Oldenburger STACHEL Ausgabe 1/02      Seite 1
 
Inhalt dieser Ausgabe
 

OB Schütz gelehriger Schüler

für "schmerzhafte Einschnitte" im Haushalt

Mit der Genehmigung des Nachtragshauhaltes für 2001, welche die Bezirksregierung "nur mit Bedenken" erteilt hatte, wurde gleichzeitig der Stadt die Richtung vorgegeben. Ab jetzt dürfe es nur noch Sparhaushalte geben. Es werde zwar keine sozialpolitischen, kulturellen oder sportlichen "Kahlschläge" geben müssen, gefordert werden aber "schmerzhafte Einschnitte", und "eine stärkere Bündelung und Konzentration der Ausgaben".

Derartiges kennt man ja schon aus den Vorjahren. Auch das Verschweigen der von Bund und Land gesetzten verschlechterten Bedingungen für den städtischen Haushalt ist nicht neu. Neu ist aber die geradezu dienerhaftige Geste, mit welcher der neue Oberbürgermeister reagiert. In einem Schreiben vom 20.12.01 an die Ratsmitglieder zeigt er sich als gelehriger Schüler und formuliert: "In den Verwaltungsentwurf des Haushaltes 2002, den ich Ihnen voraussichtlich Ende Januar vorlegen werde, beabsichtige ich die wesentlichen Hinweise der Aufsichtsbehörde einfließen zu lassen, auch wenn dies mit der Reduzierung von Standards in allen Bereichen und zum Teil erheblichen Einschnitten in das Leistungsniveau verbunden sein sollte."

So setzt OB Schütz den Kurs fort, den er bereits mit seiner Haushaltssperre vom November 01 und der Kündigung sozialer Verträge begonnen hatte (was übrigens die Bezirksregierung lobend erwähnt). In der Dezember-Ausgabe des STACHEL war Michael Bättig bereits darauf eingegangen. Opfer dieser Sparpolitik sollen Frauenhäuser, Drogenberatung, Bekos, Donna 45, Also, Wildwasser u.a. werden, kurz die soziale Infrastruktur der Stadt soll durch "Konzentration der Ausgaben" untergraben werden.

Die kommenden Haushaltsberatungen lassen deshalb nichts Gutes erwarten. Die SPD wird dem Haushaltsentwurf von SPD-Mann Schütz und SPD-Bezirksregierung kaum Wesentliches entgegensetzen. Die mitregierende FDP kommt als Widerstandsfaktor auch nicht in Betracht, weil sie schon programmatisch für Sparpolitik steht (die "Besserverdienenden" brauchen keine soziale Infrastruktur), außerdem sind sie von der ihnen überraschend zugefallenen Machtbeteiligung noch völlig hingerissen. So wird der Haushaltsentwurf von der Ratsmehrheit natürlich wieder mal als "alternativlos" dargestellt werden. Der drohende Zeigefinger der Bezirksregierung wird zum "Sachzwang", den zu kritisieren ebenso wenig Sinn mache, wie das schlechte Wetter zu beschimpfen. Tatsächlich ist Politik aber nie alternativlos.

Widerstand gegen die Auflagen der Bezirksregierung zu üben. würde schon Sinn machen. Wegen der anhaltenden Kritik der Kommunalverbände, vor allem auch des Deutschen Städtetages, sah sich die Bundesregierung veranlaßt, eine Expertenkommission einzusetzen, die Vorschläge für eine Verbesserung der Kommunalfinanzen vorlegen soll. Eine Reform der Finanzzuteilung an die Kommunen soll nach dem Willen von Schröder in dieser Wahlperiode vom Bundestag aber nicht mehr verabschiedet werden. Wenn die Expertenkommission jetzt aber feststellt, daß in den kommunalen Haushalten ja doch noch Reserven sind, die man ja mit den "schmerzhaften Einschnitten" bloßlegen kann, wird der Problemdruck für eine wirklich umfassende Reform der Kommunalfinanzen kaum entstehen können. Wenn jedoch die restriktiven Haushaltsverfügung landaus landab auf Widerstand stoßen und sich die Prozesse der Kommunen gegen die Aufsichtsbehörden häufen, wird schon eher etwas zu erreichen sein.

Außerdem ist auch innerhalb des Haushaltes einiges möglich. Schon seit Jahren hatte die PDS darauf hin gewiesen, daß die Grundsteuer in Oldenburg unverhältnismäßig niedrig war. Auch die Grünen hatten dies angesprochen, konnten es in ihrer Koalition mit der SPD aber wohl nicht durchsetzen. Jetzt hat der Rat auf der Septembersitzung 2001 auf Vorschlag des neuen OB einen entsprechenden Beschluß gefaßt (Anhebung des Hebesatzes von 360 auf 410 Punkte) und damit Mehreinnahmen von 5 Mio. DM veranlaßt. Noch einmal die gleiche Summe hätte nur eine kleine Anhebung der Gewerbesteuer gebracht, die die PDS-Fraktion vorgeschlagen hatte (von 410 auf 430 Punkten). Das war den übrigen Parteien aber schon zu viel, obwohl dieser Satz auch noch im üblichen Rahmen geblieben wäre (zum Vergleich: Göttingen: 430, Hannover: 460, Braunschweig: 450, Osnabrück: 410). Durch die Steuerpolitik der Bundesregierung waren die Unternehmer bei der Gewerbesteuer gerade entlaset worden, Dietmar Schütz hatte beim Steuersenkungsgesetz auch als Bundestagsabgeordneter selbst noch mitabgestimmt. Ein teilweises Rückholen über die gemeindliche Gewerbesteuer wäre als durchaus gerechtfertigt gewesen. Gegenargumente gab es dazu im Rat eigentlich nicht, nur den Hinweis auf angeblich ins Umland abziehende Unternehmen. Dieses Argument ist aber unwahr. Wegen einer Erhöhung der Gewerbesteuer um 4,9% gibt kein Unternehmer seinen zentral gelegenen Standort auf. Außerdem wissen die Unternehmer besser als die meisten Politiker, daß eine Erhöhung der Gewerbesteuer bei der Kapitalertragssteuer bzw. Einkommensteuer wieder steuermindernd wirkt, also kein Grund zur Panik. Es ist nur eine Frage der Prioritäten oder anders ausgedrückt der Interessen, die man für wichtig oder weniger wichtig hält. Man muß sich dann nur entscheiden, wen man "schmerzhafte Einschnitte" meint zumuten zu können. Die von der PDS vorgeschlagene geringe Anhebung des Gewerbesteuer wäre für die gewerbesteuerpflichtigen Unternehmen nicht mal ein Einschnitt gewesen, höchstens ein kleiner Ratscher.

Hans-Henning Adler

 

 
  Differenzen zur gedruckten Fassung nicht auszuschließen. Dieser Text ist urheberrechtlich geschützt. Siehe auch Impressum dieser Ausgabe und Haupt-Impressum