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Sparprogramm auf dem Rücken der Armen
Auch in Oldenburg schlagen die kommunalen SparpolitikerInnen zu. Die Stadt
hat kein Geld mehr, und die Einsparungen sollen vor allem die Rechte der
Armen und Sozialschwachen beschneiden sowie Projekte für die Frauenhilfe
treffen: Gekürzt werden unter anderem die Zuschüsse für Donna, ALSO und das
Frauentherapiezentrum, sie sind "zu teuer". In Zeiten der Haushaltskürzungen
ist selbst das sonst in politischen Sonntagsreden so oft beschworene
"zivilgesellschaftliche" Engagement für BürgerInnenrechte nicht mehr zu
ertragen. Die Ratssitzung am 18. März war hierfür ein aufschlußreiches
Lehrstück neoliberaler Stadtpolitik in Oldenburg.
Die groteske Sparlogik
der Kürzungsmanager
Die SPD und ihr Bürgermeister versuchen der
Finanzmisere mit Unternehmenskonzepten zu begegnen. Nicht mehr in die
"konsumtiven Bereiche" solle investiert werden, sondern in die produktiven
Bereiche. Nur dann würde es sich vermeiden lassen, daß das Haushaltsdefizit
noch mehr anwächst. Der CDU-Abgeordnete Strathmann stieß ins gleiche Horn
und warnte davor, so "weiterzuwirtschaften" wie bisher. Dann, so meinte er,
hätte sich der Verkauf des Wasserwerkes (für ca. 268,- Millionen DM) nämlich
gar nicht gelohnt, weil der Haushalt in ein paar Jahren wieder das gleiche
Defizit aufweisen würde. Die "Sachzwanglogik" des Sparens reicht also nicht
aus, sondern es müssen auch neue Einnahmen her, um die in den letzten Jahren
sinkenden Steuereinnahmen (auf kommunaler Ebene vor allem die Gewerbesteuer)
zu kompensieren. Warum man aber gerade vorher sogenannte produktive
Bereiche, wie das Wasserwerk und davor die GSG Beteiligungen abgestoßen hat,
dazu äußerte sich Strathmann nicht mehr. Er wolle sich allerdings bei der
Landesregierung in Hannover dafür einsetzen, daß die Kommunen mehr Geld
bekommen, was ja gerade nach der neuen Steuerreform der Bundesregierung
gekürzt worden ist. Die Selbstbeschneidungen der Politik bei den
Unternehmens-besteuerungen wird in Oldenburg mit steigenden Wasserrechnungen
und Kürzungen in den sozialen Bereichen ergänzt und so wird gerade an den
sozial Schwächeren die "Politik des Sparens" exekutiert.
Zwangsweise Arbeiten
für die Armen
Im Sozialpolitischen sprach sich Bürgermeister Schütz dafür aus, die
Beschäftigungsverhältnisse im BSHG 19-Bereich auszubauen.
SozialhilfeempfängerInnen droht so die zwangsweise Arbeit (heute allerdings
keine Autobahnen mehr! Tipperlein) - für ein geringes Zubrot - in den
Grünanlagen der Stadt, damit diese ihre "weichen Standortfaktoren"
aufpolieren kann und an touristischer Attraktion, Sauberkeit sowie Ordnung
gewinnt. Es wäre wohl ehrlicher gewesen
- so empfanden es einige der BeobachterInnen dieses städtischen Schauspiels
- die Haushaltskürzungen gleich unter dem Tagesordnungspunkt "Müllentsorgung
und Recycling" abzuhandeln. Die Kürzungspolitik verdeutlicht letztlich nur,
daß Arbeitslose und SozialhilfeempfängerInnen als der "überflüssige"
Ballast einer auf Effektivität ausgerichteten Gesellschaft angesehen werden.
Sie sind "unproduktiv", verursachen Kosten und sind an ihrer Misere sowieso
selber schuld. Ihr Platz in dieser Gesellschaft ist in den bad jobs, dort
können sich die "Überflüssigen" die letzten Brosamen teilen und darüber
hinaus noch die weiteren Voraussetzungen für Lohnsenkungen auf dem
Arbeitsmarkt schaffen.
