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Dubiose Angebote durch Oldenburger Arbeitsamt
Das Arbeitsamt ist drin. Es bietet auf das Internet bezogene Kurse an
bzw. läßt diese durchführen. Die Jobsuche via Computer stellt eine
Möglichkeit dar. Für Arbeitgeber gibt es den AIS, den
Arbeitgeber-Informations-Service, der auch über das Internet erreichbar
ist. Doch nicht nur Arbeitgeber nutzen diesen Dienst, der für alle
angeboten wird. Wessen Daten in den AIS eingestellt werden, dessen
beruflicher Werdegang und mehr ist weltweit abrufbar. Arbeitgeber können
dann über das Arbeitsamt bestellen, daß so eine Person angeschrieben
wird zwecks Bewerbung.
Irren ist menschlich
Lag der Irrtum in der Erfindung der elektronischen Kisten? Jedenfalls
wußte eine Erwerbslose gar nicht, daß ihre Daten im Netz einsehbar
waren. Durch ein Kind an Oldenburg gebunden, wunderte sie sich über das
"Angebot" aus Kiel. Noch mehr wunderte sie sich nach dem Anruf dort.
Denn angeboten wurde keinesfalls eine sozialversicherungspflichtige
Tätigkeit, wie das über das Arbeitsamt doch wohl zu erwarten wäre.
Stattdessen sollte sie als selbständige Vertreterin tätig werden. Für
eine Firma namens "Herbalife". Recherchen des STACHEL ergaben, daß die
Daten der Frau irrtümlich von einer elektronischen Sektion des
Arbeitsamtes in die andere - hier den AIS - transferiert wurden. So
landete sie in der Adressensuche von Herbalife.
Ist doch nicht so gemeint
Nun war die Aufforderung des Arbeitsamtes, sich zu bewerben, in dem
üblichen harschen Stil geschrieben. Doch Nachfragen ergaben, daß eine
Nichtbewerbung auf AIS-Angebote keine Rechtsfolgen nach sich ziehen. In
dem Schreiben gab es tatsächlich keine Rechtsfolgenbelehrung. ä(Was nicht
ist, kann ja noch werden, d.T.)ü EinE MitarbeiterIn des Arbeitsamtes
kommentierte: "Auch ohne negative Folgen ist die Übertragung der Daten
ohne Nachfrage bei den Betroffenen ein unverzeihlicher Fehler."
Grundrecht auf informationelle
Selbstbestimmung
Nach dem Sozialgesetzbuch III sind ausschließlich Daten in
Selbstinformationseinrichtungen aufzunehmen, die für die Vermittlung
erforderlich sind. Betroffene können auch die Aufnahme anonymisierter
Daten ausschließen. Dies gilt jedoch nicht für BezieherInnen von
Arbeitslosengeld (ALG) oder Arbeitslosenhilfe (ALHI). Diese können nur Daten
ausschließen, die ihre Identifizierung ermöglichen. Auf Verlangen ist
ein Ausdruck der Daten zuzusenden. Nur wie sollen Menschen das
bestellen, wenn sie nicht davon wissen?
Was sind "Identifizierung ermöglichende Daten"? Bei der betroffenen Frau
genügten drei Fakten, um das Suchergebnis so einzugrenzen, daß lediglich
drei Frauen auf der Ergebnisliste waren. Es genügten Postleitzahl,
Altersgrenze und die Angabe "Vollzeit-/Teilzeitsuche". Mittlerweile
wurden die Daten auf Antrag gelöscht. Weitere Versuche in Zusammenarbeit
mit den Menschen von der Arbeitslosenselbsthilfe ALSO ergaben, daß mit
eben diesen wenigen Angaben Listen von lediglich zwei bis acht Erwerbslosen bzw.
Arbeitssuchenden erstellt werden konnten. Niemand von den
identifizierten Erwerbslosen wußte von der Eintragung der empfindlichen
Daten in das WorldWideWeb. Nicht gerade beruhigend wirkte eine Antwort
eines verbeamteten Datenschützers: Das sei doch nur ein Dienst für
Arbeitgeber.
Adressensuchdienste, Herbalife
und andere
Nun schreibt das Leben gelegentlich Artikel. In der Ausgabe 10 des
STACHEL erschien ein Artikel über Jod. Das wirkt bekanntermaßen auf die
Schilddrüse und wird leider seit einiger Zeit nach dem hilflosen Motto
empfohlen: Viel hilft viel. Die Tätigkeit der Schilddrüse hat Einfluß
auf das Wohlbefinden und auf die Psyche. So nimmt es nicht Wunder, daß
über das Thema Psychiatrie auch bei der Selbsthilfegruppe
JodallergikerInnen pp. angefragt wurde. Interessanterweise stellte sich
nach Durchsicht des kiloweise zugesandten Propagandamaterials heraus,
daß es sich bei der anfragenden "Patientenschutz"organisation um eine
eindeutige Tarnfirma der sogenannten Scientology Kirche handelt. Eine
weitere Recherche anhand dieses zugesandten Materials brachte unter
anderem die Organisation Herbalife zutage.
