Ausgabe 4/01 | Seite 14 | |||||
Vater sein bedeutet mehr als Dukateneselei
Vom Recht des Kindes auf beide ElternWer den Medien folgte, wird in den vergangenen Monaten den Eindruck gewonnen haben, der Begriff Vater erkläre etwas, was widerrechtlich Unterhalt nicht zahle. Das ist sicher manchmal so, dieser Umstand jedoch ist nicht kennzeichnend für Vaterschaft. Auch bei den nichtzahlenden Unterhaltspflichtigen bewegt sich der Anteil derjenigen, bei denen amtlicherseits davon ausgegangen wird, daß nicht Armut und Zahlungsunfähigkeit die Ursache für die Nichtzahlung sind, sondern Zahlungsunwilligkeit, in marginalen Größenordnungen, so bitter sich das auch für die jeweils konkret betroffenen Menschen auswirken mag.
Einfühlsame VäterIm Gegenzug ist leider immer noch wenig von den positiven Seiten der Vaterschaft zu vernehmen. Eine begrüßenswerte Ausnahme machte im Januar die Redaktion von Geo. Dort waren Eindrücke zu bekommen, wie sehr Väter ihre Kinder prägen und warum sie besser sind als ihr Ruf. Das berichtete Forschungsergebnis hat selbst die Forscher überrascht: Die Feinfühligkeit des Vaters beim Spiel korreliert extrem stark und eindeutig mit dem Bindungsverhalten der Kinder noch im Alter von 16 bis 22 Jahren. Je sensibler der Vater das Kleinkind behandelt, desto sicherer geht der junge Erwachsene mit emotionalen Bindungen um.
Keine "vaterlose Gesellschaft"Um so wichtiger ist es, mit dem Mythos der "vaterlosen Gesellschaft" aufzuräumen und Strukturen in der Gesellschaft abzubauen, die solche fördern. Geo zitiert Prof. Laszko Vaskovivs, Uni Bamberg: "Männer nehmen zunehmend mehr familiale Aufgaben wahr." Geo weiter: Die Männer wurden im Zuge der Industrialisierung aus den Familien gerissen - und nun, am Ende des Industriezeitalters, kehren sie allmählich wieder heim. Die Rückkehr der Väter ist, kein Zweifel, im Kopf weiter fortgeschritten als bei der Hausarbeit; noch immer geht nach der Geburt meist Papa arbeiten und Mama bleibt zu Hause.
Keine väterliche DesertionAuch wenn sich bei der tatsächlichen Rollenverteilung noch nicht so viel geändert hat, wie vielleicht wünschenswert wäre, bleibt zu konstatieren, daß von einer allgemeinen Desertion der Väter nicht die Rede sein kann. 85 Prozent aller Kinder werden in eine Ehe hineingeboren. Am 18. Geburtstag leben knapp drei Viertel aller Kinder bei beiden leiblichen Eltern. (Geo)
Keine Rechte bei TrennungDennoch sind diese Lebensformen Änderungen unterworfen. Wenn es doch zur Trennung kommt, gilt das Motto: Keine Rechte - nur Pflichten. Laut Geo haben 15 bis 50 Prozent (je nach Studie) der Väter ein Jahr nach der Scheidung keinen Kontakt mehr zu den Kindern. Das liegt einerseits am Verhalten der Männer selbst, die aus Verzweiflung, Hilflosigkeit oder Desinteresse meist wohl von allem etwas, d.Verf. die Verbindung abreißen lassen. Es liegt maßgeblich aber auch am Rechtssystem, das "Väter systematisch benachteiligt" (Kindschaftsrechtler Peter Koeppel). Vor allem unverheiratete Väter sind im Hintertreffen, wenn sie Umgangs- und Sorgerecht beantragen. Seit der Reform des Kindschaftsrecht sollen zwar auch unverheiratete Eltern grundsätzlich gemeinsame Sorge tragen, aber ein Abschnitt des Gesetzes räumt Müttern absolutes Veto-Recht ein: Wenn die Mutter in einem solchen Fall nicht teilen will, darf der Vater nicht einmal dagegen klagen. (Geo)
Das Recht des Kindes auf beide ElternWenn eine elterliche Beziehung in Trennung befindlich ist, ist das meist für alle Beteiligten schmerzhaft. Wenn die Mutter deshalb nicht ertragen kann, den Vater zu sehen, muß dies für das Kind noch lange nicht gut sein, selbst wenn die Frau sich rechtlich auf der sicheren Seite weiß. Ein gangbares Modell ist in solchen Situationen über die Hilfe von Nahestehenden oder auch über Institutionen erreichbar. So kann der Wechsel des Umganges mit den Eltern für das Kind mit geringen Belastungen erreicht werden, wenn der Eine das Kind z.B. zum Kindergarten bringt und die Andere es dort abholt - und umgekehrt. Kommunikation zwischen den Eltern erfolgt bei starken Spannungen per Telefon, Brief oder auch im Beisein z.B. einer MediatorIn. Solche Modelle können erwiesenermaßen über Jahrzehnte tragfähig sein, wenn sich die Erwachsenen darüber im Klaren sind, daß sie mal PartnerInnen waren, jedoch immer Eltern sein werden.
