Ausgabe 4/02 | Seite 16 | |||||
Wattwanderung gegen Raketentests
Naturerleben mit Wattwanderung als Protest gegen die Raketentests in Meldorfer BuchtAm Pfingstsonntag, den 19. Mai 2002 um 10 Uhr laden die Deutsche Friedensgesellschaft - Vereinigte KriegsdienstgegnerInnen (DFG-VK) Landesverband Hamburg/Schleswig-Holstein und die Bewegung gegen den Krieg Dithmarschen herzlich ein. Treffpunkt: Beim Informationszentrum Nationalpark-Wattenmeer "Wattwurm" an der Meldorfer Bucht. Das Wattenmeer als Waffenerprobungsgelände der Rüstungsindustrie und der Bundeswehr. Seit Jahrzehnten werden im Dithmarscher Wattenmeer Waffensysteme für die Bundeswehr erprobt und weiterentwickelt. War es zu Beginn der achtziger Jahre die Firma Rheinmetall, die "endphasengelenkte Artilleriemunition" perfektionierte, wurden in den neunziger Jahren Artillerieflugbahnen pedantisch genau vermessen. Zu diesem Zweck wurde im "clear range - Verfahren" aus dem Speicherkoog Dithmarschen-Süd auf das Watt geschossen. Seit dem Ende der neunziger Jahre ist ein gigantisches, künstlich ausgebaggertes Wasserbecken in Betrieb, in dem die Abwehr "schneller Unterwasserlaufkörper" sprich Torpedos mit konventionellem oder Raketenantrieb erprobt wird. Seit November 2001 sind die neuen Hochgeschwindigkeitsraketen ARMIGER hinzugekommen. Diese Raketen werden von dem Koog aus ins Wattenmeer abgefeuert. Die Bundeswehr hält das Wattenmeer als Raketenübungsplatz für geeignet, weil sie meint, hier die Reichweiten ihre Hyperschall-Flugkraketen unbehindert und ungestört von jeglicher Zivilisation austesten zu können. Bei Ebbe sammeln sie ihre getesteten Raketen im Watt wieder ein. Die nicht gefunden werden, verschwinden als gefährlicher Sondermüll unter der Oberfläche des Watts, und werden noch für Generationen eine Gefahr darstellen. Weil das Wattenmeer Lebensraum für Tiere und Pflanzen bietet, die nur in diesem Ökosystem überleben können und als Naturschutzgebiet für die Regeneration von Mensch und Natur unverzichtbar ist wurde das schleswig-holsteinische Wattenmeer zum Nationalpark und ist kein Truppenübungsplatz. In dem Gebiet, indem die Bundeswehr ihre Raketen abfeuert, leben mehr als 40.000 Vögel. Diese Vögel werden durch die Raketen und die sie begleitenden Hubschrauber häufig zu Tode erschreckt und auf den Sandbänken finden sie nicht mehr die notwendige Ruhe zum Brüten. Naturschutz und Waffenerprobung sind miteinander nicht zu vereinbarende Gegensätze: Naturschutz dient der Bewahrung der Lebensgrundlagen, die durch Kriegsvorbereitung und Krieg vernichtet werden. Das neue Raketensystem ARMIGER soll von der Bundeswehr für weltweite Kriegseinsätze verwendet werden. Es dient der Vorbereitung künftiger Kriege. Auch der Krieg in Afghanistan ist in Schleswig-Holstein, wie hier im Wattenmeer, vorbereitet worden. Dieses wird uns als Friedenssicherung weisgemacht, hat aber damit nichts zu tun. Ebensowenig wie Naturschutz und Militär miteinander vereinbar sind, kann Frieden durch Krieg geschaffen werden.
Was können wir tun?Die Bundeswehr ist auf die Erprobung ihrer Waffen für den Kriegsfall angewiesen. Wenn es gelingt, der Bundeswehr das Wattenmeer für ihre Kriegserprobung zu entziehen, ist das ein Nadelstich gegen die weitere Militarisierung unserer Gesellschaft. Wir wollen mit dieser Protestwanderung dafür eintreten, daß das Wattenmeer endlich als Weltnaturerbe anerkannt wird und es zum UNESCO-Biosphärenreservat zu erklären.
Das Wattenmeer als Modellregion für eine Kultur des FriedensBiosphärenreservate sind regionale Beispiellandschaften, in denen, die von der UN-Umweltkonferenz in Rio geforderte nachhaltige Entwicklung, praktisch umgesetzt werden kann. Inzwischen gibt es davon 368 in 91 Ländern. Biosphärenreservate haben deshalb folgende Funktionen: · Schutz von Ökosystemen, Arten und genetischer Vielfalt · wirtschaftliche und menschliche Entwicklung, die soziokulturell und ökologisch nachhaltig ist · Förderung von Umweltbildung, Forschung und Umweltbeobachtung im Rahmen lokaler, regionaler und weltweiter Themen des Schutzes und der nachhaltigen Entwicklung. Diese Funktionen und die Aufteilung in Zonen, die den menschlichen Zugriffen teilweise verwehrt sind, gewährleisten einen Schutz, der dem des Nationalparks weit überlegen ist: Militärische Nutzung wäre nicht nur fragwürdig, sondern unmöglich und das Wattenmeer wäre nationalstaatlichen Interessen, wie sie auch von der Bundeswehr wahrgenommen werden, entzogen. Das Wattenmeer ist sowieso grenzüberschreitend. Ein UNESCO-Biosphärenreservat Wattenmeer im Rahmen der Euro-Regionen wäre auch ein dänisch-deutsches Projekt, in dem regional die Fähigkeit erlernt werden kann, wirtschaftliche, umwelt- und friedenspolitische Irrwege der Menschheit umkehrbar zu machen. Wir wollen in diesem Sinne aktiv werden und dem Militär das Wattenmeer entziehen Wir wollen uns dafür einsetzen, daß die aus menschlicher Sicht sinnlosen Ausgaben für die zerstörerischen Militärprojekte, die nicht nur den Frieden im Wattenmeer stören, dafür eingesetzt werden, daß das weltweit einzigartige Naturreservat Wattenmeer umfassend bewahrt und geschützt wird. Wir Menschen können nur von und mit der Natur leben, sie ist unsere einzige Sicherheit. Deshalb wollen wir am Pfingstsonntag Naturerleben und Protest gegen die Bundeswehr miteinander verbinden:
Pfingstfriedensaktion: |
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