Was ist Herbalife?
Kurz beschrieben: Kunstfutter unter Grauzonen-Marketingstrategie. Daß
sich Leute irgendwie doll fühlen nach der Einahme von diesem Zeugs, ist
kein Wunder. Denn einerseits wird viel Verdauungsarbeit gespart, und
andererseits soll nach der Aussage von
VerbraucherInnenschutzorganisationen so viel Koffein darin enthalten
sein, daß mensch vergleichbar zur empfohlenen Dosis auch 7 Liter Kaffee
trinken könnte. Die Folge sind akute Vergiftungserscheinungen. In vielen
Artikeln sind die Marketingstrategien von Herbalife kritisiert worden.
Unter anderem sollen die dort beobachtbaren Strukturen denen der
Scientologen gleichen. Auch werden maßgebliche Leute genannt, die sowohl
für die Scientologen arbeiten als auch Herbalife vermarkten. Die einen
führen Schulungen für die anderen durch und umgekehrt. Anders als bei
Raumfahrt (Iß) und Windows 2000 kann jedoch nach dem derzeitigen
Kenntnisstand des STACHEL nicht davon gesprochen werden, daß eine
direkte Verbindung der Organisationen besteht.
Wo bleibt die Fürsorgepflicht
des Arbeitsamtes?
Doch beiden Vereinigungen ist gemein, daß ihnen so ziemlich jedes Mittel
recht zu sein scheint, Adressen von "neuen Schäfchen" zu erlangen. Die
einen tarnen sich als Psycho-Gruppe, die anderen versprechen die rosigen
Verdienste vom Himmel herunter. Dann wird gesiebt. Wer hängenbleibt, muß
mit ... rechnen. Hier braucht vermutlich nicht weiter auf die als
bekannt vorauszusetzenden Methoden von Scientology eingegangen zu
werden.
Um den Kreis zum Titel zu schließen: Aus dem Arbeitsamt verlautete
mehrfach, daß es sich außerstande sehe, die Arbeitgeber zu prüfen (!).
Somit haben Arbeitssuchende im Bezug eine schlechte Position: Die Daten
werden schon mal einfach so veröffentlicht. Richtig müssen sie nicht
sein. Alle virtuelle Welt hat Zugriff auf sie, und das Arbeitsamt "kann
nicht prüfen", auf wessen Anfrage hin die Erwerbslosen aufgefordert
werden, sich zu bewerben. Doch es bleibt das "Spiel" mit dem
Nervenkostüm von Menschen im Bewerbungszwang.
Konstruktive Vorschläge
Es soll ja nicht nur gemeckert werden. Letztlich verwaltet das
Arbeitsamt den Mangel und für die hohe Erwerbslosigkeit sind die
MitarbeiterInnen des Arbeitsamtes nicht verantwortlich. Allesdings würde
es mich freuen, wenn im Umkehrschluß nicht immer den Erwerbslosen alle
Verantwortung an der persönlichen Situation angelastet wird.
Was kann das Amt tun? Dringend erforderlich scheint, daß die Menschen,
deren Daten in AIS gespeichert wurden und werden, angeschrieben werden
mit einem Ausdruck der veröffentlichten Daten und der Anfrage, ob sie
der Veröffentlichung zustimmen sowie mit dem Hinweis, daß diese Daten
korrigierbar sind. Da das Arbeitsamt ohnehin die Einladung an die
Bewerber - pardon: seine KundInnen - verschickt, ist das Arbeitsamt
gefordert, Filter einzubauen, damit die Menschen nicht mit jedem Müll
belästigt werden. Deshalb sollte das Amt Qualitätskriterien entwickeln,
anhand derer über die Bearbeitung von Anfragen entschieden wird. Das
Arbeitsamt muß eine Negativliste entwickeln, die mittels EDV
automatisierbar wäre, um erkannte "schwarze Schafe" unter den
vermeintlichen ArbeitgeberInnen von vorneherein aus der Vermittlung
herauszuhalten. Solche Datensätze müssen gepflegt werden. Deshalb ist
das Arbeitsamt an dieser Stelle dringend auf Rückmeldung der
Erwerbslosen angewiesen. Allerdings sollte das Arbeitsamt solche
Rückmeldungen auch ernst nehmen und angemessen bearbeiten. Es ist nicht
hinnehmbar, daß das Arbeitsamt Firmen in den eigenen Akten mehr als
konkurs führt (nämlich Konkurs abgelehnt) und selbst seitens der
Direktion des Arbeitsamtes geäußert wird, daß "von einer angeblichen
Insolvenz der Firma nichts bekannt sei".
Gerold Korbus
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