder Ziel-Profil des Bewerbers erfaßt, wobei die Möglichkeit für AG, zukünftig Stellen für bestimmte Befähigungen oder Jobfamilien auszuschreiben, wiederum ein Matching zwischen benachbarten Qualifikations- und Branchenbereichen, somit Migrations- und Besetzungspfade innerhalb von Job-Familien ermöglicht.

Die Kodierung der Bewerber- und Stellenprofile entfällt zugunsten der Beschreibung der Job-Familie.

Die Hauptachse der Prozeßkette im JobCenter wird von Clearingstelle, Fallmanager (Betreuung des Arbeitslosen, ggf. Wiederherstellung der Beschäftigungsfähigkeit), Vermittler (Matchingprozeß) und PSA (Erklärung weiter unten im Text) gebildet. Ziel ist, die angebots- und nachfrageseitige Vermittlung aufeinander abzustimmen.

Die Clearingstelle organisiert die Kundensteuerung über Eingangsprofil und Entgegennahme von Unterlagen. Hier sitzen Generalisten mit guten sozial-kommunikativen Fähigkeiten.

Ihre Aufgaben:

· Erstgespräch führen;

· Leistungsvoraussetzungen klären und entsprechende Daten direkt in die EDV eingeben;

· Daten zu weiteren Fachkräften und Service-Stellen weiterleiten.

Der Fallmanager erstellt oder veranlaßt für Betreuungskunden das Tiefenprofiling und die Eingliederungsvereinbarung und organisiert die erforderlichen Maßnahmen zur Abklärung und Förderung der Integrationsfähigkeit mit den Vermittlern, weiteren Fachkräften des JobCenter und der PSA.

Vermittler aquirieren freie Stellen und matchen freie Stellen und Bewerber. Sie sollen

· den latenten und künftigen Stellenbedarf ermitteln und potenziellen Beschäftigungsrisiken proaktiv begegnen;

· mit Arbeitsuchenden deren Situation erörtern, Stellenangebote besprechen und Bewerbergespräche vorbereiten.

Sie tragen im Matching-Prozeß Ergebnisverantwortung und verfügen über individuelle Aktionsbudgets, um über Integrationsmaßnahmen, die an individuellen Hemmnissen des Arbeitnehmers ansetzen, selbständig entscheiden zu können.

Das JobCenter wird architektonisch offen gestaltet mit vielfältigen Informations- und Erlebniselementen (Job-Ticker, Info-Terminals, BIZ, Internet-BAr, Cafe/Bistro, Ausstellungsfläche).

Mobile oder stationäre Außendienste (Job-Boutiquen, z.B. in Einkaufszentren) können alle Kundengruppen nutzen.

Der Kunde Arbeitgeber soll besondere Aufmerksamkeit genießen. Ihm wird vom Vermittler ein angepaßtes Serviceprofil entwickelt und eine qualifizierte Bewerbervorauswahl getroffen. Ggf. werden bereits erste Bewerbungsgespräche geführt, worauf weitere Bewerbergespräche bei dem AG ggf. unter Beteiligung des Vermittlers folgen.

Großunternehmen erhalten feste Ansprechpartner, überregionale Großunternehmen werden im Rahmen des Key Account Management durch KompetenzCenter betreut, wobei die JobCenter und PSA die operativen Aufgaben leisten. Branchenspezifische Teams betreuen kleine und mittlere Unternehmen.

Freiheit der Wahl bei eindeutigen und transparenten Spielregeln:

Niemand ist gezwungen, eine angebotene Stelle anzunehmen, in die PSA einzutreten oder an einer Maßnahme zur Intgrationsförderung teilzunehmen. Doch wer von den JobCenter-Angeboten Gebrauch macht, muß auch Eigenaktivitäten zeigen und kann dann auch Geldleistungen auslösen. Bei - trotz intensiver Klärung der Situation und der geeigneten Handlungsoptionen - mangelhaften Eigenbemühungen wird das JobCenter in angemessener und differenzierter Weise seine Leistungen reduzieren oder schließlich einstellen. Hier steht ein qualifiziertes Beschwerdemanagement dem Arbeitslosen bei Regelverstößen des JobCenters neben oder vor der Sozialgerichtsbarkeit offen.

