Buchankündigung:
Leiharbeit und Erwerbslosigkeit
Ein Handbuch zum kritischen Umgang mit Arbeitsamt und Leiharbeit von Wolf Herzberg
Bundesregierung und Arbeitgeberverband haben angesichts steigender
Arbeitslosenzahlen nichts Besseres zu tun, als über Niedriglöhne und deren
Bezuschussung nachzudenken. Das im Januar 2002 in Kraft getretene
Job-Aqtiv-Gesetz reichte ihnen noch nicht. Schon mit diesem Gesetz werden
Erwerbslose mehr als bisher dazu gedrängt, Beschäftigungen zu niedrigem
Entgelt und unterhalb ihrer Qualifikation anzunehmen. Die gewerbsmäßige
Arbeitnehmerüberlassung bzw. die Leiharbeit spielt dabei eine besondere
Rolle. Das oldenburger Arbeitsamt möchte z. B., daß Jugendliche
betriebliche Praktikas in Leiharbeitsfirmen absolvieren.
Sowohl was den Umsatz der Leiharbeitsbranche als auch was die Zahl
der in dieser Branche tätigen ArbeitnehmerInnen betrifft, sind in
jedem Jahr zweistellige Zuwachsraten zu verzeichnen. Die
Leiharbeitslöhne gehen dagegen zusehends in den Keller. Nach einer
Untersuchung des Instituts für Arbeitsmarkt- und Berufsforschung
(IAB), des Forschungsinstituts der Bundesanstalt für Arbeit, lag das
Niveau dieser Löhne im Jahr 1995 um mehr als ein Drittel (genau: 36,6
Prozent) unter dem von Beschäftigten in der Gesamtwirtschaft. 1980
betrug diese Differenz noch 23 Prozent. Für das Jahr 1998 wird vom IAB
bei westdeutschen männlichen Leiharbeitern sogar eine Unterschreitung
von 39,5 Prozent festgestellt.
Leiharbeit bedeutet, daß ArbeitnehmerInnen im gleichen Betrieb und bei
gleicher Arbeit erheblich von einander abweichende Löhne erhalten. Es
entstehen zwei Klassen von Beschäftigten. Tarifliche, arbeitsrechtliche und
betriebsverfassungsrechtliche Vorschriften gelten in erster Linie für die
Stammarbeitskräfte, jedoch nicht in gleicher Weise für die
LeiharbeitnehmerInnen.
Wucherlöhne in der Leiharbeit?
Der Lohnunterschied zwischen Gesamtwirtschaft und Leiharbeitsbranche läßt
vermuten, daß von den Verleihfirmen auch Wucherlöhne gezahlt werden. Der
Bundesgerichtshof hat in einem Urteil von 1997 festgestellt, daß
arbeitsrechtlich ein Verdienst unzumutbar ist und als Wucherlohn bezeichnet
wird, der um mehr als ein Drittel unter dem ortsüblichen Lohn liegt.
Dennoch werden die Leiharbeitsfirmen von Arbeitsämtern hofiert. Sie gelten
als seriös und für sie zu arbeiten wird Erwerbslosen unter Androhung von
Sanktionen (zwölfwöchige Sperrzeit) als zumutbar aufgedrückt. Die Löhne für
diese Arbeit werden nicht beanstandet. Im Gegenteil: Nach einem Runderlaß
der Bundesanstalt für Arbeit von Juli 2000 reicht es den Arbeitsämtern, wenn
für Leiharbeit der bei Verleihern ortsübliche Lohn gezahlt wird, also einer,
der im Durchschnitt um mehr als ein Drittel unter den vergleichbaren in der
Gesamtwirtschaft liegt. Zu fragen wäre, ob die Arbeitsämter Erwerbslose
damit nicht auf gesetzeswidrige Arbeitsplätze vermitteln und das
Sozialstaatsprinzip verletzen. Wird Erwerbslosen also bei der Vermittlung
auf Leiharbeitsstellen der verfassungsrechtlich garantierte Mindestschutz
verwehrt?
Ein Handbuch für Rechts- und
Sozialberater und Ratsuchende
Die besondere Situation bei der Vermittlung auf Leiharbeitsstellen durch die
Arbeitsämter macht es nötig, alle Fragen, die sich Erwerbslosen rund um
diese Vermittlung stellen, genau zu durchleuchten. Im demnächst
erscheinenden Buch werden daher sowohl die arbeitsrechtlichen Probleme und
die politischen und sozialstrukturellen Hintergründe der Leiharbeit als auch
die bei den Arbeitsämtern auftauchenden Fragen, beispielsweise zur
Arbeitsvermittlung, zur Zumutbarkeit von Beschäftigungen, zur Zusammenarbeit
mit privaten Vermittlungsagenturen und Bildungsträgern, eingehend
beschrieben. Es enthält Tipps und Anregungen zum Verhalten beim
Vermittlungsgespräch, bei Bewerbung und Gesprächen bei einer
Leiharbeitsfirma und zum Leiharbeitsvertrag und gibt Hinweise auf
Mitbestimmungsrechte im Verleih- und Entleihbetrieb.
Die rechtlichen Bestimmungen des Arbeitnehmerüberlassungsgesetzes
(AÜG) werden ebenso wie die des SGB III, einschließlich des im Januar
2002 in Kraft getretenen Job-Aqtiv-Gesetzes, ausführlich
dargestellt. Die aktuellen Zumutbarkeitsbestimmungen für die Aufnahme
einer Beschäftigung im Arbeitsförderungsrecht werden auch anhand eines
historischen Vergleichs einer grundsätzlichen Kritik unterzogen.
Das Buch (ISBN-Nr. 3-89438-233-3) ist im Mai 2002 im
PapyRossa-Verlag erschienen. Umfang: 310 Seiten, Preis: 16,90 Euro.
Das Buch ist sowohl im Buchhandel erhältlich als auch bei der
Arbeitslosenselbsthilfe Oldenburg, Kaiserstraße 19, 26122 Oldenburg,
Fax 0441/16934, e-mail: also@-zentrum.de.
ALSO
|