Oldenburger STACHEL Ausgabe 1/00      Seite 7
 
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Falsche Öko-Konkurrenz?

Verbraucherschutz ist in Zeiten der hemmungslosen Globalisierung eine letzte Bastion sozialer Verantwortung. Nur KonsumentInnen, die wissen, welchen wirtschaftlichen Kräften ihr Geld zufließt, können politisch korrekte Entscheidungen beim Einkauf treffen. Das gilt für die Öko-Szene erst recht, denn hier wird für Alltagsartikel das Zwei- bis Dreifache auf den Tresen gelegt wie im konventionellen Handel. Kein Wunder, daß falsche Konkurrenten in diesen Markt drängen.

Mit dem "Öko-Audit", der dem Studentenwerk jüngst veliehen wurde, sei "Umweltschutz objektivierbar" geworden, hieß es in der Pressemeldung vom 2.12.99. Als engagierter Verbraucher, der für ökologische Qualität gern mehr drauflegt, frage ich mich allerdings, warum dieses Öko-Label auch Unternehmen wie z.B. der Peguform zuerkannt wird. Dieses Werk belästigt mit beißenden Gerüchen die Bevölkerung und verbreitet damit anscheinend auch Krankheiten, denn seit Jahren hängt ein Gerichtsverfahren wegen gesundheitsschädigender Emissionen an. In welche Gesellschaft begibt sich das Studentenwerk hier?

Ein näherer Blick auf das "Öko-Zentrum" des Studentenwerkes am Uhlhornsweg könnte in der Tat den Eindruck von Etikettenschwindel erwecken. Das Gebäude wurde aus ganz normalen Baustoffen errichtet, den frischen Farbanstrichen entströmte unverkennbar beißender Lösungsmittel-Gestank. Das "Zentrum" beherbergt ganz herkömmliche Praxen und Gewerbe, deren ökologisches Engagement sich schwer zu erkennen gibt. Mit Ausnahme natürlich des Naturkostladens, der Produkte aus kontrolliert biologischem Anbau (kba) anbietet. Aber was haben Bioläden mit dem "Öko-Audit" zu tun? Können sie nicht von diesem höchstens in Mißkredit gebracht werden? Schließlich sind sie doch mit ihrer kbA-Ware die Pioniere einer radikal umweltschonenden Wirtschaftsweise und unterliegen einer viel schärferen und umfassenderen Kontrolle als der "Öko-Audit".

Ist es nicht sogar wettbewerbsverzerrend, wenn der "Öko-Audit" die öffentliche Aufmerksamkeit auf sich zieht und dabei die eigentlichen Ökobetriebe in den Hintergrund drängt? VerbraucherInnen, die mit ihren Ausgaben ein Maximum an Umweltschutz erreichen wollen, müssen verunsichert sein. Sollen sie nicht mehr, wie bisher, im Naturkost-/Naturwarenladen einkaufen, dessen konsequent ökologischer Wirtschaftsweise sie vertrauten, sondern bei Klauhof, Barstadt oder Zombie, weil sich diese ein "Öko-Audit" angelacht haben?

Das "Öko-Zentrum" des Studentenwerkes mag solch eine "Auszeichnung" erhalten haben, trotzdem muß ich mich als Verbraucher fragen, ob mein Geld hier wirklich ökologischen Zwecken zufließt. Besonders, wenn ich dort Brot von der Stadtbäckerei erhalte. Gewiß, diese Firma tritt hier mit dem Namen "Bio-Back" auf, und zweifellos werden auch kbA-Zutaten verwendet, aber es handelt sich doch letztlich um den kleinen Ableger einer konventionellen Bäckerladenkette, deren Produkte ganz überwiegend aus herkömmlichen, d.h. umweltbelastenden und nicht gerade gesundheitsfördernden Zutaten, stammen. Ich gebe mein Geld also einem Unternehmen, dessen eigentlicher Geschäftsbetrieb der Ökologie mehr schadet als nützt. KundenInnen, denen der Standort "Öko-Zentrum" ein Garant für ökologische Wirtschaft ist, können diese Unterscheidung nicht treffen. Die Plazierung im "Öko-Zentrum" schmückt den Laden mit einem Öko-Image, das der Firma so nicht zukommt. Damit erwächst den Ökobäckereien, deren Geschäftsphilosophie ein ökologisches Wirtschaften ohne Abstriche ist, eine nicht zu unterschätzende Konkurrenz, deren wirtschaftlicher Einfluß keineswegs auf auf konventionellen Produkten fußenden Umsätzen letztlich sie bedroht werden. Diese Folge ist so klar, daß der alljährliche Oldenburger Ökomarkt "Mischbetriebe" dieser Art von vornherein ausgeschlossen hat. Nur folgerichtig, daß dieser Laden auf dem jährlichen Oldenburger Ökomarkt nicht zugelassen ist.

Eine konsequent ökologische Wirtschaftsweise durch den alltäglichen Einkauf mitzufinanzieren, kann dem Umweltgedanken mehr dienen, kann "nachhaltiger" sein, als Demonstration, Aktion und Politik zusammen. So gesehen, sind der staatliche "Öko-Audit", selbsternannte "Öko"-Zentren und halbherzige "Bio"-Mischbetriebe kein Fortschritt, sondern ein Rückfall hinter längst erreichte Standards. Es stünde dem Studentenwerk, das ja öffentliche Gelder verwaltet, gut an, hier keine falschen Konkurrenzen zu unterstützen.

IMH

 

 
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