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Zusammenlegung der Uni-Fachbereiche"Wir haben nicht mehr viel Zeit. Wir müssen einen Weg finden, diesen wichtigen Reformschritt zu tun, um uns für die Zukunft zu wappnen". So läßt sich der Präsident der Carl von Ossietzky-Universität Siegfried Grubitzsch zitieren, geht es um die zukünftigen Strukturen "seiner" Uni. Der "wichtige Reformschritt" entspricht in diesem Zusammenhang der Zusammenlegung von Fachbereichen, "die Zukunft" dem zunehmenden besonders finanziellen Druck, den Land und Bund auf sämtliche Bildungseinrichtungen ausüben. Wäre seine Forderung nach Entdifferenzierung der Fachbereiche vor einigen Jahren noch als anachronistisch verlacht worden - schließlich waren beispielsweise die Naturwissenschaften in Oldenburg bis in die achtziger Jahre noch in einem großen Fachbereich organisiert - soll nun also auch die bisherige Struktur der Universität der seit einigen Jahren herrschenden Modernisierungswut in der Bildungspolitik zum Opfer fallen.
Das "Ob" wurde nie diskutiertIm Juli 2000 bereits legte eine nicht öffentlich tagende Arbeitsgruppe des Präsidiums dem Senat - dem höchsten Gremium der Universität - ein Papier zur Neuorganisation der Fachbereichsstrukturen der Universität vor. Die bisher elf Fachbereiche sollten zu zwei bis fünf Fakultäten umorganisiert werden. Zwar enthielt das vorgelegte Papier eine Schwächenanalyse der bisherigen Struktur, einige Ausführungen über die Ziele der Arbeitsgruppe - Internationalisierung, Effektivierung, Interdisziplinarität - und, darauf aufbauend, verschiedene Modelle zur Zusammenlegung von Fachbereichen. Der Großteil der 13 Mitglieder des Senates (sieben ProfessorInnen und jeweils zwei Studierende, wissenschaftliche MitarbeiterInnen und MitarbeiterInnen aus Technik/Verwaltung) reagierte jedoch abwartend bis ablehnend. Hauptkritikpunkt war, daß nicht erkennbar sei, wie die Arbeitsgruppe von der Schwächenanalyse zu ihren Strukturmodellen gekommen war. Darüberhinaus sei kein wirklicher Grund für die geforderte Umstrukturierung erkennbar. Es folgten heftige Auseinandersetzungen in den universitären Gremien, trotzdem gelang es dem Präsidenten immer wieder, Diskussion über den Sinn einer Neustrukturierung abzublocken und in eine Diskussion über die Art und Weise der Reformen zu überführen. Die GremienvertreterInnen (besonders der Studierenden und der wissenschaftlichen MitarbeiterInnen) forderten allerdings auch weiterhin, eine so weitreichende Entscheidung müsse ausführlich begründet werden. Daraufhin teilte das Präsidium mit, es war bereits mehr als ein halbes Jahr vergangen seit das erste Papier vorgelegt worden war, daß die Organisationsreform nicht vollständig wissenschaftlich herleitbar sei, sondern politische Ziele verfolge. Überraschenderweise gaben sich viele Gremienmitglieder mit dieser Erklärung zufrieden und fielen in die Diskussion darüber, wie denn nun alles von Statten gehen sollte, ein. Bereitwillig akzeptierten WissenschaftlerInnen die Unwissenschaftlichkeit und verabschiedeten das Diskursprinzip endgültig. Eine sachliche Diskussion über die Einrichtung von Großfakultäten war vor diesem Hintergrund nun kaum mehr möglich. Zahllose Kritikpunkte an der inhaltlichen Ausgestaltung, aber auch am Vorgehen des Präsidiums in dieser Angelegenheit, fielen nun vollkommen unter den Tisch. Daß die Lehre in den bisherigen Entwürfen des Präsidiums und seiner Arbeitsgruppe fast gar nicht berücksichtigt war spielte ebensowenig eine Rolle wie die Tatsache, daß die Vergrößerung der Fachbereiche (dann Fakultäten) einen massiven Einschnitt in die Mitbestimmungsrechte aller Mitglieder der Universität, besonders aber der kleinen Statusgruppen (also alle außer den ProfessorInnen) darstellt. Die Forderung der studentischen VertreterInnen beispielsweise, eine Organisationsuntersuchung durchzuführen, die diesen Namen auch verdient und die Ergebnise dann hochschulöffentlich auszuwerten, um so die Bennenung von Zielen nicht einer kleinen Minderheit zu überlassen, ging im Fatalismus der anderen VertreterInnen vollkommen unter. "Das kommt sowieso..." - ein immer wieder gern gehörtes Argument.