Eine Ausstiegsoption wird eingeführt, bei der bis längstens 5 Jahre ein (Wieder)- Einstieg in den Arbeitsmarkt bzw. die Leistungen des JobCenters möglich ist. Diese Option gilt nicht bei Unterbreitung eines zumutbaren Jobs.

Zu den Sperrzeiten sollen je nach Tatbestand Abstufungen oder die Minderung der Höhe der Leistung eingeführt werden (Flexibilisierung der Sperrzeiten). Die geringe Zahl der Sperrzeiten Mitte der 90er Jahre in der BRD, als nur 1,1 % der Arbeitslosen von Sperrzeiten betroffen waren (Dänemark 4,3 %, Großbritannien 10,3 %, Schweiz 40,3 %) wird mit der starren Sperrzeitregelung in der BRD erklärt, die daher flexibilisiert werden soll.

Ohne Leistung
keine Gegenleistung

Das JobCenter bietet seine Dienstleistungen in individuell paßgerechter Form an, zeigt mit den Erkenntnissen des Profiling und seinen Kenntnissen über Arbeitsmarkt- und Stellensituation Integrations- und Entwicklungsperspektiven auf. Wer diese Angebote nutzt und Eigenaktivitäten zeigt, kann Ansprüche auf soziale und materielle Sicherheit durch Geldleistungen einlösen.

Nach dem Leitprinzip "Eigenaktivitäten auslösen - Sicherheit einlösen" sollen die Arbeitslosen, befähigt vom Fallmanager bzw. Vermittler, selbst aktiv tätig werden. Handlungsoptionen werden aufgezeigt, Wahlmöglichkeiten angeboten. Diese Leistungen werden von der klaren und verbindlichen Einforderung eigener und selbständiger Bemühungen begleitet. Auf Basis des Tiefenprofilings wird eine schriftliche, verbindliche und gerichtsfeste Eingliederungsvereinbarung geschlossen. Die Beweislast für die erbrachten Eigenbemühungen trägt der Arbeitslose. Bei deutlich reduzierter Betreuungsquote sollen getroffene Vereinbarungen regelmäßig überprüft und nachgehalten werden.

Langzeitarbeitslosigkeit entsteht durch den gezielten Einsatz der neuen Instrumente (z.B. Ich-AG, PSA, neue Zumutbarkeit, Quickvermittlung) nicht mehr. Der hohen Service-Qualität des JobCenters korrespondiert die starke Mitwirkungs- und Eigenleistungspflicht des Arbeitslosen.

Neue Zumutbarkeit

(S. 93 ff.) Es gibt eine Angebotspflicht (seitens des Vermittlers) und eine Annahmepflicht (seitens des Arbeitslosen).

Die Leistungen des Arbeitsamtes gibt es nur so lange ungekürzt, wie sich der Arbeitslose unter folgenden Bedingungen aktiv um Arbeit bemüht:

· geographische Mobiliät, abgestuft nach Familienstand,

· Umzug bei unbefristetem Vollzeitjob, wenn dies nicht unwirtschaftlich ist (nicht jedoch bei betreuungsbedürftigen Angehörigen),

· Förderung regionaler Mobilität durch pauschalierte Mobilitätsprämien.

Zumutbar sind auch Arbeiten bei geringerem Lohn, unterqualifizierter Tätigkeit in der eigenen oder einer ähnlichen Job-Familie, für die der Arbeitssuchende nicht qualifiziert ist oder in der bisher nicht gearbeitet wurde Berufliche Statusminderung ist unvermeidlich, wenn nur so der Arbeitslosengeldbezug beendet werden kann. Dann ist auch Zeitarbeit oder die PSA zumutbar. Alleinstehenden ist eher unqualifizierte oder minderbezahlte Arbeit zumutbar als Familienernährern.

