Oldenburger STACHEL Ausgabe 3/01      Seite 8
 
Inhalt dieser Ausgabe
 

Leidkultur

Im Volk der Richter und Henker
wird wieder nach
deutscher Leitkultur
verlangt.
Das erregte das öffentliche Ärgernis -
Viel Schreierei um Gerede!
Obwohl wir sie nicht brauchen
die Leitkultur
ebenso wenig wie den Führerkult.

Schmerzhaft lautlos jedoch
vollzieht sich die Wiedereinführung
deutscher Leidkultur:
Seit 1992 darf von deutschem Boden
wieder Krieg ausgehen
Seitdem darf sich das
Volk ohne Raum
nach den Richtlinien seiner Führer
den Zugang zu Märkten und Rohstoffen in aller Welt
wieder militärisch sichern.
Vom 24.3.99 an wurde dann
humanitär zurückgeschossen
mit Uranmunition unter anderem
In den Zeitungen stand nun
das sei ein Skandal
weil deutsche Soldaten
geschädigt wurden
durch die Strahlung.

Niemand schrieb
die jugoslawischen Kinder
seien immun gegen Leukämie.
Niemand schrie
weil sie es nicht sind.

Das ist die deutsche Leidkultur
Die Friedensbewegung löste sich präventiv auf
und im Untergrund
der Kneipentische und Freundeskreise
wird gemunkelt
es sei eine Lüge gewesen
mit der Humanität.

Gelitten wird still
im Kämmerlein
Als Zynikerin empfehle ich
gegen die Depression
ein bisschen Repression.
Wer seine Grenzen erfahren will
der sollte aufstehen
und laut sagen: Nein!
Wer nicht mehr essen mag
sollte das ruhig einen Hungerstreik nennen
Wer seinen Schmerz
nur noch mit Schmerz bekämpfen kann
der ist nicht krank
sondern bereit zum Kampf!

"Ich kann gar nicht so viel essen
wie ich kotzen könnte!"
sagte Max Liebermann
1933
Er sagte dies
des aufkommenden Faschismus wegen

Verleugnen
Verdrängen
ist Tradition
der deutschen Leidkultur
Heute helfen sogar Therapeuten
bei der Verdrängung und Verleugnung
der Tatsache
daß psychische Symptome
wenn sie massenhaft auftreten
wenn sie zur Seuche werden
gesellschaftliche Ursachen haben

Die deutsche Lightkultur
der große Bruder und
Babs und Boris
helfen beim Vergessen
daß nicht das Politische privat ist
sondern das Private politisch.

mai

 

 
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