Beschlossene SacheAuf seiner Sitzung am 28. Februar 2001 beschloß der Senat der Universität dann - überraschend knapp - folgendes: 1. Es werden ungefähr fünf Fakultäten eingerichtet. 2. Es werden flächendeckend Institute eingerichtet (als zweite Entscheidungsebene). Jedes Fach soll ein Institut werden, jedeR ProfessorIn einem dieser angehören 3. Über den genauen Zuschnitt der Institute und Fakultäten sowie die Aufgaben der verschiedenen Entscheidungsebenen, der Verwaltung und der zentralen Einrichtungen entscheidet der Senat spätestens in seiner Sitzung am 27. Juni 2001
Weniger DemokratieDie Einführung von Fakultäten und Instituten bedeuten nun also das Ende der bisherigen Fachbereichsstrukturen. Anstelle von elf Fachbereichen, in denen über alle Fragen, die die etwa 40 Studiengänge der Uni betreffen, entschieden wird, werden etwa fünf Fakultäten gebildet. In diesen Fakultäten wird es zu einer starken Entscheidungskonzentration kommen - es sei denn, die Entscheidungen werden ohne die Konsultation eines - immerhin einigermaßen - demokratischen Gremiums getroffen (z.B. in informell tagenden Präsidiums- oder Dekanerunden). Den Dekanen und Dekaninnen, den Vorsitzenden der Fakultäten also, wird eine erheblich größere Entscheidungskompetenz zukommen, insgesamt wird es zur einer Entscheidungsverlagerung von unten nach oben (hin zu Dekanaten und Präsidium) kommen. Die Universität wird immer mehr wie ein Wirtschaftsbetrieb strukturiert und geleitet werden. Entscheidungen über die Finanzausstattung der Fächer beispielsweise - bisher konnten viele diese eigenständig treffen, schließlich entspricht in vielen Fällen ein Fach einem Fachbereich - sollen nun im Fakultätsrat erstritten werden. Besonders kleine Fächer werden darunter noch weiter leiden.
Die verkaufte BrautDerweil kursieren etliche Modelle welche Fächer in Zukunft welche Fakultät bilden. Wie willkürlich diese sind zeigt alleine schon das Beispiel der Sozialwissenschaften. Ein Vorschlag ordnet sie der Pädagogik zu, ein anderer den Wirtschaftswissenschaften und wieder ein anderer der Philologie. Das Fach selber möchte aber eigentlich wie bisher im Fachbereich 3 mit der Geschichte, den Religionswissenschaften und einigen kleineren Fächern zusammenbleiben.
Lehre und Studis zweitrangingDas Versprechen, insbesondere die Studierenden könnten über die Institute (die zweite Entscheidungsebene also, in Zukunft beispielsweise für das Lehrangebot verantwortlich) für sie wichtige Entscheidungen beeinflussen, greift hierbei viel zu kurz, schließlich wird die Mitbestimmung auf den in vielen Fragen wichtigeren Ebene stark eingeschränkt. Aber eigentlich verwundert diese weitere Entdemokratisierung der Hochschulstrukturen niemanden wirklich, schließlich sind die Studierenden in dem Wirtschaftsbetrieb Universität nur der Rohstoff zur Herstellung von Absolventnnen (heute heißen sie deshalb in gewissen Kreisen Humanressourcen). Und wo werden Rohstoffe schon um ihre Meinung gefragt...?
Senat denkt "Nein" - sagt "Ja"Wie oben beschrieben wird nun also noch etwa anderthalb Monate lang Zeit sein, über die genaue Ausgestaltung der Fakultäten und Institute zu diskutieren. Eine inhaltliche Diskussion über die Ziele einer solchen Reform gab es bisher nicht und ist deshalb auch jetzt nicht mehr zu erwarten. Am 23. Mai findet im Senat eine von Niedersächsischen Hochschulgesetz vorgeschriebene Anhörung der Fachbereiche statt. Die Betroffenen sollen hier dem Senat Empfehlungen geben, dieser wird dann wahrscheinlich am 27. Juni mit Hängen und Würgen irgendein Modell beschließen. Von der breiten Beteiligung, die der Präsident wahrgenommen haben will, wird auch dann nichts zu spüren sein. Jan Kühnemund
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