Die Zumutbarkeit steigt mit der Dauer der Arbeitslosigkeit. Jungen und ungebundenen Arbeitslosen kann nach drei Monaten ein Umzug zugemutet werden. Auch bei anderen Arbeitslosen steigt mit Dauer der Arbeitslosigkeit die erwartete Mobilität. Die Zumutbarkeitstabelle weist ab dem siebten Monat Arbeitslosigkeit alle Jobs innerhalb der BRD als zumutbar aus, deren Verdienst die Höhe des Alg erreichen - ohne Rücksicht auf den Familienstand.

Beschäftigung bei der PSA soll ab dem ersten Tag der Arbeitslosigkeit zumutbar sein (S. 152).

Quick-Vermittlung

(S. 81 ff.) Der Erwerbstätige hat bei Erhalt der Kündigung oder der Vereinbarung über Aufhebung des Arbeitsvertrages (AV) die Pflicht zur Arbeitslosmeldung. Ebenso ist er verpflichtet, bei Vereinbarung einer Befristung des AVs diese Befristung zu melden. Die Meldefrist beginnt lt. gesetzlicher Kündigungsfrist zwischen 2 Wochen und 7 Monaten vor der Arbeitslosigkeit.

Mit der Kündigungsfrist beginnt eine umfassende Betreuung durch das JobCenter, um Vermittlungsfähigkeit abzuklären und bei Bedarf zu fördern

Der Arbeitnehmer (AN) soll durch den Arbeitgeber (AG) für die Suche nach einer neuen Beschäftigung (Beratungs- oder Bewerbungsgespräche) freigestellt werden.

Umgesetzt werden könnte diese Regelung, indem AG und AN die freigestellte Zeit je hälftig tragen. Arbeitnehmerseitig werden dabei Urlaubsansprüche oder Arbeitszeitguthaben eingebracht (Voraussetzungen: Nachweispflicht des AN über seine Aktivitäten in der Freistellungsphase). Auf der anderen Seite wirkt der AG an der Profilerstellung ("Profiling") zum AN mit.

Bei verspäteter Arbeitslosmeldung treten pauschale Kürzungen beim Arbeitslosengeld (Alg) ein ("Karenzzeitregelung". Diese betragen 7 Euro je Tag der verspäteten Meldung bei einem Bruttoverdienst von weniger als 1.700 Euro, 35 EUR bei weniger als 3.100 Euro, bei einem Bruttoverdienst über 3.100 Euro 50 Euro.

Familienfreundliche Vermittlung

(S. 85 ff) Arbeitslose mit Angehörigen erhalten - bei geringeren Mobilitätsanforderungen - eine vorrangige und beschleunigte Vermittlung ("Stellenangebote"). Das Jobcenter gewährt Hilfe zur Kinderbetreuung und Wohnungssuche.

Arbeitslose bekommen eine intensive Betreuung durch Fallmanager und individuell zugeschnittene Maßnahmen. Es gibt eine nachgehende Betreuung schwieriger Integrationsfälle, Meldung einer Zusammenstellung Arbeitsloser mit Familienangehörigen zu jedem Wochenanfang an den Vorstand der [BA-neu], die Leitung des [AA-neu], den Geschäftsleiter des Jobcenters. Letzterer muß sich regelmäßig über den individuellen Fall unterrichten lassen. Bürgermeister, Personalchefs und Medien werden in die Vermittlung Arbeitsloser mit Familien eingeschaltet;

JobCenter prüfen die Notwendigkeit des Aufbaues zusätzlicher Kinderbetreuungskapazitäten. Ein Bonussystem nach objektiven Kriterien und als Grundlage für ein leistungsabhängiges Vergütungssystem bietet Anreiz für die Vermittler.

