Ausgabe 5/00 | Seite 14 | |||||
1. Mai - Tag der Solidarität?Die folgenden Zeilen beinhalten die Rede des Vertreters der Gewerkschaftsjugend auf der Veranstaltung des DGB-Oldenburg zum 1. Mai 2000. Sie spricht für sich. Es bleibt die Frage offen, warum diese Rede der STACHEL-Redaktion erst nach Drucklegung zur Verfügung gestellt werden sollte, mit der lapidaren Bemerkung, man könne den Vertreter der Gewerkschaftsjugend erst nächste Woche erreichen - "Dann wird es in dieser Ausgabe des STACHEL wohl nichts mit der Mai-Rede.". Hier die ungekürzte Rede.
Hallo und Moin Moin !Armer Mann und reicher Mann, Standen da und sahn sich an, Und der arme sagte bleich: Wär ich nicht arm, wärst du nicht reich ! Bertold Brecht. (Ich habe mir im Vorfeld noch mal das Programm der DGB-Jugend angeguckt und mir gedacht, daß unsere Ansprüche eigentlich viel zu wenig bekannt sind. Das sind sie:) - Die DGB- Jugend tritt für die Verwirklichung aller individuellen und kollektiven Menschenrechte, für Freiheit, Gleichheit und Solidarität ein. - Sie strebt die Aufhebung von Ausbeutung und Unterdrückung in ökonomischer und sozialer Hinsicht an, das heißt auch die Überwindung des patriarchalischen Geschlechterverhältnisses und jeglicher rassistischer Benachteiligung. - Die Verwirklichung der Menschenrechte muß weltweit erfolgen. Sie setzt die die Befreiung von materieller Not, die gerechte Verteilung des gesellschaftlichen Reichtums und die Erhaltung und Pflege der Natur voraus.
Doch das ist die traurige Wirklichkeit:Die Zustände auf dieser Welt sind absurd. (Und auch wenn die folgenden Zahlen hinlänglich bekannt sein sollten, denke ich, daß sie wieder genannt werden müssen:) Während 0,4 % der Weltbevölkerung eine Hälfte des gesamten Reichtums besitzen, teilen sich die restlichen 99,6 % die andere Hälfte. Die armen Länder dieser Welt, in denen 80 % aller Menschen leben, verfügen nur über 20 % aller Ressourcen. Den kleinen Rest von 80 % beanspruchen die USA, Europa und Japan für sich. So kommt es auch, daß jährlich 40 Millionen Menschen an Unterernährung sterben. Und dies wiederum nutzen die Industrienationen und Multinationalen Konzerne, um diesen Ländern IHRE Politik aufzudrücken, die Menschen als billige Arbeitskräfte auszubeuten und die Länder als Müllhalden zu nutzen.
Und in Deutschland ?Hier besitzen ca. 10 % der Bevölkerung mehr als die Hälfte des gesamten Privatvermögens. Rund 44 Milliarden DM bringen allein die 5 reichsten Männer und Frauen an Privatvermögen zusammen. Ungefähr soviel, wie die Bundesanstalt für Arbeit jährlich ausgibt. Die Löhne z.B. sind von 1980 bis 1994 um 1,9 % gestiegen (eine wahrscheinlich wahrlich veraltete Zahl). Im gleichen Zeitraum sank die Kaufkraft um 3 %. Gleichzeitig stiegen aber die Nettogewinne der Unternehmen um 16,5 %. Allein in Hamburg leben 4.500 Einkommensmillionäre und gleichzeitig fast 10 mal soviel Obdachlose. Und die Millionen-Spenden an Helmut Kohl und die CDU nicht zu vergessen. Und wenn wir das mit unseren Ansprüchen vergleichen? WO IST DANN DIE SOZIALE GERECHTIGKEIT IN DEUTSCHLAND ? WAS HAT UNS DANN DIE VIELBESCHWORENE SOZIALPARTNERSCHAFT - AN DER WIR AUF TEUFEL KOMM RAUS -, seit Gründung der BRD, FESTHALTEN, INSGESAMT GEBRACHT ? Ich würde sagen, uns und das heißt in diesem Fall auch und vor allem den Jugendlichen, Auszubildenden und jungen Arbeitslosen, hat es nichts oder sehr wenig, den Unternehmen dagegen viel oder sehr viel gebracht. Und wie sieht es aus mit der Ausbildungs- und Arbeitsmarktsituation für jugendliche und junge Erwachsene ?
Schlecht !Denn auch das von der Bundesregierung eingeführte Sofortprogramm äJump" hat die Jugenderwerbslosigkeit nur statistisch vermindert. Nur wenige erhielten oder erhalten nach Ende ihrer Maßnahme einen Ausbildungsplatz.
Und die Arbeitgeber ?Sie kommen ihrer gesellschaftlichen Verpflichtung eindeutig nicht nach, denn sie schaffen keine neuen Ausbildungs- und Arbeitsplätze. Ist es das was wir wollen, sind das die Ziele, die wir weiter unterstützen wollen. Sollen die Reichen denn immer noch reicher und die Armen immer Ärmer werden ? NEIN ! Denn wir wollen eine andere Zukunft, nämlich eine soziale und menschengerechte und eine gerechte, ökologisch geprägte Weltwirtschaftsordnung ! Und dazu gehört meines Erachtens auch, daß wir uns gegen Rassismus, Fremdenfeindlichkeit und Gewalt einsetzen müssen und uns engagieren sollten für ein friedliches, gleichberechtigtes und solidarisches Zusammenleben. #UNTERSTRICHEN#Und das fängt nicht erst vor Eurer Haustür, sondern in Euren Wohnungen an und endet nicht an Euren Stammtischen, sondern gehört auch dorthin.#UNTERSTRICHENENDE#
Denn die Faschisten haben Zulauf.Und sie verkörpern die brutalste Form von Ausgrenzung und Konkurrenzdenken. Sie sind die "gesunden deutschen Bürger" -die SauberMänner-, die genau DIE angreifen, zusammenschlagen und ermorden, die von unserer Gesellschaft, von uns allen, zu Randgruppen gemacht wurden. Auch hier in Oldenburg. Mit ihren platten rassistischen und nationalistischen Parolen versuchen sie, die wachsende Unzufriedenheit für sich zu nutzen. Und dabei sind sie erfolgreich.
SCHAUT NICHT WEG ! GREIFT EIN !ALSO: Laßt uns den 1.Mai wieder zu einem Kampftag der AUSGEBEUTETEN und UNTERDRÜCKTEN machen. Und NICHT weiterhin als Feiertag unserer Gewerkschaften begehen - wo es doch so wenig zu feiern gibt - und dabei dann noch andere Gruppen, wie dieses Jahr geschehen - das "Bündnis streichen bei den Reichen" - auszugrenzen, weil uns EINE Rede nicht gefallen hat! Das wir SO keine neuen Mitglieder gewinnen und die Austrittswelle stoppen werden, sollte allen, #UNTERSTRICHEN# aber vor allem denen#UNTERSTRICHENENDE#, die diese Entscheidung getroffen haben, klar sein. Darum sind wir hier, darum rede ich heute für die DGB-Jugend, weil sonst gewerkschaftliche Position klar fehlen würden. HERAUS ZUM 1.MAI ! (Kommt im Anschluß zur Maifeier beim Alhambra). Danke.
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