Ausgabe 2/00 | Seite 4 | |||||
Gelder fürs AutoparkenEs ist schon einige Monate her und die meisten haben sich wohl schon damit abgefunden: Die Schaffung von mehr Kfz-Parkraum und die drastische Reduzierung der Gehwegbreite in der 91-er Straße. Ausgangspunkt war wieder mal die Forderung der Kaufmannschaft nach mehr Parkraum. Durch den Umbau der Heiligengeiststraße seien 38 Stellplätze verloren gegangen. Jetzt sollten durch einen Umbau neue geschaffen werden. Statt der vorhandenen Längsaufstellung der Autos sollen diese nun senkrecht parken. Unter dem Strich bedeutet dieses einen Kfz-Stellplatzzuwachs um 15 Stellplätze. Da eine Senkrechtaufstellung aber mehr Platz beansprucht als eine Längsaufstellung müsste der Fußweg erheblich verschmälert werden. Nachdem entsprechende Anträge zunächst im Bauausschuß auf der Tagesordnung waren, wurde im Juli 1999 auch im Verkehrsausschuß über diese Umbaumaßnahme beraten. Schon im Vorfeld klar war die Position der CDU zu diesem Thema. Da sich die CDU schon seit längerem grundsätzlich für mehr Parkraum in der Innenstadt ausspricht und mit der Wir-Gruppe kooperiert, überraschte deren Aussage zugunsten der Parkraumerweiterung nicht. Mit Spannung durfte dagegen die Stellungnahmen von SPD und Bündnis 90/ Die Grünen erwartet werden, gab es doch eine Koalitionsvereinbarung, die die Schaffung zusätzlichen Parkraums im Innenstadtbereich genauso ablehnte, wie die Ersetzung von Parkplätzen, die bei Umbaumaßnahmen wegfallen. Es durfte also erwartet werden, daß sich Rot-Grün gegen die Parkraumausweitung aussprechen würde. Wie aber schon zu befürchten war, kam es anders: die SPD stimmte zu, die Grünen enthielten sich. Damit wurde gegen das Koalitionsprogramm verstoßen - Gerhard Schröder läßt grüßen. Gut zwei Monate später waren die Umbauarbeiten abgeschlossen. Zugegeben, es gibt wichtigere Dinge, als sich über einen Parkplatzzuwachs von 15 Stellplätzen lange zu streiten. Trotzdem bleibt ein fader Nachgeschmack, und ich halte an meiner Kritik fest: Auch wenn es "nur" 15 Stellplätze sind, die zusätzlich geschaffen worden sind, geht doch das davon ausgehende Signal in die falsche Richtung. Statt Umweltverbundförderung und MIV-Zurückdrängung auf einmal wieder - wenn auch minimal - Autoförderung. Rot-Grün hat mit dieser Aktion ein Stück Glaubwürdigkeit verloren, was ihre Versprechen betrifft, den Umweltverbund konsequent zu fördern und den MIV zurückzudrängen. In diesem Falle spielte es daher keine Rolle, wie viele Parkplätze es nun waren. Der Spruch von Michael Thielemeyer (Grüne) "Wir wollen keine Erbsenzähler sein." (NWZ vom 17.07.1999) trifft daher nicht und zeigt, daß die Grünen (zumindest Herr Thielemeyer) sich über die Tragweite dieses Beschlusses und den Imageschaden, den sie damit angerichtet haben, nicht im klaren sind bzw. waren. Weitere Verlierer sind die Fußgänger und Radfahrer. Für erstere bedeutet der Umbau eine deutliche Reduzierung ihrer Fläche von 5,60 m auf 3,45 m Breite. Sicherlich, viele Fußwege in Oldenburg sind schmaler, nur, warum dürfen nicht auch einmal Fußgänger das Recht und die Möglichkeit haben, zu sechst nebeneinander zu gehen? Schließlich gibt es kaum Bereiche, wo dieses noch möglich ist. Und Autofahrer dürfen dies auf dem Pferdemarkt schließlich auch tun (3-spurig), daß sie diese Möglichkeit nicht wahrnehmen, ist deren eigenes Verschulden. Verlierer sind aber auch die Radfahrer. Deren Sicherheit wird nämlich beim Senkrechtparken mehr beeinträchtigt als beim Längsparken - aufgrund der schlechteren Sichtbeziehungen und des größeren Platzbedarfs beim Ein- und Ausparken. Sicherlich alles nur Kleinigkeiten, aber in solchen Fällen zeigt sich häufig, wie konsequent oder inkonsequent die Politiker ihre Politik betreiben. Apropos Fahrradfahrer: Auch sie haben Stellplätze dazuerhalten. Unter der Eisenbahnbrükke sind einige Orion-Beta-Billig-Kopien aufgestellt worden. Nachdem sich die Kaufleute aus der Heiligengeiststraße darüber beschwert hatten, daß dort zu viele Fahrräder stünden, wollte die Verwaltung weitere Fahrradstellplätze schaffen. Die Idee war gut, die Umsetzung - leider nicht zum ersten Mal - dagegen nicht. Die Nachteile von Orion Beta sind bekannt. Es gibt Probleme beim Anschließen, da es keine Möglichkeit zum Anlehnen gibt und das Fahrrad unbedingt vorne im Bereich des Vorderrades abgeschlossen werden muß. Sind die Ständer voll belegt, gibt es Probleme, das Fahrrad ab- bzw. aufzuschließen, weil die Abstände sehr gering sind und man schlecht zwischen die Fahrräder kommt. Bei der in der 91er Straße verwendeten Billig-Variante kommt hinzu, daß es keinen Schutz gegen Lackschäden gibt, soll heißen, ein Gummi- oder andersgearteter Schutz an den Abstellanlagen fehlt. Die ganze Baumaßnahme (Kfz- und Fahrradparkplätze) hat 60.000 DM gekostet, davon ist lediglich ein Bruchteil für die Fahrradabstellanlagen ausgegeben worden. Wie war das noch mal mit der Fahrradförderung und der Zurückdrängung des MIV? Was könnte man für 60.000 DM Schönes für den Radverkehr tun. Die Fahrradstraße in Oldenburg hat noch nicht einmal halb so viel gekostet und trotzdem wurden die Kosten als zu hoch kritisiert. Die Kosten für die Kfz-Parkraumerweiterung hat dagegen keiner kritisiert ... Stephan Popken
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