Jugendliche Arbeitslose -
AusbildungsZeit-Wertpapier

(S. 105 ff.) Gegen die Jugendarbeitslosigkeit soll die Zukunftsfähigkeit der Jugendlichen gesetzt werden. Hierzu zählen die stärkere Praxisorientierung und Betreuung im Bildungssystem, arbeitsmarktfähige Ausbildungsberufe (mehr Ausbildungsordnungen mit weniger komplexen Anforderungen) und Angebote arbeitsmarktfähiger Qualifizierungsbausteine für jugendliche Arbeitslose, vermittelt über Betriebe in Kooperation mit außerbetrieblichen Trägern. Arbeitslose Jugendliche aus den neuen Bundesländern sollen angesichts dort fehlender Ausbildungs- und Arbeitsplätze in anderen Regionen der BRD oder Europas qualifiziert werden und durch betriebliche, schulische und kommunale Paten- ud Partnerschaftsprogramme mit der Region verbunden bleiben und so der sich anbahnenden Verknappung von Fachkräften inbesondere in den neuen Bundesländern vergebeugt werden. Gerade für schwer vermittelbare, schwer integrierbare Jugendlichen, die in Schule und Ausbildung gescheitert sind,

· bietet die PSA die Möglichkeit, über Erwerbsarbeit und Betriebspraktika Erfolgserlebnisse und Anerkennung zu erlangen,

· bieten Kommunen Kontingente von Einfacharbeitsplätzen und (Übungs)-Werkstätten mit ergänzender intensiver Betreuung durch die Angebote der JobCenter.

Über ein mehrschichtiges Finanzierungssystem, in dessen Zentrum das AusbildungsZeit-Wertpapier (AZWP) steht, soll in einer Gemeinschaftsaktion aller gesellschaftlichen Gruppen ein dauerhaftes Ausbildungssystem für die Zukunft etabliert werden. Das AZWP

· dient der Organisation und Finanzierung zusätzlicher Ausbildungsstellen;

· garantiert eine Ausbildung als zweck- und personengebundenes Wertpapier. Einlösbar ist dies in Betrieben, die neue oder zusätzliche Ausbildungsplätze schaffen, höchstens im Verhältnis 1 zu 1 mit herkömmlichen Ausbildungsplätzen.

Finanzierung:

Eine lokale/regionale Stiftung wickelt alle notwendigen Prozesse ab. Zur Finanzierung dieser Stiftung tragen bei:

1. ein landesweites Rabattkartensystem, wobei Kundenrabatte ("Rabattte für mehr Ausbildung") und Händlerpauschalen (bestimmter Prozentsatz des Umsatzes) der Stiftung zufließen.

2. Eltern, Großeltern etc. können AZWP in beliebiger Höhe erwerben, die auf den Namen von Kinder oder Enkelns laufen und diesen die Finanzierung von Ausbildung oder Studium garantieren. Unternehmen, die über AZWP Jugendliche ausbilden, zahlen einen Beitrag in Höhe der Wertschöpfung des Auszubildenden an die Stiftung. Im Falle des Studiums wird der AZWP-Wert incl. vorher festgelegter Zinsertrag "pro rata" ausbezahlt.

Die Stiftung muß anfänglich durch Darlehen vorfinanziert werden, für die die öffentliche Hand eine Ausfallbürgschaft von 100 EUR je Haushalt der Region zeichnet.

Ältere AN - Bridge-System (S. 117 ff.)

Die Erwerbsbeteiligung älterer Arbeitnehmer soll erhöht werden. Variante I: die Lohnversicherung, aus der bei Rückkehr eines älteren AN auf den Arbeitsmarkt durch Aufnahme eines schlechter bezahlten Jobs für eine Übergangszeit eine Einkommensaufstockung (inkl. Sozialbeiträge) gezahlt wird, längstens jedoch so lange, wie auch Arbeitslosengeld gezahlt worden wäre. Variante II / BridgeSystem: Der Arbeitslose kann ab 55 Jahren auf die Vermittlung durch das JobCenter verzichten und erhält bis zum 60. Lebensjahr einen monatlichen Betrag, der sich aus seinem verbleibenden Arbeitslosengeldanspruch errechnet.

