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"Todschicke" Kleidung - zu welchem Preis?
Am 2. Mai wird Frau Sonia Lara Campos aus El Salvador über
Menschenrechtsverletzungen in der Textilindustrie berichten.
Viele Kleidungsstücke des täglichen Gebrauchs gehen über deutsche
Ladentische, nachdem sie eine lange Reise zurückgelegt haben. Etwa
zwei Drittel unserer Kleidung wird in wirtschaftlich schwächer
entwickelten Ländern gefertigt, im asiatischen, osteuropäischen und
mittelamerikanischen Raum. Das System der Kleiderproduktion ist sehr
ausgeklügelt. Bekleidungsunternehmen lagern arbeitsintensive Schritte
in der Herstellung, wie z.B. das Zusammennähen von Hemden in eigens
abgegrenzte Industriegebiete in die genannten Teile unserer Erde aus.
Rechtsfreie Zonen
Diese Freihandels-Enklaven nennen sich Freie Exportzonen. In ihnen
finden sich Fabriken zusammen, die ausschließlich für den Weltmarkt
produzieren, sogenannte Weltmarktfabriken. Die Freien Exportzonen
zeichnen sich durch eine Infrastruktur aus, die einen hohen Grad an
Mobilität gewährleistet. Zulieferfirmen, über die die
arbeitsintensiven Produktionsschritte dann "sauber" abgewickelt
werden, errichten dort ihre Weltmarktfabriken. Verändern sich die
Produktionsbedingungen in den Freien Exportzonen durch
wirtschaftspolitische Maßnahmen der jeweiligen Regierung oder durch
die Organisierung der ArbeiterInnen, ist es möglich, den gesamten
Produktionsprozeß in kürzester Zeit in einer anderen Zone eines
anderen Landes wieder aufzunehmen. In den "Freien Produktionszonen"
wird Unternehmen die Möglichkeit gegeben, importierte Materialien zu
verarbeiten und anschließend zu exportieren, ohne dafür Zölle und
Steuern zu bezahlen oder sich an die einfachsten Arbeitsvorschriften
oder Tarifverträge halten zu müssen. In der Hoffnung auf neue
Arbeitsplätze und schnelle Industriealisierung finanzieren viele
Entwicklungsländer den Unternehmen die Infrastruktur in den "Freien
Produktionszonen". Die besonders handwerklich orientierten
Unternehmen werden auch bildlich als "Sweat Shops" bezeichnet.
Ausbeutung und
Menschenmißachtung
In den Weltmarktfabriken zahlen die ArbeiterInnen einen hohen Preis
für die Kleidung, die bei uns zum Verkauf angeboten wird. Sie werden
geschlagen, belästigt und zu Überstunden gezwungen - oft nur für einen
Stundenlohn von etwa 70 Cent. In der Regel sind 70-90% der
Beschäftigten junge Frauen im Alter von 16-25 Jahren. Der monatliche
Verdienst liegt bei etwa 110 Euro. Es ist ein Lohn, der die Existenz
nicht sichern kann. Die ArbeiterInnen werden zu unbezahlten
Überstunden gezwungen. Ausreichender Gesundheitsschutz ist in den
Fabriken nicht gegeben. Wenn die NäherInnen krank werden, müssen sie
mit Lohnausfall rechnen. Bei Frauen werden regelmäßig
Schwangerschaftstests durchgeführt. Ist eine Frau schwanger, so wird
sie sofort entlassen. Aus dieser ungerechten Situation ergeben sich
für die Unternehmen wirtschaftliche Vorteile. Die niedrigen
Lohnkosten, das Ignorieren von Umweltvorschriften und die Missachtung
von Arbeitsrechten verbilligen die Produktion. Damit steigern die
Unternehmen ihre Gewinnspannen. Bei einem 50 Euro teuren Turnschuh
beträgt der Lohnanteil etwa 20 Cent.