Das Geldproblem bleibtWenn in einer solchen Situation von Geld die Rede sein muß, wird es doppelt problematisch. Unverheiratete sind hier besonders vorsichtig. Denn bekanntermaßen ist Geld immer ein kritischer Punkt und das gilt beim Unterhalt besonders. Wer mühsam einen friedlichen und regelmäßigen Umgang mit dem Kind gewonnen hat, wird diesen nicht wegen des Geldes auf's Spiel setzen. Wenn das Kind annähernd die Hälfte der Zeit beim unterhaltspflichtigen Elternteil zubringt, bedeutet das erhebliche Kosten. Essen, Kleidung, Zimmer, Taschengeld ... sind eben kostspielig. Doch diese Leistungen an das Kind werden in aller Regel "nicht mit unterhaltsmindernder Wirkung" (aus Bescheid des Jugendamtes Oldenburg) gezahlt. Natürlich ist die unterhaltspflichtige Person hierfür selbst verantwortlich. Denn bei einer einvernehmlichen Regelung wäre es möglich, die Unterhaltspflicht um diesen Teil zu senken. Und wer von den - finanziell betracht - zunehmend armen Unterhaltspflichtigen weiß schon, daß für bestimmte Teile der Kosten auch Unterstützung vom Sozialamt geboten wird. Leider unterrichten die Ämter über solche Sachverhalte seltenst. Eine angemesseneVerbesserung der finanziellen Situation von Unterhaltspflichtigen setzt eine gewisse Kooperation aller Beteiligten voraus. Wenn mensch sich dieser nicht sicher weiß, gilt mein Respekt allen denjenigen, denen die Beziehung zum Kind wichtiger ist als die Verhandlungen über die gerechte Verteilung der notwendigen Kosten. Doch unter dem Strich können hierbei leicht Schulden in der Höhe von fünfstelligen Summen entstehen.
Wohnungsamt gegen Teilzeit-AlleinerziehendeEin armer Vater, der vor einiger Zeit die Wohnung wechseln mußte, beantragte einen Wohnungs-Berechtigungsschein. Doch ein Kinderzimmer wurde ihm dort nicht bewilligt. Doch wenn das Kind annähernd die Hälfte seiner Zeit dort verbringt, sollte schon die Möglichkeit bestehen, getrennt etwas in der Wohnung machen zu können. Eine Brücke zu den durchaus kooperativen MitarbeiterInnen des Amtes konnte hier über ein "Arbeitszimmer" gebaut werden - ein Fernstudium wurde hierfür anerkannt und ein zusätzlich notwendiges Zimmer auf dem "B-Schein" attestiert. Ist das typisch deutsch, wenn offensichtlich Arbeit höher bewertet wird als die berechtigten Interessen eines Kindes?
Strafbare Vaterschaft?Die Stadtverwaltung gab vor kurzer Zeit eine Information über eine Verurteilung heraus. In diesem Zusammenhang wurde von Zahlungsun"willigkeit" geschrieben, die im Zunehmen begriffen sei. Von der zunehmenden Armut war nicht die Rede. Die Nachfrage bei Stadt, Staatsanwaltschaft und Gericht jedoch ergab, daß es keine auf Delikte bezogene Statistik gibt. Deshalb geben die von der Stadt veröffentlichten Zahlen allenfalls Eindrücke einzelner MitarbeiterInnen der Stadt wieder. Die Staatsanwaltschaft erklärte weiter, daß regelmäßig zwischen 25 und 30 Prozent der dort geführten Ermittlungen ein tatsächlich eröffnetes Verfahren zu Folge hätten. Wenn die Stadt davon schreibt, daß im hier beschriebenen Zusammenhang relativ betrachtet etwa doppelt so viele Verfahren eröffnet werden, dann liegt das nicht daran, daß Unterhaltsverpflichtete doppelt so böse sind, sondern auf Grund der hier in der Regel vorhandenen Dokumente die Wahrscheinlichkeit der Anklageerhebung steigt. Doch die Zahl der Verurteilungen ist gering.