Das BridgeSystem soll bei höherem Arbeitskräftebedarf wie auch andere Sondermodelle für ältere Arbeitnehmer zurückgeführt werden und schlußendlich auslaufen.

Vereinfachung von Leistungen und Verwaltung - Zusammenführung von Arbeitslosenhilfe und Sozialhilfe (S. 125 ff.)

Ein Arbeitslosengeld 1 soll in Höhe und Dauer im Grundsatz dem bisherigen Arbeitslosengeld entsprechen. Ein Arbeitslosengeld 2 soll bisherigen arbeitsfähigen Beziehern von Arbeitslosenhilfe und Sozialhilfe gezahlt werden. Das JobCenter erbringt für diese die Leistungen, dessen Fallmanager entscheiden zusammen mit dem ärztlichen Dienst über deren Arbeitsfähigkeit, die regelmäßig zu überprüfen ist. Arbeitslosengeld 2 ist steuerfinanziert und bedürftigkeitsabhängig, der Familienstatus wird erhoben und berücksichtigt, Beiträge zur Kranken- und Pflegeversicherung sind vorgesehen. Die Rentenversicherungspflicht soll geprüft werden.

Ein Sozialgeld, entsprechend der bisherigen Hilfe zum Lebensunterhalt, wird vom Sozialamt an alle nicht erwerbsfähigen Personen erbracht.

Wird das Ziel aller Hartz-Maßnahmen - die Absenkung der Arbeitslosigkeit um zwei Millionen bis zum 31.12.2005 - nicht erreicht, ist kurzfristg über weitere Maßahmen zu entscheiden, z.B. die zeitliche Begrenzung des Arbeitslosengeldes.

(Einschub: Die eingangs genannten "Eckpunkte für eine neue Ordnung auf dem Arbeitsmarkt" der alten wie neuen Bundesregierung nennen das Arbeitslosengeld 2 "Fördergeld", das "über dem Niveau der Sozialhilfe liegen" soll. Erwerbsfähige ohne Arbeit sollen weniger Geld haben als diejenigen mit Arbeit. "Fördergeld ist Teil des Prinzips des Förderns und Forderns." Nach Verletzung der Mitwirkungspflichten sollen "spürbare Sanktionen - in Form von Leistungskürzungen - eintreten.")

Weitere Vereinfachung
von Leistungen
und Verwaltung

(bei der Bestimmung der Höhe der Lohnersatzleistungen; S. 133)

Die Berechnung der Lohnersatzleistung soll vereinfacht werden. Grundlage der Berechnung des Alg soll grundsätzlich das letzte Jahr der Beschäftigung werden. Wer heute bspsw. in Teilzeit arbeitet, nach Wechsel in einen schlechter bezahlten Job erwerbslos wird oder seine Arbeitslosigkeit durch Aufnahme eines schlechter bezahlten Jobs zwischenzeitlich beendet und dann erneut arbeitslos wird, kann unter bestimmten Umständen unter Rückgriff auf Schutzbestimmungen des Arbeitsförderungsrechtes Einbußen bei der Lohnersatzleistung vermeiden. Diese Schutzregelungen sollen entfallen, um Verwaltungsaufwand bei der Bundesanstalt für Arbeit zu senken.

Der Wechsel zwischen den Leistungsarten Arbeitslosengeld und Unterhaltsgeld/Anschlußunterhaltsgeld soll entfallen (kein neuer Leistungsbescheid).

Alle Arten der Lohnkostenzuschüsse werden zusammengefaßt und neben der PSA eine in Höhe und Dauer bedarfsgerechte, einheitliche Eingliederungsleistung vorgesehen.

Leistungen zur Förderung von Vermittlung und Mobilität (das sind Fahrtkosten, ergänzende Lernmittel, Kinderbetreuung) werden pauschaliert als einmaliger Zuschuß gezahlt.

Einführung einer Signaturkarte

(S. 130 ff.) Mit der Signaturkarte verbunden ist der Aufbau einer zentralen Archivstelle (Datenbank) zur Speicherung von Beschäftigungsdaten und Verdienstbescheinigungen. Verbunden ist damit die Einführung einer einheitlichen Versicherungsnummer aller Sozialversicherungsträger.

