Keine Abschaffung der Arbeitslosenhilfe!
Liebe Kolleginnen und Kollegen, liebe Freundinnen und Freunde!
Verhindert mit uns zusammen, daß Schröder durchsetzt, was Kohl
gegen Gewerkschaften und sozialdemokratische Opposition in 16 Jahren
nicht geschafft hat: Die Abschaffung der Arbeitslosenhilfe!
Die Jagdsaison vor den Bundestagswahlen ist eröffnet: Mal wieder
scheinen Arbeitslose mit ihrem angeblich so hohen Einkommen und ihrem
an den Stammtischen bewiesenen Faulenzertum das geeignete Freiwild zu
sein. Nicht nur der frisch gebackene zackige Chef der Bundesanstalt
für Arbeit, Florian Gerster möchte den Druck auf Arbeitslose
erhöhen. Nach seinen Plänen würde die Bezugsdauer vom Arbeitslosengeld
für Ältere verkürzt und das Arbeitslosengeld würde innerhalb eines
Jahres schrittweise auf Sozialhilfeniveau abgesenkt werden. Die
Arbeitslosenhilfe, obwohl niedriger als das Arbeitslosengeld,
kommt in seinen Vorstellungen erst gar nicht mehr vor. Da ist er in
bester Gesellschaft: Mal steht die Arbeitslosenhilfe bei der
Bundesregierung auf der Abschußliste; dann wird wieder alles
dementiert.
Aber bis 2004 soll die "große Reform" der Zusammenlegung von
Arbeitslosenhilfe und Sozialhilfe abgeschlossen sein, versprach
Schröder den Unternehmern auf einem Kongreß der Deutschen
Industrie- und Handelskammer im Februar.
Sozialhilfe statt Arbeitslosenhilfe
nach 1 Jahr Arbeitslosigkeit
Arbeitslose bis 45 Jahre erhalten z.Z. maximal 1 Jahr
Arbeitslosengeld, auch wenn sie 25 Jahre lang gearbeitet und
eingezahlt haben. Danach haben sie zur Zeit noch einen Anspruch auf
Arbeitslosenhilfe, die niedriger ist und bei der schon schwere
Zugangsbarrieren zu überwinden sind. Diese Arbeitslosenhilfe soll, so
die Pläne, gestrichen werden.
a) Arbeitslose müssen dann Rücklagen für das Alter, z.B.
kleine Lebensversicherungen, auflösen und verbrauchen.
b) Arbeitslose müssen dann ihr Auto verkaufen. Sie dürfen
nur eine Rostbeule im Wert von max. 1278 Euro besitzen.
c) Arbeitslose müssen dann damit rechnen, daß ihre Eltern
oder volljährigen Kinder die Sozialhilfe an das Sozialamt
zurückzahlen müssen, denn das Sozialamt verzichtet nicht auf
deren Heranziehung.
d) Arbeitslose müssen dann in den billigsten Wohnungen
des Ortes leben, ansonsten fordert das Sozialamt zum Umzug auf.
e) Arbeitslose müssen dann mit 286 Euro im Monat
auskommen, wenn sie alleinstehend sind. Damit sollen alle Kosten
gedeckt sein für: Ernährung, Strom und Warmwasser, Telefon, Busfahrkarten,
Bankgebühren, Tageszeitung, Hygiene- und Körperpflegeartikel,
Sportvereinsbeitrag, Bahnfahrkarten, Putzmittel, Anschaffung
kleiner Haushaltsgegenstände, Friseur, Kneipen- und
Kinobesuche, Geburtstagsgeschenke und -feier,
Fahrradreparaturen und Genußmittel
Arbeitslose und deren Familien sollen in die Sozialhilfe gedrängt
werden. Armut, Niedriglohnjobs und ungeschützte Beschäftigung
sollen zur Normalität werden. Dies betrifft ebenso die Noch-
Erwerbstätigen, die in Zukunft arbeitslos werden können.
Genau, krakeelt da auch ein Herr Effenberg in München, die Stütze
für Arbeitslose müsse auf ein Minimum herabgesetzt werden.
Denn: "Viele können offensichtlich von Arbeitslosengeld so gut
leben, daß sie keine Lust haben, morgens früh aufzustehen und
bis in die Abendstunden zu buckeln..." Herr Effenberg hat markige
Sprüche gegen Arbeitslose auf Lager, die für ihn Drückeberger und
Absahner sind. Dafür hat er Schelte bekommen. Aber letztendlich
verhalten sich alle politisch gewählten und alle selbst ernannten
Wortführer der Jagdgesellschaft im Ergebnis gleich: Alle schüren
und bedienen das weit verbreitete Vorurteil, daß es den
Arbeitslosen zu gut geht und daß nicht genug Druck auf
Arbeitslose von den Ämtern ausgeübt wird.
Das Ziel dieser Treibjagd lautet: Arbeitslose sollen auch Jobs
annehmen müssen, von deren Bezahlung niemand leben kann und deren
Arbeitsbedingungen weit hinter denen der Normalbeschäftigten
liegen. Die Abschaffung der Arbeitslosenhilfe wäre der schwerste und
folgenreichste Einschnitt in das bundesdeutsche Wirtschafts- und
Sozialsystem seit vielen Jahren. Die dadurch sinkende Kaufkraft der
Bevölkerung bringt große finanzielle Einbußen für den wirtschaftlichen
Klein- und Mittelstand vor Ort. Auf die Arbeitseinkommen und
Arbeitsbedingungen der Erwerbstätigen wird durch die Abschaffung der
Arbeitslosenhilfe ein großer Druck ausgeübt.
Aber, wer in Deutschland einen Platz auf einem Hochsitz ergattert
hat und auf der Gewinnerseite steht, scheint sich trotz oder sogar
wegen all dieser Folgen bemüßigt zu fühlen, Jagd auf Arbeitslose
und ihre vermeintlich satten Waidgründe zu machen:
Stoppt dieses grassierende Jagdfieber! Hände weg von der
Arbeitslosenhilfe! Keinen weiteren Abbau von sozialen Leistungen!
Rainer Müller
für die Arbeitsloseninitiative im
Arbeitslosenzentrum Brake
Hafenstraße 2 26919 Brake
Tel.: 0 44 01/47 46 Fax: 0 44 01/52 37
E-Mail: alzbrake@nwn.de
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