Kürzungslogik durch Beratungsentzug
In Oldenburg hat der Wegfall der unabhängigen Beratungsstellen für sozial
Schwache (welch' ein Begriff... D.LektorIn) noch einen weiteren Vorteil. Die SpartechnokratInnen erhoffen sich,
daß ohne die Tätigkeit der unabhängigen Beratungsstellungen weniger Anträge
und Beschwerden bei den Behörden eingereicht werden. Die MitarbeiterInnen,
die die Einsprüche und zusätzliche Anträge bearbeiten, können so
"eingespart" oder für andere Zwecke eingesetzt werden. Dieser dort durchaus
erwünschte Nebeneffekt der Kürzungspolitik ist ein Hauptanliegen der
Verwaltung. Sie will ihre Arbeitsabläufe ebenfalls nach ökonomischen
Kriterien rationalisieren. Das "Outsourcing" produziert dabei neue
Arbeitslose. In welcher Statistik diese dann verheimlicht werden, bleibt
vorerst das Geheimnis der vorausschauenden KostenplanerInnen. Die
übriggebliebenen Verwaltungsangestellten können eine individualisierte,
nicht-organisierte und den städtischen Behörden ausgelieferte Masse leichter
bearbeiten. Menschen, die ihre Rechte in Anspruch nehmen, sind ihnen ein
Dorn im Auge.
Die Bekämpfung der Armen statt der Armut mit dem "Terror der
Ökonomie"
Die Richtung der Umverteilung von Reichtum ist vorgegeben, sie
funktioniert nach der neoliberalen Zwangslogik, der Veräußerung von sozialen
Rechten der Armen. Der Anspruch auf einen sozialen Ausgleich durch den Staat
wird aufgegeben und die Chancengleichheit auf die individuelle
Durchsetzungsfähigkeit des Einzelnen reduziert. Das Versprechen der Teilhabe
an dieser Gesellschaft läuft nur noch über den marktfähigen Arbeitsplatz,
der seinen Erhalt über die Rentabilität nachweisen kann. Die Restlichen
zählen zu den "Überflüssigen" in dieser Gesellschaft, die allerdings nach
den gleichen Effektivitätskriterien beurteilt werden. Auch Ihnen wird in den
Arbeitsämtern eröffnet, daß sie den flexibilisierten Anforderungsprofilen
der neuen Arbeitskräfte zu entsprechen haben, selbst wenn damit nicht eine
Stelle mehr geschaffen wird. Der neoliberale Umbau des Staates soll dabei
die Rentabilität der Profitraten sichern helfen und die sozialen Bereiche,
welche den ökonomischen Kriterien nicht mehr entsprechen, werden
abgestoßen. Investiert wird nur noch in produktive Bereiche und so versprach
Schütz auch, daß selbst in diesen Sparzeiten größere Summen aufgebracht
werden müssen um das "Stadtunternehmen" Oldenburg wieder finanziell zu
regenerieren.
Brot und Spiele in der
Dienstleistungsgesellschaft
Meinte er damit den mediengerechten Ausbau der Baskettball-Halle? Ganz
neue Lebensentwürfe tun sich dort auf. In diesem Szenario können also die
Sozialhilfeempfänger, die über das Stellwerk als Platzanweiser der neuen
Sporthalle angestellt wurden, nur hoffen, das die Oldenburger
Baskettballmanschaft nicht absteigt und sich der Bau dann als große
Fehlinvestition für das Stadtrenome erweist. Solche grotesken Dramen sind
absehbar, wenn die neoliberalen Kürzungsmanager die Einsparungen im
Sozialbereich "re-investieren" werden.
Peter Panter
Vgl. auch Berichterstattung des Oldenburger STACHEL der vergangenen Monate:
Die Zerschlagung sozialer Strukturen beenden! - (Nr. 232)
http://www.stachel.de/02.03/3kopf.html; Echte Reformen sind gefordert! -
(Nr. 231) http://www.stachel.de/02.02/2s att.html; OB Schütz gelehriger
Schüler für "schmerzhafte Einschnitte" im Haushalt - (Nr. 230)
http://www.stachel.de/02.01/1hh.html; Frohe Weihnachtsbotschaft:
Haushaltssperre - Kündigung sozialer und kultureller Verträge, Schließungen?
- (Nr. 229) http://www.stachel.de/01.12/12hhganz.ht ml
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