Ausgabe 3/00 | Seite 12 | |||||
Leserbriefe zum letzten Stachel
Anmerkungen zum letztem StachelHallo Stachel-Frauen und -Männer! Zum Stachel Ausgabe 2/2000 habe ich mehrere Anmerkungen: 1. Artikel zu den StuPa-Wahlen: Meines Wissens nach hat die Einzelkandidatin Ruth Rieß zwei Stimmen mehr als erforderlich für einen StuPa-Sitz bekommen! Ihre Stimme ist darüberhinaus nicht automatisch den linken Listen zuzurechnen, da sie sich bei jeder Wahl und jedem Antrag individuell entscheiden wird (sonst hätte sie ja versucht, auf einer der linken Listen zu kandidieren!) und zwar nach Personen und Inhalt, nicht nach Fraktionen! 2. Ich möchte gerne wissen, warum Ihr die Kleinanzeige zu "Frauenchor sucht Verstärkung" und "Folk aus 8 Jahrhunderten" nicht abgedruckt habt. Anmerkung der Redaktion: Im Trubel des Satzwochenendes für die letzte Ausgabe sind die beiden Kleinanzeigen leider in einer dunklen Ecke gelandet und übersehen worden (wenn wir mehr MitarbeiterInnen hätten würde sowas natürlich nicht mehr passieren). Wir entschuldiegn uns, liefern die Kleinanzeigen in dieser Ausgabe nach und weisen hiermit ausdrücklich auf die Kleinanzeigen auf Seite 8 hin!!! 3. weise ich darauf hin, daß das Forum gegen Rechts (siehe "Kurz berichtet") keine alleinige DGB-Angelegenheit ist, sondern ein Bündnis unterschieldlicher gleichberechtigter Gruppen, Parteien, Organisationen und Einzelpersonen! (Jedenfalls ist das das Verständnis der meisten, die dort mitarbeiten!) 4. finde ich es erschreckend, wieviel Bäume Ihr für die drei Seiten zur Ehrenrettung des Sexisten Reinhold Kühnrich sterben laßt, mal "abgesehen" davon, daß ich diese Parteinahme für einen Sexisten natürlich aus meinen antisexistischen und feministischen Verständnis heraus verurteile! Aber von manchen Menschen erwarte ich nichts anderes mehr als diesen Schund auf Seite 12-14 (ausgenommen natürlich die Stellungnahme der Antifaschistischen Aktion Oldenburg, die ich begrüße)! Mit revolutionären und feministischen Grüßen Ruth Ingeborg Rieß
Offener Brief an die Oldenburger Linke ListeZum "Fall Kühnrich" (Erklärungen in Stachel 2/2000) Die Stellungnahmen von Adler und Klöpping entbehren ja wirklich nicht einer gewissen Komik. Es ist da u.a. die Rede von "totalitären Methoden" (Adler) und der Wiederkehr des "deutschen Michel" (Klöpping). Gleichzeitig wird die "Solidarität zwischen Linken" (Klöpping) eingefordert und von "Rufschädigung" (Adler) gesprochen. Wer ist denn nun der deutsche Michel? Wer übt sich denn in realitas in totalitären Methoden? Wie gesagt, es ist lustig. Aber einige ernstere Fragen wirft diese Art der Argumentation doch auf: Was spricht dagegen, daß eine Gruppierung wie die Autonome Antifa sich "eigene" Gesetze gibt? Und was spricht dagegen, daß die Autonome Antifa erwartet, daß ihre Gesetze von anderen, die in sog. linken Zusammenhängen leben und arbeiten respektiert werden? Das hat doch auch mit Toleranz zu tun. Aber an Toleranz gerade gegenüber abweichenden links-anarchistischen Gruppen hat es der organisierten linken ja schon immer gefehlt. Leicht erhält man den Eindruck, daß sich in den Reaktionen von Klöpping und Adler eine stockkonserative Angst vor Veränderung und Modernisierung äußert. Sitzt es sich denn so bequem in der linken Krittelecke der OLLI? Hat man sich vielleicht schon so sehr daran gewöhnt, Teil des sog. demokratischen Systems zu sein, daß man vollkommen den Blick für die Zusammenhänge verloren hat? Es ist an der Zeit endlich zu erkennen, daß das Gerede von der Solidarität der Linken eine Lüge ist und das Linkssein eben doch unendlich mehr bedeutet, als lediglich gemeinsame Feindbilder zu haben. Und vielleicht ist ja jetzt auch die Zeit gekommen, in der sich links-autonome und links-anarchistische Gruppen endgültig von der das System stützenden reformistischen Linken verabschieden. Dies ist kein Verlust, denn, wie es in der Stellungnahme der Antifaschistischen Aktion Oldenburg heißt: "Unsere Diskussionsbereitschaft hat Grenzen!" In diesem Sinne dann ohne solidarische Grüße, für die AG System und Struktur, Jörg