Ein Schaubild zu diesem "System der zentralen Archivierung von Beschäftigungsdaten" deutet an, daß Arbeitgeber diese Datenbank einerseits mit Beschäftigtendaten füllen, andererseits sich auch Informationen aus dieser oder aus einem nebenstehenden Verzeichnisdienst nutzen können.

PSA: PersonalServiceAgentur

(S. 147 ff.) Wichtigstes Ziel ist, bei Arbeitgebern Hemmschwellen abzubauen, Arbeitslosen Beschäftigung zu geben. Herzstück des Abbaus der Arbeitslosigkeit ist die PSA, eine neue Form der integrationsorientierten Zeitarbeitsgesellschaft.

Aufgaben: Die PSA

· erbringt flächendeckend Dienstleistungen für die JobCenter (als eigenständige Busineß Unit);

· entscheidet über die Einstellung solcher Erwerbsloser, die das JobCenter dazu als geeignet einstuft;

· stellt auf arbeitsvertraglicher Grundlage in sozialversicherungspflichtige Beschäftigung ein

· identifiziert und initiiert Möglichkeiten und Maßnahmen zur Weiterqualifizierung der PSA-Mitarbeiter;

· schafft Arbeitsangebote für den partiellen Arbeitsmarkt zu günstigen Bedingungen und schafft so aus dem latent bestehenden Bedarf in diesem Bereich eine Nachfrage nach Arbeitskräften;

· entlastet Arbeitgeber von eigener Personaladministration und bietet diesen Möglichkeiten, Mitarbeiter zu suchen und zu geringen Kosten auf Probe oder gegen Entgelt zu entleihen.

Das Feld der gemeinnützigen und gesellschaftlichen Arbeit wird durch Nutzung von PSA-Arbeitnehmern neu gestaltet. Der Kündigungsschutz wird im Ergebnis neutralisiert. Arbeitgeber erhalten eine einfache Möglichkeit, PSA-Arbeitnehmer kennenzulernen.

Das [AA-neu] kontrolliert unmittelbar die PSA-Arbeitnehmer-Vertragsgestaltung, die in tarifliche Strukturen und Europarecht eingebunden sein müssen. Die PSA können von Dritten allein, vom [AA-neu] zusammen mit Dritten oder allein vom [AA-neu] in privater Rechtsform betrieben werden, wobei erstere (Markt-)Varianten bevorzugt werden sollen. Ziel ist, daß sich die PSA als Busineß Unit mit eigener Geschäftsführung und Verwaltung selbst tragen.

Die Vermittlung Erwerbsloser an die PSA kann ab dem Zeitpunkt der Beendigung ihres letzten Beschäftigungsverhältnisses erfolgen (unter Beachtung der neuen Zumutbarkeit). Deren Ablehnung hat leistungsrechtliche Konsequenzen für den Arbeitslosen. Die Entlohnung erfolgt in Höhe eines Nettolohnes, der in der sechsmonatigen Probezeit dem Arbeitslosengeld entspricht, danach lt. PSA-Tarif erfolgt. Die Probezeit sollte bewährungsabhängig verkürzt werden.

"Temp to Perm" ist Ziel der PSA (von temporärer zu permanenter Beschäftigung über den Klebeeffekt im Entleihbetrieb).

Die PSA führt in verleihfreier Zeit Coaching-Maßnahmen zur Unterstützung der Vermittlung in den ersten Arbeitsmarkt und betriebsnahe Qualifizierungsmaßnahmen durch.

In strukturschwachen Regionen kann über die PSA verstärkt in gemeinnützige und ehrenamtliche Tätigkeiten vermittelt werden.

PSA (wie auch private Personaldienstleister) können aus dem gesamten Pool des JobCenter vermittlungsfähiger Arbeitskräfte Bewerber rekrutieren.

