Oldenburger STACHEL Ausgabe 4/01      Seite 2
 
Inhalt dieser Ausgabe
 

Ökologisch-sozialer Hoffnungsträger oder altlinke Träumerei?

Daß die grünen BundespolitikerInnen in der Regierungskoalition die Beteiligung der BRD am Kosovo-Krieg mitgetragen haben, war Anlaß, daß auch in Oldenburg eine Abspaltung der Grünen Partei aufgebaut wurde, die WählerInnengemeinschaft Grün-Links. Daß SPD und Grüne in der Regierung auch nicht davor zurückgeschreckt haben, die Kriegsbeteiligung mit Kriegs-Propaganda-Lügen zu versüßen, ist mittlerweile längst nicht mehr Vermutung weniger Pazifisten und Kriegsgegner, sondern wird von Militärs eingestanden und von PolitikerInnen bestätigt. Und immer neue Enthüllungen kommen noch dazu. Daß das Eingreifen der NATO die politischen Probleme auf dem Balkan und im Kosovo nicht gelöst hat, ist wohl auch unumstritten. Der Anlaß zur Gründung von Grün-Links ist bestätigt, nur Grün-Links ist nicht das geworden, was die Initiatoren sich erhofft hatten: Teil einer bundesweiten relevanten Bewegung, die sich konsequent für eine ökologische, soziale, demokratische und friedliche Politik einsetzt.

Und das, obwohl die Grüne Partei sich noch in anderen Bereichen von ihren grundlegenden Grünen Positionen entfernt hat. Der Atomkonsens garantiert der Atomindustrie für 32 Jahre ihre Profite aus ihrer unbeherrschbaren Stromproduktion. Er macht mit Trittin einen Grünen Politiker zum Organisator der Castor-Transporte, was die Atomlobby auf Spaltung der Anti-Atombewegung hoffen läßt, wie sie zumindest innerhalb der Grünen Partei schon im Gange ist. In der Renten- und Steuerpolitik erweisen sich Grüne PolitikerInnen wie Metzger als neue Meister der Umverteilung von unten nach oben. Linke Kritik an der Regierungspolitik gibt es in der rot-grünen Koalition allenfalls noch mal vom linken Flügel der SPD. Eigentlich beste Voraussetzungen für die WählerInnengemeinschaft Grün-Links und für das grün-alternative Spektrum in der BRD eine Bewegung zu initiieren und aufzubauen, die an den ursprünglichen grünen Positionen anknüpft. Für reichliches Schulterklopfen hat es auch zumindest in Oldenburg gereicht, aber nicht nur in Oldenburg, sondern bundesweit dümpeln die grün-alternativen Ableger von Bündnis 90/Die Grünen vor sich hin, weit davon entfernt, ein Sammelbecken derer zu sein, die sich durch die im Parlament vertretenen Parteien nicht oder nicht mehr vertreten sehen.

In Oldenburg war das Interesse an Grün-Links durchaus groß. Einige Veranstaltungen der WählerInnengemeinschaft waren gut besucht. Diskussionen auf hohem Niveau machten deutlich, daß auch politische Kompetenz versammelt war, Menschen, die durchaus etwas hätten aufbauen können, wenn sie sich denn dafür entschieden hätten, sich auf einen solchen Aufbau einzulassen. Das Interesse war zwar wohlwollend, aber abwartend, und vergrößerte nicht die Basis für Grün-Links.

Große Hoffnung setzten die Mitglieder der WählerInnengemeinschaft dann noch auf eine Veranstaltung im November. Viele Oldenburger Initiativen waren angeschrieben worden mit der Aufforderung, sich an der Aufstellung eines Kommunalwahl-Programmes zu beteiligen und eventuell auf einer offenen Liste mit KandidatInnen aufzutreten. Die Veranstaltung war ein Fiasko, die Beteiligung zwar nicht gleich, aber nahe bei Null. Vielleicht auch nicht so sehr verwunderlich, denn bundespolitische Gründe waren es, die die InitiatorInnen von Grün- Links zu ihrem Schritt bewogen hatten. Und die bundespolitischen Aktivitäten der Grünen, insbesondere in der Regierungskoalition, riefen auch das Interesse an einer neuen grün-alternativen Bewegung in Oldenburg hervor. In der Kommunalpolitik sind Unterschiede zu Bündnis 90/Die Grünen, zur PDS oder auch zur SPD von Grün-Links nicht ausgewiesen, weil Grün-Links bislang weder mit kommunalpolitischen Forderungen aufgetreten ist, noch ein eigenens Kommunalwahlprogramm oder Eckpunkte dazu vorweisen kann. Und eine Kritik an der Kommunalpolitik von Bündnis 90/Die Grünen wäre punktuell, nicht aber grundlegender Natur wie an der Bundespolitik dieser Partei.

Dennoch würde Grün-Links sich gerne bei Kommunalwahl zur Wahl stellen. Eine Organisation, die wie Grün-Links politische Eckpunkte formuliert hat, die an den ursprünglichen Grundsätzen grüner Politik angelehnt sind, hat eben auch auf kommunaler Ebene politische Vorstellungen. Die sollen zur Wahl stehen, unabhängig davon, ob andere Parteien ähnliche, gleiche oder ganz andere Vorstellungen haben. Die Wahlbeteiligung macht aber nur dann Sinn, wenn nicht einfach einige wenige gutwillige Einzelpersonen dahinterstehen, sondern wenn eine offene grün-linke Wahlliste auch eine relevante politische Kraft in unserer Kommune repräsentiert, wenn auch genügend KandidatInnen zur Wahl gestellt werden können, die ernsthaft diese Vorstellungen im Stadtrat vertreten wollen - das wäre mindestens eine KandidatIn pro Wahlkreis. Wenn wir Grün-Links an der Basis so weit aufgebaut haben, daß wir als ernsthafter Faktor an der Kommunalwahl teilnehmen können, können wir verstärkt an regionale und überregionale Zusammenschlüsse denken, die auch an Landtags- oder Bundestagswahlen teilnehmen.

Die abwartende Haltung im links-alternativen Spektrum in Oldenburg gegenüber dieser Wahlbeteiligung kann Grün-Links dazu zwingen, auf die Teilnahme an der Kommunalwahl zu verzichten und stattdessen selbst in eine abwartende Haltung gegenüber dem zu erstarren, was sich auf überregionaler Ebene in Sachen des Aufbaues einer grün-alternativen Organisation tut.

Dieser Artikel soll daher auch als ein Appell an diejenigen verstanden werden, die es wie wir von Grün-Links als eine dringende politische Aufgabe verstehen, eine Organisation aufzubauen, die an den grundlegenden Positionen der Grünen anknüpft, die eine ökologische, soziale, demokratische und friedliche Politik in der BRD aktiv durchsetzen wollen. Wenn es uns gelingt, in Oldenburg ein sichtbares Teil eines bundesweiten Puzzles für eine grün-alternative Partei aufzubauen, haben wir unsere Verantwortung wahrgenommen. Die Kommunalwahlen wären ein solcher Punkt, an dem wir das dokumentieren könnten, wenn Ihr mitmacht. Kontakt: Gernot Koch, Osterkampsweg 184, 26131 Oldenburg, Tel.: 04 41/5 27 59.

Gernot Koch

 

 
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