Ausgabe 5/01 | Seite 16 | |||||
Ich bin stolz, ein Grüner zu sein
Oder: Mann beißt Hund.Ein ficktives Interview des Garreler Generalanzweiflers (Unabhängige Tageszeitung) mit Jürgen Trittin (Bundesumwälzminister) Garreler Generalanzweifler (GAGA): Herr Trittin, war es richtig, Laurenz Meyer einen Skinhead zu nennen, nur weil er eine hohe Stirn besitzt? Bundesumweltminister Trittin (BUM): Wenn mich der Hund ankläfft... GAGA: Wie? Erst bezeichnen Sie Laurenz Meyer als Neonazi, und jetzt schimpfen Sie ihn einen Hund? BUM: Moment, das soll ein Gleichnis werden. Also, Sie gehen spazieren oder joggen durch den Park, wie der Joschka zum Beispiel, und plötzlich springt ein kläffender Köter auf Sie zu. GAGA: Wem ist das wohl noch nicht passiert! BUM: Eben. Zum Glück kommt der Hundehalter dazu. Was sagt der zu Ihnen? GAGA: Äh... ach so, der belehrt mich, daß ich keine Angst zeigen dürfe, wenn der Hund mich in Ruhe lassen soll. BUM: Genau, und nun stellen sie sich vor, Sie gehen schreiend auf den Hund los... GAGA: ... der kriegt es mit der Angst und nimmt Reißaus. BUM: Und jetzt haben Sie im Umkehrschluß das Recht, den Hund zu beißen. Aber es kommt noch besser: Wenn der Hundehalter durch Ihr Verhalten auch Angst bekommt hat, dürfen Sie ihn ebenfalls beißen. GAGA: Das ist zwar eine gute Idee für künftige Spaziergänge, aber was hat das mit Laurenz Meyer und dem Patriotismus zu tun? BUM: Nun, zum einen liegt ja schon in der Erkenntnis, daß Patrioten Idealisten sind, die rein semantische Gefahr der Verwechslung, daß Patrialisten Idioten sind... GAGA: Herr Minister, wir wollen doch hier nicht kalauern! BUM: Der zweite Punkt ist der unerträgliche Vorwurf gegenüber dem Beißopfer, es habe selbst Schuld an der Attacke, weil es sich vor dem Hund fürchtete. Wer diese Argumentation zuläßt, macht das Opfer des Angriffs zum Verursacher des Angriffs. GAGA: Nachvollziehbar. Aber wir verstehen immer noch nicht ganz: Wer ist in diesem Gleichnis Hund, Hundehalter und Beißopfer? BUM: Die CDU ist die Hundehalterin, die mit dem patriotischen Bekenntnis des Kollegen Meyer auf uns Spaziergänger losgeht. Wer eine abweichende Meinung äußert, wird gebissen, das heißt zum inneren Feind gestempelt. Das ist inquisitorisch und grundgesetzwidrig. GAGA: Fällt es Ihnen denn so schwer, ein patriotisches Bekenntnis abzulegen? Schließlich haben Sie ja auch auf anderen Gebieten Ihre Meinung geändert. Atomenergie zum Beispiel halten Sie nicht mehr für so gefährlich wie früher. BUM: Heute habe ich ja auch die Aufsicht über die deutsche Atomtechnik. Zusammen mit meinen kritischen Experten gibt es erstmals eine wirksame Kontrolle. GAGA: Aber es sind dieselben Experten, die immer noch vor einem jederzeit möglichen SuperGAU warnen. Soll das für die nächsten dreißig Jahre nicht gelten? BUM: Die Experten wissen auch nicht alles. Sie überwachen die Anlagen, ich überwache die Experten. So einfach ist das. GAGA: Aber wenn es nun doch kracht. Eine Atomkatastrophe unter einem grünen Minister! Dann wären Sie aber ganz schöne ins Knie gefickt. BUM: Solange es eine grüne Atomaufsicht gibt, wird das nicht passieren, oder die Naturgesetze müssen umgeschrieben werden. GAGA: Eine umwälzende Erkenntnis! BUM: Eben. Darum sitze ich ja auch in diesem Ministerium. GAGA: Schon wieder ein Kalauer? BUM: Die grüne Handschrift dieser Regierung wird in der Umweltpolitik unauslöschliche Spuren hinterlassen. GAGA: Mit diesem Satz werden Sie kein Prophet. Man kann ihn in beide Richtungen auslegen. Die Atomgegner/innen nennen Ihre Atompolitik im Vergleich zur Kohl-Regierung "dasselbe in grün". BUM: Sie irren sich. Die heutigen Castortransporte sind im Gegensatz zu damals ungefährlich. Deswegen dürfen sie auch nicht mehr behindert werden. Wer es dennoch tut, macht sie erst gefährlich und bedroht andere. GAGA: Herr Trittin, ist es nicht vielmehr der sogenannte Atomkonsens, der die Dinge auf den Kopf gestellt hat? BUM: Das kann schon deswegen nicht sein, weil wir Grünen eine Atomausstiegspartei sind. Solange nämlich die Naturkräfte, zu denen die Kernenergie zweifellos gehört, im Besitz der Arbeiterklasse.....ähm, ich meine der Grünen sind, kann der Umgang mit ihr nie schädlich sein, sondern wird immer nur den Nutzen unserer Nation mehren und... GAGA: Ist das ein Rückfall in den ideologischen Jargon Ihrer KBW-Zeit? BUM: Was erlauben Sie sich, ich war nie Mitglied im KBW, dem Klub der bescheuerten Wichtigtuer, sondern im KB, dem Kommunistischen Büro! Das ist ein Unterschied wie Tag und Nacht. Für den KB gab es keinen größeren Feind als den Kapitalismus, mit Ausnahme des KBW. Sie haben ja keine Ahnung vom Klassenkampf, Sie... GAGA: Vorsicht, Herr Bundesumwälzminister, keine weiteren Beschimpfungen, sonst wackelt Ihr Stuhl. BUM: Dann schreiben Sie sich diesen Unterschied hinter die Ohren! GAGA: Ist es nicht vielmehr so, daß die Unterscheidungsfähigkeit Ihnen abhanden gekommen ist, und zwar zwischen einem echten Atomausstieg und Ihrem Atomkonsens? BUM: Nonsens! GAGA: Darin sind wir uns einig. Wir danken für dieses Gespräch. imh
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