Die Kampagne
Für die Beachtung von Menschenrechten im Bereich der
Bekleidungsproduktion setzt sich die Kampagne für "saubere" Kleidung
ein. Die Kampagne hat in fünf europäischen Ländern Pilotprojekten
gestartet. Zusammen mit den Bekleidungsunternehmen versucht sie, den
ausgearbeiteten Verhaltenskodex der Clean-Clothes-Campaign (CCC) bei
ausgewählten Zulieferfirmen anzuwenden. Der Verhaltenskodex der CCC
soll eine sozialgerechte Produktion gewährleisten. Er fordert von den
Unternehmen die Einhaltung sozialer Mindeststandards und das
gewerkschaftliche Vereinigungsrecht. In unabhängigen, externen
Kontrollen, unter Beteiligung lokaler Akteure, zu denen die
ArbeiterInnen Vertrauen haben und die immer erreichbar sind, sollen
die Arbeitsbedingungen bewertet werden, um den Unternehmen eine
"saubere" Produktion abzuverlangen. Die Kampagne setzt besonders bei
den KonsumentInnen der Produkte an - bei uns. Durch die Öffnung
unserer Sinne für die Problematik der ArbeiterInnen, durch unsere
Information und gezielte Nachfrage können wir Veränderungen in der
Kleiderproduktion provozieren. Tendenzen dieser Art bei KonsumentInnen
nehmen die Unternehmen sehr genau wahr. Viele reagieren auf das neue
Bewußtsein der VerbrauerInnen sehr sensibel, da sie andernfalls
fürchten müssten, einem neuen Kaufverhalten nicht mehr entsprechen zu
können. Auf dieser Grundlage konnten auch die Pilotprojekte
erwachsen. Die kritischen KonsumentInnen können das Gewinnstreben der
Unternehmen für ihre Zwecke nutzen. Eine andere Welt ist möglich!
Oldenburger Aktivitäten
Im Rahmen der Kampagne für "saubere" Kleidung dürfen die
attac!-Regionalgruppe Oldenburg, die Katholische Hochschlegemeinde
KHG, das Ökumenische Zentrum und der DGB Frau Sonia Lara Campos aus
Mittelamerika empfangen, die über die Situation in den
Weltmarktfabriken für Bekleidung referieren wird. Sie wird von den
Arbeits- und Lebensbedingungen in zwei "Maquilas" (Weltmarktfabriken
in Lateinamerika) berichten, in denen sie wie viele andere Menschen
gearbeitet hat. Da sie sich mit anderen Frauen gewerkschaftlich
organisierte, um eine Verbesserung der Arbeitsbedingungen zu erwirken,
wurde sie entlassen. Die Veranstaltung wird am 2. Mai um 20 Uhr im
BIS-Saal der Universität stattfinden.
Ausstellung
in der Lambertikapelle
Mit der gleichen Thematik beschäftigt sich auch die Ausstellung
"ScherenSchnitt und ZwangsJacke", die vom 2. bis zum 24. Mai in der
Lamberti-Kapelle besucht werden kann. Du bist gefragt, wenn eine
andere Welt möglich sein soll!
Jonas Hagedorn
attac!-AG Welthandel
Tel.: 04 41/5 53 15
Vergleiche auch Bericht im Oldenburger STACHEL zum Thema in Ausgabe
225 - 8/2001, Seite 3 - http://www.stachel.de/01.08/8kleid.html
Innenstadtaktion:
Die AG Welthandel von attac!-Oldenburg wird am 27. April 2002, um 10 h
am Brunneneck (Lange Str./Achernstr.) mit einer Aktion in der
Innenstadt auf die unmenschlichen Produktionsbedingungen in den
Kleidungsfabriken der sog. "Freien Produktionszonen" in Staaten der
"Dritten Welt" aufmerksam zu machen. Firmen wie Reebok, addidas,
Levi's, Nike u.a. lassen dort zu Hungerlöhnen und unter schikanösen
Verhältnissen produzieren. Für unsere Aktion suchen wir noch Leute,
die Lust haben bei der Vorbereitung und Durchführung mitzuwirken,
z.B. bei einer Modenschau oder einer behangenen Wäscheleine vor
verschiedenen Geschäften, einem Infostand ... und vielleicht Deiner
Idee? Treffpunkt der Gruppe ist in der Katholischen Hochschulgemeinde
KHG, Unter den Linden 23 um 20 h, Mittwoch 24.4.2002. Kontakt: Hilke
Schulz, Tel.: 04 41,1 36 83
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