Oldenburger STACHEL Ausgabe 10/00      Seite 15
 
Inhalt dieser Ausgabe
 

Von den Schwierigkeiten, ein Held zu sein

Zur Zivilcourage aufrufen: Ja - sie einfordern: Nein!

Das wußte bereits Erich Kästner. War er doch der einzige Verfasser, der persönlich bei der Verbrennung seiner und Anderer Bücher in der Nazi-Zeit zusah. Darüber verfaßte er später einen sehr lesenswerten Text, der leider in Vergessenheit geraten scheint. Erich Kästner und ich haben gemein, daß wir nicht aus dem Stoff sind, der Helden ausmacht. Wer ist das schon. Und wozu wäre das gut?

Wäre es nicht besser, wenn z.B. ZeugInnen von Gewalttaten aussagen könnten, ohne daß sie Angst haben müssen, daß dann ihre Adresse bekannt wird und sie bereits um ihre Angehörigen bangen müssen. Bei einer Podiumsdiskussion in der Oldenburger Cäcilienschule gab der Vertreter der Polizei wenigstens zu, daß nach seiner Auffassung die Polizei wohl die Menschen schützen wolle, spätestens aber vor Gericht über die anwaltliche Akteneinsicht die Möglichkeit der Adressenweitergabe bestünde.

Zur Unterstützung eines Opfers einer Gewalttat einzuschreiten, erfordert Mut. Den aufzubringen viele bereit wären. Doch durch die mögliche Offenlegung von privaten Adressen werden sogar Unbeteiligte, wie Familienmitglieder, mit in die Gefährdung der gesamten persönlichen Lebensverhältnisse durch gewalttätige Gruppen gezogen.

Es wäre schön, wenn auch VertreterInnen aus der Oldenburger Politik nicht durch die Förderung leichtsinnigen Handelns Anderer auffielen und diese Überlegungen zerredeten, während sie zugleich in Adreßlisten nicht ihre privaten, sondern öffentliche Adressen Ihrer Büros verwenden. Statt solcher Doppelzüngigkeit wäre es sinnvoll, die Schilys und Co. zu sinnvollen Gesetzänderungen zu bringen, die Opfer und Zeugen schützen, als stimmenheischend immer schärfere Strafen zu fordern.

Gerold Korbus

 

 
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