Norddeutsche Friedensbewegung macht sich auf
Einen nicht alltäglichen Anblick der Eintracht bot das erste Vernetzungs-
und Koordinationstreffen, zu dem Die PazifistInnen/DFG-VK und das Bremer
Friedensforum am 3.3.02 nach Bremen eingeladen hatten. Rund vierzig
VertreterInnen aus unterschiedlichen politischen und sozialen Bewegungen,
von der Bremer Stiftung für Friedensforschung und Rüstungskonversion über
GAAA, GEW, Bündnis gegen soziale Kälte, SPD, Sozialistische Alternative,
Oldenburger Schweigekreis (Arbeitskreis Firedenswoche) bis zum Umfeld von
Attac hatten sich in der Villa Ichon versammelt.
Gemeinsamer Widerstand
für Frieden
Trotz großer Unterschiede in den Weltanschauungen und politischen
Zielsetzungen einigte die VertreterInnen die Bereitschaft, in der nächsten
Zeit regional gemeinsam gegen die augenblickliche und kommende Kriegspolitik
der USA und der rot-grünen Bundesregierung Protest und Widerstand zu
organisieren. Für die VertreterInnen war es überwiegend Konsens, daß
insbesondere die Regierungen der G8-Staaten die Ereignisse des 11. September
dazu instrumentalisieren, eine neue Stufe der Militarisierung und
Entdemokratisierung unserer Gesellschaft einzuführen. Bei dieser
Entdemokratisierung im Namen der "Terrorbekämpfung" werden alle Grenzen
zwischen Militär, Polizei, Geheimdiensten und ökonomischer Politik
aufgehoben.
Kriege sind Ergebnis
von Verstrickungen
Allgemeine Zustimmung fand bei den AktivistInnen auch der Gedanke, daß die
derzeitige Besetzung Afghanistans oder die vergangenen Kriege der führenden
Industrienationen wie z. B. am Golf sich aus der Verflechtung von Ökonomie,
Politik und Militär in unserem Gesellschaftssystem ergeben. An dieser Stelle
wurde in der inhaltlichen Diskussion aber auch der Knackpunkt für ein
zukünftiges Bündnis für Frieden deutlich: Während die einen Korrekturen und
Veränderungen innerhalb des System als ausreichend ansahen, forderte ein
anderer Teil dessen Überwindung.
Zentrale Fragen
Durch eine offene Veranstaltungsform und verschiedene Diskussionsforen
entwickelte sich das Treffen zu einem Gedankenaustausch über die
gegenwärtige Situation, Erfahrungen und zukünftige politische
Handlungsmöglichkeiten der Friedensbewegung. Die einzelnen Diskussionen
bewegten sich u. a. um die Fragen: Wie kann die Friedensbewegung argumentativ
den KriegsbefürworterInnen begegnen? Wie muß der Protest der
KriegsgegnerInnen in einer medialisierten Gesellschaft gestaltet sein, um
eine Gegenöffentlichkeit zu erreichen? Welche Projekte können in
Norddeutschland gemeinsam umgesetzt werden?
Erweiterte Vorstellungen
von Frieden
Erste Ergebnisse der Beratungen waren u. a., daß die Friedenstaube in ihrer
bisherigen Form als Friedenssymbol nicht mehr ausreicht. Zum einen wird
durch die Taube besonders bei jüngeren Menschen nur noch wenig
Identifikation mit der Friedensbewegung hervorrufen, zum anderen faßt sie
begrifflich nicht den erweiterten Ansatz der Systemkritik. Im Rahmen eines
Designwettbewerbes soll das Friedenssymbol um neue Elemente erweitert
werden, welche die Botschaften enthalten: Frieden
+ Global + Gegen Ungerechtigkeit und Ausbeutung.
Mediale Strukturen
beinträchtigen Friedensbewegung
Ein weiteres Resultat der Diskussionen war, daß Informationsangebote und
öffentliche Proteste der Friedensbewegung noch mehr die internen
Gesetzmäßigkeiten und Arbeitsweisen der Massenmedien berücksichtigen müssen.
In unserer Mediengesellschaft spielen sich Politik und Krieg immer mehr in
einem mit Symbolen aufgeladenen medialen Raum ab. Wer in dieser medialen
Öffentlichkeit nicht präsent ist, hat Schwierigkeiten politischen Einfluß
zu gewinnen.
Die Vernetzung wird entwickelt
Den VeranstalterInnen ging es vornehmlich darum, die lokale Isolation von
friedenspolitisch engagierten Gruppen aufzubrechen und eine Vernetzung zu
ermöglichen. Dies war umso wichtiger, da in den vergangenen Monaten viele
neue AktivistInnen hinzugekommen sind, denen oftmals noch eine Basis
innerhalb der etablierten Friedensbewegung und Handlungsmöglichkeiten
fehlen. Den TeilnehmerInnen ist klar geworden, daß noch weitere Treffen
notwendig sein werden, um die Inhalte und Zielsetzungen der Friedensbewegung
zu diskutieren, wozu in der alltäglichen Arbeit oftmals keine Möglichkeit
besteht. Es wurde auch deutlich, daß ein Prozeß des gegenseitigen Lernens
notwendig ist, um die vielfältigen Erfahrungen und das interne Wissen der
Friedensbewegung für alle AktivistInnen nutzbar zu machen. Das gegenseitige
Beschnuppern der Gruppierungen am 3.3. machte schließlich für viele eines
erkennbar: In der derzeitigen Phase der Militarisierung der Gesellschaft
inklusive ihrer Kriege um Ressourcen kann nur eine breite und vielfältige
außerparlamentarische Opposition die Entwicklung aufhalten, vielleicht sogar
umkehren.
J. Ilse
Das nächste norddeutsche Strategietreffen wird voraussichtlich am 12.5.02,
von 13.00 bis ca. 18.00 Uhr, in Bremen in der Villa Ichon
stattfinden. (Änderungen möglich!)
Anmeldung, Programm und weitere Informationen: Die PazifistInnen -
DFG-VK Niedersachsen/Bremen; Damm 39, 26135 Oldenburg, Tel/Fax
04 41-5 94 76 88; Nds-HB@dfg-vk.de, http://www.friedennordwest.de
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