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Carl-von-Ossietzky-Preis für Hans MommsenAlle zwei Jahre vergibt die Stadt Oldenburg den mit 20.000 DM dotierten Carl- von-Ossietzky-Preis. Am Montag, dem 4.5., wurde der Historiker Hans Mommsen für sein Gesamtwerk mit diesem Preis im städtischen Kulturzentrum PFL geehrt. Mommsen habilitierte sich mit einer Arbeit über das "Beamtentum im Dritten Reich" und hat seitdem als unbequemer Analytiker und Interpret deutscher Geschichte immer wieder in die wissenschaftlichen und öffentlichen Debatten eingegriffen. Das Jurymitglied Emst Hinrichs beschrieb Mommsen als einen radikalen konsequenten und politischen Historiker, der nie der gängigen Meinung das Wort geredet habe. Die NWZ berichtet hierzu außergewöhnlich detailliert zitierend: In seiner Dankesrede griff Mommsen das Eintreten Ossietzkys für republikanische Bürgertugenden und beleuchtete dessen Gedanken zum Widerstandsrecht. "Der Legalitätsfetischismus und das Fehlen einer Tradition des Widerstandsrechts", so Mommsen, sind Gründe, warum sich nur zäh ein bürgerlich-konservativer Widerstand gegen Hitler formierte. Auch nach Kriegsende sei das Interesse an der deutschen Widerstandsbewegung nur gering gewesen. "Wie schwer es der Bundesrepublik fiel, den Überhang obrigkeitsstaatlichen Denkens abzubauen, zeigte sich 1963 bei der Spiegelaffäre, die deutliche Parallelen zu Ossietzkys Konflikt mit der Reichswehr aufweist." Inzwischen sei die innere Demokratisierung der deutschen Gesellschaft vorangekommen ( ... ). Doch nach wie vor gebe es Zeichen einer "überkommenen Staatsomnipotenz", etwa im Bereich des Ausländer- und Staatsangehörigkeitsrechts. Die Intoleranz gegenüber Randgruppen, Ausländern und radikalen Kritikern zeige, daß die deutsche Demokratie nicht vor Rückfällen in autoritäre Einstellungen gefeit sei.. Und weiter: "Ossietzky kämpfte gegen die in Deutschland anhaltende Staatsgläubigkeit und trat für eine andere" wirklich freiheitliche, auf breiter Partizipation der Bürger beruhende Republik ein", betonte Mommsen. Die Verpflichtung, die uns sein Erbe aufgebe, liege in einem wachen Willen, sich autoritären Versuchen zu widersetzen. Soweit die NWZ. Der Beifall zu dieser Dankesrede, die zugleich notwendiger Nachhilfeunterricht in Staatsbürgerkunde schien, war beträchtlich und ließ auf weitgehend ungeteilte Zustimmung schließen. Nur stellt sich die Frage, ob Mommsens Einlassungen Einfluß auf den Alltag dieser Stadt, ihre Einwohnerinnen und Einwohner, ihre Verwaltung und ihre politisch Verantwortlichen haben wird. Da muß erst einer kommen, der unwidersprochen Großes geleistet, der Rang und Namen und eine internationale Anerkennung sondergleichen hat und ebenso unwidersprochen Intoleranz, Obrigkeitshörigkeit und Ausländerfeindlichkeit anprangern, um sogar der Nordwest-Zeitung das Zugeständnis abzuringen, daß eben diese Themen neben allem sinnfälligen Lokalkolorit einer Tageszeitung eigene Wichtigkeit und Brisanz haben. Ich vermute, daß die NWZ, ihre Chefredakteurinnen und -redakteure und natürlich die Firmenspitze auch in Zukunft nicht geneigt sein werden, diese Themen dann aufzugreifen oder sie sogar in der Breite der Mommsen-Gefälligkeit auszuführen, sollten sie, wie immer und fast ausschließlich in dieser Stadt, von engagierten Menschen, Initiativen, Gruppen und Vereinen angemahnt werden. Einzelne Vertreterinnen und Vertreter der NWZ haben in der Vergangenheit häufiger pikiert auf Anmerkungen dieser Art reagiert und vermuteten einen Eingriff in und Angriff auf die journalistische Freiheit. Ich hingegen vermute, daß die NWZ auch in Zukunft nichts unterlassen wird, die Themen Flucht und Fluchtursachen, Asylgesetzgebung, Rechtsextremismus, Diskrimierung, Kriminalisierung, Ausgrenzung von Minderheiten und letztendlich die Fragen nach Notwendigkeiten und Formen innerstaatlichen Widerstandes auszulassen und zu ignorieren. Wie hieß es so schön in der ersten Ausgabe des ersten Jahrganges der NWZ vom 26. April 1946 ? : "... sie (die NWZ) müsse dazu beitragen, die öffentliche Meinung wieder zur Wahrheit zurückzuführen. Verantwortungsbewußt zu arbeiten im Geist der Wahrheit und Gerechtigkeit, im Sinne der Völkerverständigung und des Völkerfriedens, sei die Aufgabe." Dem habe ich vorläufig - nichts mehr hinzuzufügen. Ulrich Hartig
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