Strafbare ArmutDer Redaktion liegen Dokumente vor, nach denen ein Langzeiterwerbsloser angeklagt wurde, sich schuldhaft der Unterhaltsverpflichtung zu entziehen. Ein Blick in die diesbezügliche Arbeitsamtsakte ergab: "Anruf Amtsgericht: Hat Herr XY schuldhaft Arbeitsangebote abgelehnt? Wir können - leider - nichts beweisen. Er hat immer wieder Stellenangebote bekommen, die nicht zum Erfolg führten. Aber auch erklärt, daß für mich - pers. Meinung - er durch sein Verhalten - nicht beweisbar - weiter alo ist." Die Bedeutung von "alo" ist sicher "arbeitslos". Diesem Mann waren - wie der gleichen Akte zu entnehmen ist, innerhalb von neun Jahren sieben (!) Arbeitsangebote vom Arbeitsamt gemacht worden. Nach seiner Aussage war bei den meisten von vorneherein erkennbar, daß diese nicht für ihn geeignet waren bzw. diese bereits lange besetzt, bevor er über diese überhaupt in Kenntnis gesetzt wurde. Wie sich erahnen läßt, wurde in diesem Fall ein Gerichtsverfahen eröffnet. Zu einer Verurteilung kam ! es nicht. Ein anderer befragter Vater zeigte sich überrascht über die "hohe Zahl" der Angebote. Er ist noch länger erwerbslos und bekam weniger Angebote. Beide wurden während der Erwerbslosigkeit Vater und kümmern sich um ihre Kinder. Es drängt sich die Frage auf, ob Erwerbslose Vater werden dürfen.
Die Kinder sind wichtigWie die Rentendiskussion zeigt, ist der Nachwuchs nicht allein für die persönliche Erfüllung von Bedeutung. Es handelt sich um eine gesellschaftliche Aufgabe. Deshalb ist um so weniger nachvollziehbar, daß hier so wenige gesellschaftliche Ansätze im Gespräch sind. Große Zweifel sind auch angesichts der neuen Kindergeldregelung angebracht. Hier wird bei Ärmeren das Kindergeld nicht mehr auf den Unterhalt angerechnet, bei denjenigen über einer bestimmten Zahlgrenze bleibt es beim Alten. Ohne Zweifel gegen die Armen ist ja keine Erfindung dieser Regierung. Daß jedoch ausgerechnet diese Regierung konsequent fortsetzt ...
Nochmal: Beide Eltern sind wichtigEine Schweizer Professorin sah das "deutsche Nichtehelichenrecht als Schlußlicht nicht allein der europäischen, sondern der gesamten internationalen Entwicklung". Inzwischen sind etliche Klagen gegen das mütterliche Veto-Recht beim Bundesverfassungsgericht anhängig. In einem spektakulären Urteil hat der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte (EGMR) die Bundesrepublik zu Schadensersatzzahlungen an einen Vater verurteilt, dem von Gerichten jahrelang der Umgang mit seinem nichtehelichen Sohn verweigert worden war. Wobei sich wieder einmal zeigt, daß Kinder bei noch so Gutmeinenden keine Lobby haben. Denn wie nicht allein diesen Zeilen zu entnehmen ist, hat das Kind in dieser Situation den mindestens ebenso großen, vermutlich jedoch größeren Schaden. Doch wo kein Kläger ist, gibt es auch keine Entschädigung. Und wo es nicht richtig teuer wird, sieht die Politik in der Regel keinen Veränderungsbedarf. D.Verf. Das höchste europäische Gericht wertete die Umgangsverwehrung als gravierende Menschenrechtsverletzung. Der Mann war Opfer einer Rechtspraxis geworden, von der auch Hunderttausende Väter in einer Ehe betroffen waren oder werden könnten: Ohne eingehende Prüfung vertrauen Gerichte allein der Aussage der Mutter, der Kontakt zum Vater schade dem Kind. Das neue, vor zwei Jahren verabschiedete Kindschaftsrecht lindert die Unwucht zumindest für geschiedene Männer ein wenig: Gemeinsame Sorge soll jetzt die Norm sein. Wenn sie gelingt, das belegen Studien, tut sie allen Beteiligten gut. Kinder, die Kontakt zu beiden Eltern haben, zeigen nach einer Scheidung seltener Verhaltensauffälligkeiten; und Eltern mit Sorgerecht kümmern sich meist intensiver um ihren Nachwuchs. In Schweden erhalten vier Fünftel aller Geschiedenen gemeinsames Sorgerecht - so entstand eine Kultur, in der Eltern ihre Konflikte seltener auf dem Rücken ihrer Kinder austragen. (Geo) In Deutschland wünsche ich mir das noch für die nahe Zukunft. Gerold Korbus
Quellen ud Kontakte:Geo: http://www.geo.de/magazin/geo/2001/01.html Europäischen Menschenrechtskonvention: http://conventions.coe.int/ ISUV - Interessenverband Unterhalt und Familienrecht e.V.: Telefon 04405,5368 (Q), http://www.isuv.de/index.html Verband alleinerziehender Mütter und Väter e.V. - VAMV. http://www.vamv.de Information und Hilfe zum Thema Väter und Vaterschaft: http://www.vaeternotruf.de http://www.koeppel-kindschaftsrecht.de/ BeKoS, Lindenstraße 12a, Tel. 0441,884848 (Q)
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