Eine effektive Arbeit der PSA ist - bei tariflichen Regelungen für die PSA - nur bei Aufhebung von Beschränkungen des Arbeitnehmerüberlassungsgesetzes möglich. Dies betrifft folgende Aspekte:

· Synchronisations- und besonders Befristungsverbot;

· Verbot der Zeitarbeit im Bauhauptgewerbe;

· Beschränkung der überlassungsdauer;

· administrativen Auflagen wie die Pflicht zu muttersprachlichen Arbeitsverträgen und der Ausstellung von Kontrollmitteilungen;

· Wiedereinstellungsverbot.

Ich-AG, Familien-AG
und Mini-Job

(S. 163 ff.) Diese Modelle sollen die Schwarzarbeit grade im Bereich haushaltsnaher Dienstleistungen reduzieren helfen. Ggf. wären diese Konzepte später auch für Nicht-Arbeitslose und nicht-haushaltsnahe Dienstleistungen zu öffnen.

Die Ich-AG ist eine Vorstufe zur Selbständigkeit und soll nach drei Jahren in die volle Selbständigkeit führen. Der gestaffelte Zuschuß wird einmalig für bis zu drei Jahre gezahlt.

Alle Einnahmen der Ich-AG werden - nach Abzug von Steuerfreibeträgen und der vollen Sozialversicherungsbeiträge (Arbeitgeber- und Arbeitnehmeranteil) - zu 10 -prozentige besteuert bei einer Verdienstgrenze von 25.000 Euro pro Jahr.

Kleine Unternehmen können Ich-AG's höchstens im Verhältnis von 1 : 1 zu normalen Arbeitnehmern beschäftigen, private Haushalte ohne Begrenzung.

Eine Ich-AG mit Beschäftigung eines mithelfenden Familienangehörigen heißt Familien-AG.

Mini-Jobs in privaten Haushalten bei einer Geringfügigkeitsgrenze von insgesamt 500 Euro (brutto, auch bei mehreren Mini-Jobs), erleichtertem Versicherungseinzugsverfahren und steuerlicher Förderung soll Erwerbslosen und Nichterwerbstätigen ermöglicht werden. Der 10prozentige Sozialversicherungsbeitrag geht hälftig an die Kranken- und die Rentenversicherung.

JobFloater - Finanzierung von Arbeit statt von Arbeitslosigkeit (S. 265 ff.)

Eingestellte Mitarbeiter werden mit "JobKapital" ausgestattet. Dies funktioniert so, daß Unternehmen, die AN nach der Probezeit weiterbeschäftigen, Zugang zu weiteren Darlehen erhalten, die von der Kreditanstalt für Wiederaufbau, damit vom Bund, garantiert werden. Die Kreditvergabe ist an die Schaffung eines neuen Arbeitsplatzes und die Bonität des Unternehmens gebunden, die von der Hausbank geprüft wird.

Vorgehensweise:

· Die PSA stattet eine "bedarfsorientierte Mannschaft mit Rucksack ,JobFloater` aus,

· der Beschäftigte hinterlegt den JobFloater bei Arbeitgeber,

· das Unternehmen erhält von seiner Hausbank nach Bonnitätsprüfung Mittel von der Kreditanstalt für Wiederaufbau und ergänzt diese um einen Bankanteil von 50%.

JobFloater als Beteiligungsmodell

Der Mitarbeiter beteiligt sich an der Tilgung des JobFloaters und erhält im Gegenzug z.B. eine Gewinnbeteiligung, Genußrechte, bedingte Aktienpläne o.ä.

Zwischen 50.000 und 200.000 Arbeitsplätze sollen via JobFloater jährlich entstehen.

Zusammenstellung Guido Grüner

(Arbeitslosenselbsthilfe

Oldenburg/quer)

[1] Auch der Kabinettsbeschluß vom 20. Aug. 2002 über "Eckpunkte für eine neue Ordnung auf dem Arbeitsmarkt ist aus dem Hartz-Papier geradeweg abgeschrieben (vgl. Vorlage des Arbeitsministeriums, IIa 1 - 20 033 - 23).

 

 
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