Alle Jahre wieder saust der Hammer niederZur Sexismus-Debatte Derzeit scheiden sich die Geister der "linken Szene". Bei der Lektüre der verschiedenen Verlautbarungen kann mensch sich des Eindrucks nur schwer erwehren, daß es einige gibt, die genau das auch wollen. Da wird ein wichtiges Thema mißbraucht, um auf andere mit dem Finger zeigen zu können. Als solchen - unerträglichen - Mißbrauch empfinde ich z.B. die formulierten Vergleiche mit dem abgefeimten hetzenden Faschisten Propagandaminister Goebbels. Sprache der Unvereinbarkeit Welche Funktion kann die Verwendung einer Sprache der Unvereinbarkeit haben? Wenn ich mit dem - und sei es "nur" ein sprachlicher - Knüppel auf die Anderen zeige, mache ich der eigenen Gruppe klar, daß ich "gut" und engagiert bin. Das hilft, die Strukturen der eigenen Gruppe zu verfestigen, bringt möglicherweise Zulauf von SympatisantInnen. Wo der Knüppel hängt Doch es zeigt zugleich, wo der Knüppel hängt. Das schafft Disziplin in der eigenen Gruppe. Es steigt oder es entwickelt sich bei den Mitgliedern der eigenen Gruppe die Angst vor der Selbstkritik. Vom großen Nutzen des Zweifels Wer keinen Zweifel kennt, hat es bei manchen Gelegenheiten einfach, durch die Welt zu gehen. So mag es auch dazu gekommen sein, daß vor zehn Jahren bei einer Kampagne gegen einen mutmaßlichen Vergewaltiger auf Flugblättern die Adresse seiner Mutter veröffentlicht wurde. Wer keine Zweifel kennt, wird möglicherweise begrüßen, der Mutter eines stadtbekannten Nazis die Scheiben einzuschlagen. Doch wer sich wirklich als links versteht, wird als erstes zweifeln! Zu allem notwendigen Aktionismus kann es hilfreich sein, bei den KlassikerInnen nachlesen. Die größten Zweiflerinnen waren für mich Rosa Luxemburg und Clara Zetkin. Doch auch Proudhon und Bakunin waren bei all ihren spitzen Bemerkungen nicht schlecht im Zweifeln. Marx und Engels entwickelten das Zweifeln zur Methode: Die Dialektik. Wegweisend ist für mich die Bemerkung von Rosa Luxemburg über die Bedeutung der Andersdenkenden. Selbstzweifel ausleben bedeutet für mich zu überprüfen, ob mein Handeln tatsächlich mit meinen Idealen übereinstimmt. Diskutieren heißt für mich, Argumente auszutauschen bei gleichzeitiger Bereitschaft, die eigene Position zu hinterfragen und zu verändern. "Realistisch zu sein, bedeutet das Moment der Entwicklung zu betonen." (Brecht) Kritik am Verhalten Solidarität zum Menschen Wer ist über alle Zweifel erhaben? Welcher Mensch macht nie Fehler? Selbst der Papst hat zugestanden, daß die Welt keine Scheibe ist. Sollte es da nicht möglich sein, anders miteinander umzugehen, als - sprachliche - Keulenschläge auszuteilen? Vielleicht können Menschen doch hinzulernen, sich ändern. Oder sollte von vorneherein alles zum Scheitern verurteilt sein? Wer sich so verhält, wie es sich bislang zutrug, signalisiert: "Ich/wir brauchen die anderen nicht". Als Konsequenz sehe ich die "Seminar-Revolution" auf uns zukommen: "Klein, aber mein". Sollte tatsächlich dieses Ziel erreicht werden sollen, meine ich: Nur weiter so! Allerdings hätte das einen Haken: Alle (!) am Streit Beteiligten haben behauptet, sie seien gegen Sexismus. Gegen Sexismus helfen nur gemeinsame Strategien. Diese müssen entwickelt werden. Wer spaltet - aus welchem Grund und mit welcher Methode auch immer - schadet in erster Linie allen Frauen. Gilt diese Kritik allein den "bürgerlichen organisierten Gruppen"? Das mag glauben, wer will! Euer Leobald
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